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getäuscht hat.

      Also können wir von den Pferden lernen, Gefühls- und Energieausstrahlungen wieder bewusster wahrzunehmen und in der Kommunikation einzusetzen. Denn netterweise sind Pferde geduldig. Auch wenn wir stets aufs Neue unsere allzu menschlichen Fehler machen, schnauben sie nur sanft und geben uns täglich wieder eine Chance, es dieses Mal richtig zu machen. Vielleicht kann das Pferd unsere Gedanken lesen, die Energie der Bilder, die wir in unserem Kopf formen, aber ganz sicher kann es unser Gefühl wahrnehmen, durchleuchten und einordnen!

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      »Warum liebst du Pferde?«

      »Weil sie einen glücklich machen.

      Warum, weiß ich auch nicht.«

       Rosa, 13 Jahre

      Ein Pferd bleibt ein Pferd und sollte auch als ein solches behandelt werden. Und wir sollten all seinen äußerst pferdischen Bedürfnissen unbedingt so gut es geht gerecht werden, wenn wir Harmonie mit unserem Tier anstreben. Unser Hauspferd – wenn auch schon recht lange domestiziert – handelt situationsabhängig, spontan und unüberlegt. Für das Pferd gelten die Gesetze der Herde, das Bedürfnis nach Schutz, Futter, Bewegung, Dösen und Spielen. Lassen Sie uns versuchen, unsere Pferde ein bisschen besser zu verstehen!

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      Unser Hauspferd soll funktionieren. Es soll freudig herankommen und wiehern, wenn wir uns mal wieder spontan überlegt haben, nun zum Stall zu fahren, um zu reiten. Es soll allzeit bereit sein und auf unser unvorhersehbares Zeitmanagement flexibel und begeistert reagieren, obwohl es selbst vielleicht gerade entschieden hat, zu dösen, weil sein Stoffwechsel stark heruntergefahren ist. Grämen Sie sich also nicht, wenn Sie voller Tatendrang das Halfter schwingen, und sich Ihr Pferd von Ihnen abwendet. Möglicherweise hat es sich gerade nach einer anstrengenden Futteraufnahme »zum Mittagsschläfchen aufs Sofa gelegt«. Pferde haben einen eigenen Biorhythmus, und Sie sollten den Ihres Pferdes beobachten und kennenlernen.

      Vielleicht ist Ihr Pferdegefährte auch gerade sehr hungrig und muss erst mal eine ausgiebige Mahlzeit einnehmen, bevor er zu Leistung und konzentrierter Arbeit bereit ist. Achten Sie auf seine Signale, möglicherweise versucht er Ihnen zu bedeuten: Komm, gesell dich doch zu mir, ich brauch nur noch ein bisschen Zeit für mich. Es ist jedoch auch möglich, dass Ihr Pferd momentan gar nicht zu Ihnen kommen darf, obwohl es vielleicht möchte. Es kann kurz zuvor zu einer ausgiebigen »Diskussion« innerhalb der Herde gekommen sein, vielleicht gerade, als Sie um die Ecke bogen. Mit anderen Worten: Sie stören genauso, wie wenn Sie an Ihrem Arbeitsplatz in eine wichtige Besprechung platzen und an den Feierabend erinnern. Zum Beispiel stehen rangniedrige Pferde häufig entspannt an der Seite »der Chefin/des Chefs« und schauen Sie interessiert an, statt zu Ihnen zu kommen, wenn Sie sie rufen und versuchen, sie herbeizulocken. Sie dürfen ganz einfach nicht. Oder können nicht. Zum Beispiel wird ein Pferd in engen Paddocks nicht das Risiko eingehen, die Individualräume ranghöherer Herdengenossen zu betreten, nur, um zu Ihnen zu gelangen. Glauben Sie mir, das Zusammenleben mit seinen Artgenossen, mit denen das Pferd viele Stunden täglich verbringt, ist ihm wichtiger als der Mensch, der es für ein bis zwei Stündchen abholt, um es anschließend wieder vergnügt in die Herde zu entlassen, wo das Pferd unter Umständen mit Drohungen und Kniffen begrüßt wird. Natürlich ist das nicht in allen Pferdegemeinschaften so. Es kann auch durchaus sehr freundschaftlich und tolerant zugehen. Aber es gibt eben auch jene anderen Fälle, vor allem, wenn der Raum, auf dem die Pferde gehalten werden, eng oder die Zusammensetzung der Herde ungünstig ist.

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      Wir Menschen sollten unseren Blick für solche Rahmenbedingungen schulen, anstatt beleidigt zu reagieren. Uns allen ergeht es immer mal wieder so mit unseren Pferden. Mal scheinen sie nur so auf uns gewartet zu haben, und am nächsten Tag geben sie uns abweisend einen Korb. Pferde lieben genau wie viele Menschen einen festen, ritualisierten Tagesablauf, und der wird normalerweise nur dadurch gestört, dass ihr Mensch vorbeikommt und etwas mit ihnen vorhat. Seien wir ehrlich: Die wenigsten Menschen haben einen strukturierten Wochenplan, der sich auch noch an den Bedürfnissen des Pferdes orientiert. Also, bemühen wir uns um Verständnis für den Partner Pferd!

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      Ich möchte an dieser Stelle den Stuten ein eigenes kleines Kapitel widmen. Wenn Sie selbst ein weibliches Pferd zur Gefährtin haben, werden Sie den folgenden Zeilen sicher zustimmen können. Stuten sind in ihrem Verhalten noch sehr viel natürlicher und ursprünglicher als Wallache.

      Man könnte auch sagen, sie tragen noch viel von einem Wildpferd in sich. In der Regel ist es eine Stute, die die Herde anführt und diesen Führungsanspruch auch für sich behauptet. Das ist auch der Grund dafür, dass für Stuten das Herdengeschehen von großer Bedeutung ist. Normalerweise verlässt eine Stute ihre Bezugsgruppe nur sehr ungern. Trennungen von der Herde machen ihr in der Regel sehr viel aus.

      Ihre soziale Intelligenz lässt so manchen verständnislosen Stutenbesitzer verzweifeln. Stuten haben »ihre Tage«: Manchmal wollen sie nur schmusen, dann wieder sind sie zu Höchstleistungen aufgelegt, und mal möchten sie ausschließlich wissen, was um sie herum los ist und wo sich die anderen Herdenmitglieder befinden. Bei vielen Stuten glaubt man im Frühjahr für ein paar Wochen, es mit einem gänzlich anderen Pferd zu tun zu haben. Tatsächlich können sie in den ersten Frühjahrsrossen hochsensiblen, manchmal auch explosiven Wildpferden gleichen. Bleiben Sie gelassen! Es geht vorüber. So ist das nun mal mit Stuten. Betrachten Sie es liebevoll als eine Besonderheit Ihres Pferdes.

      Stuten lassen sich auch ungern herumkommandieren oder von irgendwelchen Dominanzspielchen, die vertrauensbildend sein sollen, beeindrucken. Sie sollten lieber anvisieren, von Ihrer Stute als ernst zu nehmende Partnerin oder als ernst zu nehmender Partner akzeptiert zu werden. Stuten gehen von Natur aus gern an der Spitze und geben diesen Platz nur ungern ab. Man muss es sich also über Jahre hart erarbeiten, von ihnen anerkannt zu werden, um schließlich die Führungsrolle in ihrer kleinen Herde, bestehend aus Mensch und Stute, übernehmen zu dürfen. Diesen Status dann auch noch zu halten, ist wieder eine neue Herausforderung!

      Wollen Sie es sich etwas einfacher machen und einen einigermaßen gleichmütigen und einschätzbaren Pferdepartner an Ihrer Seite haben, sollten Sie sich lieber einen Wallach zulegen. Mögen Sie aber komplizierte Pferdepersönlichkeiten, die Sie immer wieder aufs Neue herausfordern, die Ihre eigene Intelligenz unentwegt testen und die Ihre Führungsrolle ständig infrage stellen, wählen Sie eine Stute. Ich selbst liebe Stuten. Aber ich liebe auch Wallache. Und sollten Sie Ihr Herz an einen Hengst verlieren, dann haben Sie wieder mit ganz anderen Herausforderungen zu kämpfen. Sie sollten sich gut überlegen, welchen dieser Pferdeansprüche sie dauerhaft gewachsen sind …

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      Ruby ist eine sehr ursprüngliche Stute: klug und eigenwillig. In dieser Bildfolge sieht man, dass sie sich nicht gern von ihrer Herde trennen lässt. Stattdessen agiert sie äußerst geschickt, wenn es darum geht, zu ihren Pferdefreunden zurückzukehren.

      Sorgen Sie stets dafür, dass Ihr Pferd seinen Bedürfnissen und seinem Gesundheits- und Ernährungszustand entsprechend optimal und stressfrei versorgt ist. In freier Wildbahn würde es bis

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