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Luxus-Klapsmühle überhaupt leisten kann, verdanke ich einem reichen und überaus großzügigen Gönner.«

      Maureen musterte ihn verwundert. »Soweit mir bekannt ist, stammen Sie doch aus einer begüterten Fabrikanten-Familie.«

      »Mein Vater war Bierbrauer und hinterließ mir in der Tat ein beträchtliches Vermögen. Doch nichts währt ewig, Fairy Queen, so ist das nun mal«, seufzte Crowley kurzatmig und folgte Maureen hinaus ins Treppenhaus, wo sich die Bäder- und Massageabteilung mit einem Türkischen Bad und einem beheizten Schwimmbecken befand. Mäßig interessiert ließ er sich das Dampfbad und das Schwimmbassin zeigen, in dem sich an diesem Morgen bloß eine Handvoll Patienten aufhielt. »Sind ja nur fette alte Männer«, murmelte er despektierlich.

      »Frauen suchen Sie hier auch vergeblich, die sind in einem anderen Flügel untergebracht«, erläuterte Maureen.

      »Ist ja wie im Kloster«, murrte der Magier.

      »Das ist in Krankenhäusern üblich. Wir haben damit die besten Erfahrungen gemacht. Es gibt allerdings auch Bereiche, die von Männern und Frauen gemeinsam genutzt werden, und die werde ich Ihnen nun zeigen«, erwiderte Maureen und begab sich mit Crowley ins Erdgeschoss, wo sie in eine weitläufige, lichtdurchflutete Erholungshalle traten. »Hier findet jeden Nachmittag ein Tanztee statt, außerdem werden regelmäßig Konzerte veranstaltet. Am anderen Ende gibt es sogar ein Lichtspieltheater und eine Patienten-Bücherei. Wie Sie sehen, haben wir auch Billard-Tische, falls Sie sich ein wenig verlustieren möchten.« Während sie ihren Patienten durch die marmorne Halle führte, an deren Längsseiten bequeme Leder-Fauteuils und gepolsterte Liegen aufgestellt waren, grüßte sie höflich in die Runde der Patientinnen und Patienten, die ihnen mit gelangweilten Mienen entgegenblickten.

      »Wie viele von diesen Scheintoten sind denn hier untergebracht«, fragte der Magier verdrossen.

      »Wir haben rund vierhundert Patienten und ungefähr zweihundert Schwestern und Pfleger, die in einem separaten Gebäude hinter dem Sanatorium wohnen.«

      »Du auch, Fairy Queen?«

      Maureen bestätigte das und erkundigte sich, ob sie eine kleine Pause einlegen und sich ein wenig auf die Sonnenterrasse setzen sollten.

      »Wenn sich dort noch mehr von diesen blasierten Arschlöchern tummeln, lehne ich dankend ab«, erwiderte der Mann im Kilt mit derbem Humor.

      Maureen warf ihm einen tadelnden Blick zu. »Wie reden Sie denn von Ihren Mit-Patienten, Mr Crowley? Das sind doch alles seelisch kranke Menschen, genau wie Sie.«

      Crowley, dem es überhaupt nicht zu gefallen schien, mit den anderen Insassen des Holloway-Sanatoriums auf eine Stufe gestellt zu werden, blieb abrupt stehen. »Ich bin der Großmeister des hermetischen Ordens des Golden Dawn, der Laird von Boleskine und der Hohepriester des Ordens von Thelema und mitnichten geisteskrank«, äußerte er scharf.

      Maureen musste unwillkürlich grinsen. »Sie sind hier, um sich von Ihrer langjährigen Drogensucht zu entwöhnen, Sir, und Sucht ist auch eine seelische Erkrankung, das sollten Sie akzeptieren!«

      Der Magier schüttelte unwirsch den Kopf. »Ach, hör doch auf! Ich habe seit gut zwei Wochen nichts Berauschendes mehr angerührt, von Sucht kann also gar keine Rede sein.«

      »Lediglich die körperliche Abhängigkeit haben Sie einstweilen überwunden, Mr Crowley, die psychische Abhängigkeit aber noch lange nicht. Bei manchen Abhängigkeitserkrankungen währt sie ein Leben lang.«

      »Sei doch nicht so gnadenlos, Fairy Queen!«

      »Sie müssen sich der Wahrheit stellen, Sir, nur so können Sie gesund werden – und es bleiben.«

      »Mit einer Elfe wie dir an meiner Seite könnte ich’s hinkriegen.«

      »Sie müssen lernen, Ihre eigene Elfe zu sein, das sollte doch für einen Magier im Rahmen des Machbaren sein.« Maureen bedachte Crowley mit einem verschmitzten Lächeln. »So, und jetzt zeige ich Ihnen den Speisesaal, wo Sie heute erstmals Lunch und Dinner einnehmen können. Tee, Mokka, Gebäck und andere Erfrischungen werden unseren Patienten den ganzen Tag über serviert.« Sie wies auf die livrierten Kellner, die mit gefüllten Tabletts durch den Saal eilten und die Gäste bedienten. »Wenn Sie möchten, können wir einen Tee trinken.«

      Der Magier blinzelte durch die bleiverglasten, mit weißen Chiffon-Gardinen drapierten Fensterscheiben, durch die strahlendes Sonnenlicht hereinflutete. »Heute ist so ein schöner Tag, da möchte ich lieber draußen sein und mich in die Sonne setzen.«

      »Gerne, Mr Crowley, dann gehen wir doch hinaus in den Park.«

      Vorbei am Cricketfeld, dem Tennisplatz, einer großen Sonnenterrasse, vor der ein kunstvoll modellierter Springbrunnen plätscherte, führte Maureen Crowley durch den weitläufigen englischen Garten, in dem eine Gruppe von Gärtnern geschäftig arbeitete und die Spaziergänger höflich grüßte. Einer von ihnen, ein verschlagen anmutender Bursche mit einem vernarbten Gesicht, beäugte die junge Krankenschwester und den Mann im Schottenrock mit zudringlichen Blicken, die Maureen unangenehm waren. Obwohl sie den Impuls spürte, einen entsprechenden Kommentar abzugeben, verkniff sie sich einen solchen und dachte nur bei sich, dass die Verwaltung des Sanatoriums in Bezug auf die Parkarbeiter offenbar nicht sehr wählerisch war.

      »Unser Behandlungsschwerpunkt ist, dass sich die Patienten ganz vom Stress der Außenwelt und ihren Problemen lösen«, fuhr sie schließlich fort. »Wir veranstalten Cricket-Turniere und Reisen nach Ascot und Henley. Auch eine Villa im Seebad Bournemouth dient dem Wohle der Insassen, um sich an der frischen Seeluft zu erholen«, erläuterte sie dem Magier. »Die feudale Atmosphäre des Holloway-Sanatoriums, das eher einem Luxus-Hotel als einer Nervenklinik gleicht, soll die Patienten zu einem angemessenen Verhalten anregen. Diejenigen, die das schaffen, erhalten Privilegien wie die Teilnahme an Reisen und Ausflügen oder auch das alleinige Verlassen des Sanatoriums. Deswegen haben Ihnen die Ärzte heute auch erlaubt, die Mahlzeiten im Speisesaal einzunehmen, und wenn Sie sich weiterhin so gut machen, werden auch bald andere Vergünstigungen folgen.«

      »Also mit Ascot brauchst du mir nicht zu kommen, mein Kind«, stieß Crowley zwischen den Zähnen hervor. »Wenn ich diese Snobs nur sehe, könnte ich schon das Kotzen kriegen.«

      »Mr Crowley, ich muss doch sehr bitten!«, maßregelte ihn Maureen mit gespielter Strenge. »Wenn unsere moralische Behandlung nicht fruchtet, wie es bei Ihnen augenscheinlich der Fall ist, wird der Patient in eine Zwangsjacke gesteckt und kommt in die Gummizelle.«

      »Mach mir keine Angst, Fairy Queen, sonst drehe ich wieder durch!«, entgegnete er grinsend und zog irre Grimassen, über die Maureen lauthals lachen musste.

      Inzwischen waren sie zu einem idyllischen Seerosenteich gelangt, der von mehreren Parkbänken umgeben war. »Das ist mein Lieblingsplatz«, erklärte Maureen gutgelaunt und schlug vor, sich auf einer der Bänke niederzulassen und ein Sonnenbad zu nehmen. »Was für ein herrlicher Tag«, seufzte sie wohlig und inhalierte tief die Frühlingsluft, die durchsetzt war von süßem Blütenduft.

      Um die in leuchtenden Farben blühenden Rhododendron-Sträucher schwirrten Bienen und Schmetterlinge und der Wonnemonat Mai zeigte sich in seiner ganzen Pracht. Maureen schloss die Augen und genoss einfach das Leben. Auch Crowley schwieg und schien sich ganz dem Augenblick zu ergeben.

      »Haben Sie eigentlich Kinder, Mr Crowley?«, erkundigte sich Maureen unvermittelt.

      »Ja«, erwiderte er verhalten. »Eine sechzehnjährige Tochter namens Lola Zaza von meiner ersten Frau und meine Söhne Hansi und Howard, die ich mit meinen beiden Konkubinen Alostrael und Ninette habe. Meine Töchter Lilith und Poupée starben leider sehr jung. Poupée war meine Jüngste, sie starb vor knapp drei Jahren in Cefalù an Typhus.« Er hüstelte ergriffen. »Du erinnerst mich an sie, Fairy Queen. Poupée war auch strawberry blonde und hatte feine Sommersprossen auf dem seidigen Teint, genau wie du. Sie war mein Augenstern und ich vermisse sie sehr.« Er wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel.

      Maureen musterte ihn betroffen. »Das tut mir leid, Sir! Zum Glück sind Ihnen noch drei andere Kinder geblieben«, versuchte sie ihn aufzumuntern. »Sie werden sie bestimmt wiedersehen,

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