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und in seiner Seele vollzog sich eine tiefe und schmerzliche Arbeit.

      Die Anklageakte lautete folgendermaßen: Am 17 Oktober 188.., meldete der Wirt des Mauritania-Hotels in dieser Stadt den plötzlichen Tod eines in diesem Hotel logierenden sibirischen Kaufmanns zweiter Gilde, Namens Ferapont Smjelkoff. Der von dem Arzt der vierten Abteilung ausgestellte Totenschein besagte, daß der Tod Smjelkoffs infolge eines durch übermäßigen Genuß spirituöser Getränke hervorgerufenen Herzschlages eingetreten war; und die Leiche Smjelkows wurde drei Tage nach dem Tode regelrecht bestattet. Am vierten Tage nach dem Hinscheiden Smjelkoffs lenkte ein Geschäftsfreund und Landsmann des letzteren, der sibirische Kaufmann Timotschin, der aus St. Petersburg kam und sich nach den näheren Umständen des Todesfalles erkundigt hatte, den Verdacht darauf, daß Smjelkoff keines natürlichen Todes gestorben war. Derselbe wäre vielmehr von Verbrechern vergiftet worden, die sich dann eines Brillantringes und einer bedeutenden Geldsumme bemächtigt, die Smjelkoff in seinem Besitz hatte und die sich in dem nach seinem Tode aufgenommenen Inventar nicht vorfand.

      Es wurde infolgedessen eine Untersuchung eingeleitet, die folgendes zu Tage förderten:

      1. Daß der besagte Smjelkoff nach Wissen des Wirtes des Mauritania-Hotels und auch des Prokuristen des Kaufmanns Starikoff, mit dem Emjelkoff bei seiner Ankunft in der Stadt geschäftlich zu thun gehabt, eine Summe von 3800 Rubeln in seinem Besitz haben mußte, die er in einem Bankhause der Stadt erhoben, während man andererseits nach seinem Tode in seinem Koffer und in seiner Brieftasche nur 312 Rubel und 16 Kopeken vorfand. Es wurde festgestellt

      2. daß Smjelkoff den Tag vor seinem Tode mit der unverehelichten Ljubka zusammen gewesen war, die zweimal sein Zimmer betreten hatte;

      3. daß besagte Ljubka ihrer Wirtin einen Brillantring abgelassen hatte, der dem Kaufmann Smjelkoff gehört;

      4. daß die Dienstfrau des Hotels, Euphemia Botschkoff, am Tage nach dem Tode des Kaufmanns Smjelkoff eine Summe von 1800 Rubel auf ihr Konto bei der Handelsbank hatte eintragen lassen;

      5. daß der Hoteldiener, Simon Kartymkin, nach der Aussage der Ljubka ihr einige Pulver übergeben und ihr angeraten hatte, dieselben in den Branntwein zu schütten, die der Kaufmann Smjelkoff trinken sollte, was die Ljubka nach ihrem eigenen Geständnis gethan hat.

      Auf Befragen des Untersuchungsrichters erklärte die Ljubka, der Kaufmann Smjelkoff habe sie aus dem Freudenhaus in das Hotelzimmer geschickt, das er in der »Mauritania« bewohnte, um dort Geld zu holen; sie habe den Koffer des Kaufmanns mit dem Schlüssel geöffnet, den er ihr gegeben, und daraus, wie er es ihr gefügt, 40 Rubel genommen. Sie hat erklärt, kein anderes Geld genommen zu haben, was Simon Kartymkin und Euphemia Botschkoff, in deren Gegenwart sie den Koffer geöffnet und wieder geschlossen, bezeugen konnten.

      Was die Vergiftung Smjelkoffs betraf, so hat die Ljubka erzählt, daß sie tatsächlich, als sie zum zweitenmal in das Zimmer des Kaufmanns Smjelkoff zurückgekommen war, demselben in ein Glas Cognac, das er trinken sollte, ein Pulver geschüttet habe, das ihr Simon Kartymkin gegeben; sie habe aber geglaubt, dieses Pulver wäre ein einfaches Schlafmittel und sie habe es hineingeschüttet, damit der Kaufmann einschlafe und sie schnell ihrer Wege gehen lasse. Sie hatte hinzugefügt, sie habe kein Geld genommen, Smjelkoff hätte ihr den Ring selbst gegeben, nachdem er sie geschlagen, um sie am Fortgehen zu hindern.

      Auf Befragen des Untersuchungsrichters haben die Angeklagten, Euphemia Botschkoff und Simon Kartymkin folgendes ausgesagt:

      Euphemia Botschkoff hat erklärt, sie wisse absolut nichts von dem Verschwinden des Geldes, hätte das Zimmer des Kaufmanns nicht betreten, und nur die Ljubka hätte dasselbe betreten. Sie hat behauptet, wenn eine Summe Geldes dem Kaufmann entwendet worden wäre, so hätte sie die Ljubka fortgenommen, denn diese wäre mit dem Schlüssel des Koffers ins Zimmer gekommen. (Bei dieser Stelle der Anklage zuckte die Maslow zusammen und wandte sich, indem sie den Mund öffnete, als wolle sie einen Schrei ausstoßen, nach der Botschkoff um.) Nach dem Ursprung der bei der Bank deponierten 1800 Rubel befragt, hat sie erklärt, dieses Geld habe sie und Simon, mit dem sie sich verheiraten wollte, im Laufe von zwölf Jahren erspart.

      Simon Kartymkin hat zuerst gestanden, daß er im Einverständnis mit der Botschkoff und auf Anstiften der Maslow, der der Kaufmann den Schlüssel zu seinem Koffer gegeben, eine große Summe Geldes gestohlen, die zwischen ihm, der Maslow und der Botschkoff geteilt worden war; er hat auch gestanden, daß er der Maslow ein weißes Pulver gegeben, um den Kaufmann einzuschläfern. Doch in dem zweiten Verhör hat er jede Teilnahme an dem Diebstahl des Geldes wie an der Übergabe des Pulvers abgeleugnet und die ganze Schuld der Maslow zugeschrieben. Nach dem von der Botschkoff bei der Bank eingezahlten Gelde befragt, hat auch er geantwortet, dieses Geld hätten sie gemeinsam in zwölfjährigem Dienste verdient, es wäre das Produkt der ihnen von den Gästen gespendeten Trinkgelder.

      Die Autopsie der Leiche des Kaufmanns Smjelkoff, die dem Gesetz entsprechend vorgenommen worden, hat das Vorhandensein einer gewissen Quantität Gift in den Eingeweiden ergeben.

      Es folgten dann in dem Anklageakte der Bericht über die Konfrontationen, die Zeugenaussagen u. s. w., und die Anklage endete wie folgt:

      Infolgedessen werden Simon Kartymkin, Bauer, 34 Jahre alt; Euphemia Botschkoff, 43 Jahre alt, und Katharina Michaelowna Maslow, 27 Jahre alt, angeklagt, am 16. Oktober 188.., dem Kaufmann Smjelkoff eine Summe von 2500 Rubeln gemeinsam gestohlen und besagtem Smjelkoff, um die Spuren ihres Diebstahls zu tilgen, Gift eingegeben zu haben, woraus der Tod desselben erfolgte.

      Diese Vergehen sind im Artikel 1455 des Strafgesetzbuches vorgesehen; infolgedessen werden Simon Kartymkin, Euphemia Botschkoff und Katharina Maslow vor das Bezirksgericht unter Hinzuziehung von Geschworenen gestellt.

      Als der Aktuar die Vorlesung beendet, ordnete er die Blätter des eben verlesenen Aktes, setzte sich und strich mit beiden Händen über seine langen schwarzen Haare. Alle Anwesenden stießen einen Seufzer der Erleichterung aus; und jeder hatte die angenehme Empfindung, die Verhandlung wäre nunmehr eröffnet, alles würde gleich aufgeklärt und der Gerechtigkeit Genüge gethan werden. Nur Nechludoff hatte nicht dieses Gefühl; er dachte mit Entsetzen an das Verbrechen, das die Maslow, die er vor zehn Jahren als unschuldig gekannt, hatte begehen können.

      Als die Verlesung der Anklage beendet war, wandte sich der Präsident, nachdem er die Ansicht seiner Kollegen eingeholt, zu Kartymkin mit einem Gesicht, als wenn er sagen wollte: »Jetzt werden wir alles ganz genau bis in die kleinsten Einzelheiten erfahren.«

      »Simon Kartymkin!« sagte er, sich nach links neigend, Simon Kartymkin stand auf, schob die Aermel seines Mantels in die Höhe und trat vor, ohne das Bewegen der Lippen einzustellen.

      »Sie sind angeklagt, dem Kaufmann Smjelkoff am 16, Oktober 188.., im Einverständnis mit Euphemia Botschkoff und Katharina Maslow eine ihm gehörige Summe Geldes gestohlen, sich dann Arsenik verschafft und Katharina Maslow veranlaßt zu haben, dasselbe in das Getränk des Kaufmanns Smjlelkoff zu gießen, was sie gethan hat und was den Tod desselben zur Folge hatte.«

      »Sie bekennen sich schuldig?« schloß der Präsident, sich nach rechts neigend.

      »Das ist unmöglich, denn unser Beruf …«

      »Das werden Sie später erklären. Sie bekennen sich schuldig?«

      »Das ist unmöglich; ich habe nur …«

      »Das werden Sie uns später erklären, Sie bekennen sich schuldig?« wiederholte der Präsident mit ruhiger, doch strenger Stimme.

      »Das ist unmöglich, weil, …«

      Wieder wandte sich der Nuntius nach Simon Kartymkin um und unterbrach ihn mit einem tragischen »Stille!«

      Der

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