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ins Schloß fiel. Im ersten Moment wollte sie sich wieder ins Bett legen und schlafend stellen, doch dann verließ sie das Schlafzimmer, zog ihren Morgenmantel an und blieb wartend im Flur stehen.

      Dr. Daniel bemühte sich offenbar, besonders leise die Treppe heraufzukommen. Als er die Wohnung betrat und Manon abrupt das Licht aufflammen ließ, zuckte er erschrocken zusammen.

      »Warum bist du nicht gleich die ganze Nacht bei ihr geblieben?« wollte Manon mit schneidender Stimme wissen.

      Dr. Daniel brauchte ein paar Sekunden, um sich von dem Schrecken, vor allem aber von Manons Frage zu erholen.

      »Was soll denn der Unsinn?« gab er endlich zurück. »Rebecca und ich haben nur…«

      »Rebecca!« fiel Manon ihm scharf ins Wort. »Ihr duzt euch also schon!«

      »Ja, warum denn nicht?« entgegnete Dr. Daniel. Er wollte Manons Hand ergreifen, doch sie wich vor ihm zurück, als hätte er eine ansteckende Krankheit.

      »Wage es nur nicht, mich jetzt anzufassen!« drohte sie.

      »Manon, es ist doch alles ganz anders, als du denkst«, versuchte Dr. Daniel sie in eindringlichem Ton zu überzeugen. »Rebecca und ich haben nichts getan, dessen wir uns schämen müßten. Wir waren lediglich zusammen in der Kleinen Reblaus und haben uns unterhalten.«

      »Du lügst!« hielt Manon ihm vor. »Die Kleine Reblaus schließt um Mitternacht, jetzt aber ist es zwei Uhr morgens.«

      Dr. Daniel nickte. »Wir waren noch auf ihrem Zimmer im Gasthof, aber auch das war harmlos. Manon…«

      »Erzähl mir nichts!« fiel sie ihm grob ins Wort, dann drehte sie sich um, betrat das Schlafzimmer und schloß die Tür hinter sich ab.

      Mit einem tiefen Seufzer ließ sich Dr. Daniel gegen die Wand sinken. Er hätte Rebeccas Vorschlag, noch zu ihrem Zimmer im Gasthof zu gehen, niemals zustimmen dürfen. Andererseits… das Zusammensein mit ihr hatte ihm unheimlich gut getan. Rebecca und er hatten so viele Gemeinsamkeiten entdeckt… man konnte wirklich sehr anregend mit ihr plaudern. Vor allem aber hatte Dr. Daniel bei ihr genau das bekommen, was er bei Manon in letzter Zeit so schmerzlich vermißt hatte – Fürsorge, Verständnis, das Gefühl, nicht allein zu sein… gemocht und gebraucht zu werden.

      Dr. Daniel seufzte noch einmal, dann ging er zur Schlafzimmertür und drückte die Klinke herunter, doch er hatte sich nicht verhört. Die Tür war tatsächlich abgeschlossen.

      »Manon, sei doch vernünftig«, bat er. »Laß uns darüber sprechen. Es ist wirklich nichts passiert – jedenfalls nicht das, was du zu glauben scheinst. Manon, ich liebe doch nur dich.«

      »Scher dich zum Teufel!« erklang Manons erstickte Stimme, an der Dr. Daniel nur zu deutlich erkannte, daß sie weinte oder den Tränen jedenfalls sehr nahe war.

      »Manon, es war nur…«, begann er noch einmal, wurde aber unterbrochen.

      »Laß mich endlich in Ruhe!«

      Niedergeschlagen lehnte Dr. Daniel den Kopf gegen die Tür. Es war das erste Mal, daß er mit Manon einen so massiven Streit hatte, und Dr. Daniel fühlte sich daran nicht ganz unschuldig. Er hätte mit Rebecca niemals ausgehen dürfen, doch allein der Gedanke an die Stunden mit ihr, ließ wieder dieses Gefühl von Wärme in ihm aufkommen, das er bisher nur bei seiner Frau verspürt hatte.

      Für einen Moment berührte er die Tür – so sanft, als hätte er Manon vor sich. Er wünschte, er hätte sich mit ihr aussprechen können, anstatt sich jetzt im Streit von ihr zu trennen. Langsam drehte er sich um. Es war ihm klar, daß Manon ihn heute nicht ins Schlafzimmer lassen würde, also blieb ihm nichts anderes übrig, als den Rest der Nacht auf dem Sofa im Wohnzimmer zu verbringen.

      An Schlaf war allerdings gar nicht zu denken. Der Streit mit Manon belastete ihn viel zu sehr, als daß er Ruhe hätte finden können. Und dann geisterte auch noch Rebecca in seinen Gedanken herum. Ihre sanfte, verständnisvolle Art hatte ihn ein wenig an seine verstorbene Frau Christine erinnert, aber auch an Manon, bevor seine Ehe mit ihr in diese schreckliche Krise geraten war.

      Der Morgen graute bereits, als Dr. Daniel endlich einschlafen konnte, doch lange Ruhe war ihm nicht vergönnt, denn Manon riß ihn reichlich grob aus seinen Träumen.

      »Die Praxis wartet«, sagte sie nur, dann wollte sie zur Tür hinaus, doch Dr. Daniel war trotz fast durchwachter Nacht schneller, als sie gedacht hatte.

      An der Wohnungstür holte er sie ein und hielt sie fest.

      »Manon, bitte, hör mir zu«, verlangte er eindringlich.

      »Du kannst mir mit deinen Lügen gestohlen bleiben!« schleuderte sie ihm ins Gesicht. »Ich weiß genau, was ich gesehen habe, und das war aufschlußreicher für mich, als es jedes Wort von dir sein könnte.«

      »Und was hast du gesehen?« Auch Dr. Daniel wurde nun heftiger als beabsichtigt. »Sie hat mich auf die Wange geküßt, sonst nichts.«

      »Das ist auch schon mehr als genug! Was würdest du sagen, wenn ich mich von einem dir fremden Mann auf die Wange küssen lassen würde?«

      »Ich würde nach dem Grund fragen«, entgegnete Dr. Daniel und zwang sich dabei zur Ruhe. Es hatte keinen Sinn, wenn er jetzt auch noch überreagierte. Der Streit zwischen ihm und Manon war schrecklich genug, er mußte ihn nicht noch schlimmer machen.

      Herausfordernd verschränkte sie die Arme. »Also schön, dann sag mir den Grund, Robert.«

      Dr. Daniel seufzte leise. »Seit Tessa weg ist, führen wir beide doch im Grunde überhaupt keine Ehe mehr. Du lebst nur noch für die Praxis…«

      »Wie du«, fiel Manon ihm ins Wort.

      »Ja, du hast recht«, gab Dr. Daniel zu. »Es ist wohl auch meine Schuld. Trotzdem denke ich, daß ich es nicht verdient habe, mit einem Zettel am Kühlschrank abgefertigt zu werden, auf dem steht, daß ich abends nicht auf dich warten solle.«

      Scheinbar ungerührt zuckte Manon die Schultern. »Das ist nicht besser oder schlechter als von deiner Sprechstundenhilfe oder von einer Krankenschwester der Waldsee-Klinik angerufen zu werden, wenn du wieder mal nicht pünktlich nach Hause kommen kannst.«

      »Seltsamerweise stört dich das aber erst seit ein paar Tagen«, wandte Dr. Daniel ein.

      Manon schüttelte den Kopf »Nein, es stört mich schon viel länger.« Sie schwieg kurz. »Im übrigen sollte ein Zettel am Kühlschrank für dich noch lange kein Grund sein, gleich mit einer anderen Frau ins Bett zu steigen.«

      »Das habe ich nicht getan!« erwiderte Dr. Daniel mit unüberhörbarer Schärfe. »Rebecca hat mir nur einfach zugehört, und das hat mir sehr gut getan, denn mit dir kann ich seit einigen Tagen ja leider nicht mehr sprechen.«

      »Dann geh doch zu deiner Rebecca!« fuhr Manon ihn an, riß die Tür auf und stürzte hinaus, ehe Dr. Daniel es verhindern konnte.

      »Was ist mit uns denn nur los?« fragte sich Dr. Daniel verzweifelt, und dabei verspürte er schon wieder Sehnsucht nach Rebeccas verständnisvoller Art. Im Moment fühlte er sich bei ihr geborgener als bei seiner Frau. Diese Empfindung erschreckte ihn zutiefst.

      *

      Rebecca Horn war mit der Entwicklung der Dinge vollauf zufrieden. Sie würde jetzt noch einen oder zwei Tage warten und dann erneut Dr. Daniel wegen ihrer angeblichen Unterleibsschmerzen aufsuchen… nein, sie würde ihn zu sich rufen. Und bei der dann nötigen Untersuchung würde sie aufs Ganze gehen.

      Rebecca sah auf die Uhr und rechnete nach, wie spät es jetzt in Los Angeles war, dann nickte sie sich zu. Steven mußte schon im Büro sein. Sie fuhr zum nahen Postamt, denn nur von hier war es ihr möglich, ungestört in die Staaten zu telefonieren. Hermine Gruber, die Besitzerin des Steinhausener Gasthofes war nämlich sehr neugierig, wie Rebecca schon am zweiten Tag ihres Aufenthaltes gemerkt hatte, und obgleich sie sicher war, daß Hermine Gruber kein Amerikanisch verstehen würde, wollte sie doch ohne lauschende Ohren telefonieren.

      Die Verbindung mit ihrem Freund und Rechtsanwalt Steven Brady

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