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Die Erlebnisse des Herrn A.. Christoph-Maria Liegener
Читать онлайн.Название Die Erlebnisse des Herrn A.
Год выпуска 0
isbn 9783347193161
Автор произведения Christoph-Maria Liegener
Жанр Контркультура
Издательство Readbox publishing GmbH
„Da hätten wir noch etwas“, strahlte sie Herrn A. an und reichte ihm die neu ausgezeichnete Bluse.
Der nahm sie, las das Preisschild und war begeistert Er kaufte die Bluse sofort. Durch den horrenden Preis konnte er sein schlechtes Gewissen einigermaßen besänftigen.
Als seine Frau von ihrer Reise zurückkam, fiel sie nicht gleich in Ohnmacht. Die Wohnung war im Großen und Ganzen in Ordnung. Sie war auf Schlimmeres vorbereitet gewesen. Sie wollte ihr Handy wieder an sich nehmen und bemerkte, dass es tot war.
„Was hast du denn damit schon wieder gemacht?“, fragte sie entsetzt ihren Mann.
„Gar nichts. Ich habe es immer bei mir getragen, wie du es gewünscht hast.“
„Aber es geht nicht mehr! Dir kann man doch wirklich nichts in die Hände geben!“
Herr A. ließ den Kopf hängen und schwieg. Ein Bild des Jammers! Er konnte einem wahrhaftig leidtun.
Und was war es nun? Was war der Grund, dass das Handy nicht mehr funktionierte? Der Akku war leer!
Sie luden es auf. Herr A. bekam eine Entschuldigung und einen dicken Kuss. Er meinte:
„Macht nichts. Ich bin gewohnt, an allem schuld zu sein.“
Vorsicht! Nicht zu weit aus dem Fenster lehnen! Denn jetzt war es an der Zeit, seiner Frau das Missgeschick mit der Bluse zu beichten, und da war er ja wirklich schuld gewesen.
Schnell bot er ihr das neue Stück als Ersatz an, nicht ohne zu erzählen, wie hart er es erkämpft hatte. Frau A. hätte die neue Bluse wahrscheinlich nicht sonderlich gefallen, aber die Geschichte rührte sie. Dass ihr Mann sich tagelang damit beschäftigt hatte, die beste Bluse für sie zu besorgen, die er finden konnte, erfüllte sie mit einem Gefühl der Dankbarkeit, das sie den Verlust vergessen ließ. Er hatte die ganze Zeit an sie gedacht! War das nicht romantisch? Sie gab ihrem Mann noch einen Kuss und versicherte ihm, dass dies ab sofort ihre Lieblingsbluse sei.
Fußball
Oh nein! Herr A. hatte die Nase voll. Seine Frau hatte ein Schuhgeschäft entdeckt. Schon wieder! Da mussten sie natürlich hinein! Warum musste die Gute nur immer Schuhe kaufen? Ihre Schuhschränke (ja, sie hatte mehrere!) quollen doch schon über.
Und er sollte wie immer gute Miene zum bösen Spiel machen! Das tat er jedes Mal. Er beriet sie, half ihr, Entscheidungen zu treffen, äußerte seine Meinung. Dabei stellte er mehr zur Verfügung als nur sein Feedback – er beschleunigte die Sache. Das war auch dringend nötig, sonst kämen sie nie wieder aus solch einem Laden heraus. Ohne ihn hätte seine Frau sich noch nie für ein Paar Schuhe entscheiden können. Natürlich musste er aufpassen, dass er sie nicht zu etwas drängte, was sie nicht wollte. Er musste ihre geheimsten Wünsche erspüren und sie dann dazu überreden, sich diese von ihm erfüllen zu lassen. Da war Fingerspitzengefühl gefragt. Bisher hatte das immer geklappt.
So war er nun einmal – ganz der aufopferungsvolle Ehemann. Aber er wünschte sich doch, dass es zur Abwechslung mal umgekehrt wäre, dass sie ihn zu einem Fußballspiel begleitete wie er sie zum Schuhkauf. Oder wenigstens nicht wegzappte, wenn Fußball im Fernsehen lief. Oder ihn anfeuerte, wenn er samstags bei den Amateuren mitspielte. Oder sogar selbst mitspielte.
Da hatte er eine glorreiche Idee: Er ging mit ihr in das blöde Schuhgeschäft, zog sie dann aber in eine andere Abteilung, als sie gedacht hatte.
„Wie wäre es, wenn wir dir jetzt Fußballschuhe kaufen?“, regte er an.
„Aber sonst geht’s dir gut, ja?“
Es war als Kompromiss gedacht. Sollte wohl nicht sein.
Nein, da gab es keine Kompromisse. Es war hoffnungslos. Selbst Frauenfußball konnte er ihr nicht schmackhaft machen.
Als er schon aufgegeben hatte, kam doch noch die Wende.
Das Spitzenduell der ersten Bundesliga stand an und Herr A. versuchte, seine Frau darauf vorzubereiten, dass er sich das am Abend ansehen wollte.
Alle Superlative des Spiels zählte er auf – ohne Erfolg. Bis er Natascha Ladislava erwähnte, die Schiedsrichterin des Spiels. Nebenbei ließ er fallen, dass sie dieses Jahr zur Sexiest Female Referee Alive gekürt worden wäre.
Darauf sprang Frau A. an:
„Was denn: weibliche Schiedsrichterinnen im Männerfußball?“
Schulterzuckend meinte Herr A.:
„Na ja, die Gleichberechtigung. Mich stört’s nicht.“
„Das kann ich mir denken: leichtbekleidete Frauen, die übers Spielfeld hüpfen! Männer genießen das doch.“
Herr A. durfte jetzt nichts Falsches sagen, das wusste er.
„Ihre Entscheidungen waren bisher im Großen und Ganzen nicht zu beanstanden.“
So leicht kam er nicht davon. Frau A. hakte nach:
„Und findest du sie sexy?“
„Also, darauf habe ich bisher noch gar nicht geachtet.“
Richtige Antwort. Glück gehabt.
Am Abend nahm Frau A. wie selbstverständlich neben Herrn A. vor dem fußballverseuchten Fernseher Platz. Kein Klagen, kein Jammern. Richtig interessiert sah sie zu. Schließlich fragte sie ihren Mann:
„Findest du wirklich, dass sie so toll aussieht?“
Die diplomatische Antwort war:
„Das ist Geschmackssache. Mein Fall wäre sie nicht.“
Das setzte sich fort, indem Frau A. die Frisur der Schiedsrichterin kritisierte, an ihrer Figur zu mäkeln hatte und irgendwann sogar dazu überging, ihre Entscheidungen in Frage zu stellen.
Dem durfte Herr A. nicht widersprechen, das war klar, und er tat es nicht. Es wurde ein harmonischer Fernsehabend zu zweit.
Wunderbare Aussichten öffneten sich.
Solange es weibliche Schiedsrichterinnen gibt, ist alles in Butter.
Einkauf fürs Wochenende
Das Ehepaar A. begab sich auf den Weg zum Supermarkt, um für das Wochenende einzukaufen. Das gehörte zu ihrer Routine. Sie wählten dafür gewöhnlich den Donnerstag, weil die Geschäfte samstags wegen des bevorstehenden Wochenendes normalerweise überfüllt sind und deshalb viele Leute auf den Freitag ausweichen. Donnerstag geht noch.
Sie nahmen wie immer das Auto, schon deshalb, weil es viel zu tragen gab. An der entscheidenden Ampel staute sich der Verkehr mehrere hundert Meter zurück. Direkt vor der Ampel existierte eine kurze Abbiegerspur in ihre Richtung, die ganz frei war. Das konnten sie nur durch kurzzeitiges Ausscheren auf die Gegenfahrbahn erkennen, weil ihre Sicht durch einen Lastwagen vor ihnen behindert war. Herr A. scherte nochmals aus, um zu sehen, ob die Gegenspur so weit frei war, dass er womöglich auf ihr an der Kolonne vorbeifahren könnte.
Seine Frau durchschaute seine Absicht im Ansatz und verbot ihm kurzerhand dieses Wagnis. Das wäre viel zu gefährlich und auf die paar Minuten käme es sowieso nicht an. Herr A. wagte zu fragen, warum sie denn so nervös sei. Die Antwort:
„Wenn du beim Autofahren neben mir sitzen würdest, wärst du auch nervös.“
„Schlimmer wäre es, wenn ich neben mir säße“, gab Herr A. lachend zurück, da er selbst wusste, dass er unmöglich fuhr.
Was blieb ihm danach übrig, als sich zu fügen?
Sie warteten also in der Schlange.
Zu allem Überfluss bog der Laster dann auch noch in ihre Richtung ab. Mehr noch: Er zuckelte gemächlich weiter vor ihnen her bis zum Supermarkt, wohin er offenbar lieferte. Es nervte gewaltig – jedenfalls Herrn A. Er dachte, dass es seiner Frau genauso ergangen sei, und fragte sie, nachdem sie endlich geparkt hatten:
„Diese