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bevor er gesteinigt wurde.

      „Aber Frau Jirka“, stammelte ich, sobald die Lähmung nachzulassen begann, konnte aber nicht weiterstammeln. Denn sie verschloss mir den Mund mit einem Kuss – einem Kuss, wie ich noch nie einen bekommen hatte.

      „Ich heiße Ella“, flüsterte sie. „Und du Benedikt. Ja?“

      Ich nickte und wusste nichts zu erwidern.

      „Sag, liebster Benedikt, hast du schon einmal mit einer Frau geschlafen?“

      Verwirrt von einer solchen Frage, schüttelte ich den Kopf.

      „Und? Möchtest du?“

      Ich zögerte. Meine Verwirrung stieg ins Unermessliche. Da aber jenes süße Verlangen noch nicht völlig geschwunden war, nickte ich unwillkürlich. Daraufhin sagte sie nichts mehr, sondern begann mich wortlos zu entkleiden, und durch ihr Beispiel angeregt, begann ich, kühn geworden, sie zu entkleiden, und geriet durch all das Wunderbare, was meine Augen zu sehen und meine Hände zu spüren bekamen, in eine derartige Erregung, dass das süße Verlangen in mir erneut die Herrschaft in meiner Brust übernahm und alle meine Sinne umhüllte. Ich merkte kaum, wie mir Ella, sobald wir beide nackt waren, um den Hals fiel, sich an mich schmiegte, mich abermals küsste, wie wir gemeinsam auf die Couch niedersanken, wie sie mich geschickt über sich zog, meinen Phallus in den heißen See zwischen ihren Schenkeln tauchte, weiter noch als vorhin meine Hände, und ihn veranlasste, ihr weiches Fleisch zu teilen, und wie dieser aufs Neue explodierte, wie sie aufs Neue einen sonderbaren Schrei ausstieß und wie sie aufs Neue zuckte und danach wie gelähmt unter mir lag und einer Schlafenden glich und wie ich zuletzt selber einschlummerte.

      Irgendwann wachte ich wieder auf und fühlte mich total benommen, wusste nicht, wo ich war und bei wem und warum ich so unbequem lag. Nur eins wusste ich: Etwas Schreckliches ist passiert. Doch ehe ich noch verstand, was dieses Schreckliche war, spürte ich weiche, zarte, erregende weibliche Haut auf meiner Haut, verführerische weibliche Lippen auf meinen Lippen, eine verführerische weibliche Zunge in meinem Mund, verführerischen weiblichen Duft in meiner Nase und hatte sofort wieder eine Erektion, und süßes Verlangen umhüllte mir die Sinne, und meine Ahnung von etwas Schrecklichem, das passiert sein mochte, war umhüllt, verdunkelt, unsichtbar, aus meinem Bewusstsein verbannt.

      Und wieder machte sich Ella mit bestürzender Leidenschaft über mich her und trieb meine eigene Leidenschaft in ungeahnte Höhen. Und wieder liebkoste und küsste sie meinen Phallus, und wieder tauchte sie ihn in ihren heißen See und in ihren dunklen, engen, heißen, feuchten, weichen, ach so süßen Tunnel und machte ihn glühen. Und wieder explodierte er in ihr, und wieder zuckte sie heftig und stieß ihren sonderbaren Schrei aus und lag danach wie gelähmt unter mir und schien zu schlafen.

      Ich selber schlummerte freilich nicht wieder ein, sondern erinnerte mich dunkel an die Ahnung von etwas Schrecklichem, die mich zuvor beunruhigt hatte. Und sobald sich die Umhüllung meiner Sinne durch jenes süße Verlangen zurückgezogen hatte und ihr Blick frei war, erkannten sie mit voller Klarheit, was das Schreckliche war: Ich war der Sünde der Unkeuschheit verfallen. Wie sehr war uns in der Schule, im Religionsunterricht, in den jährlichen geistlichen Exerzitien, eingetrichtert worden, Unkeuschheit sei eine besonders schreckliche Sünde, eine Todsünde, die wie keine sonst folgenschwer ins Menschenleben eingreift, die wie keine andere Sünde dem Göttlichen im Menschen entgegengesetzt ist und ein Einfallstor des Dämonischen, des Satanischen bildet. Durch sie sinkt der Mensch unter das Tier hinab. Wie sehr hatte ich mich bemüht, Anneliese, meiner Studienfreundin, die ich seit langem verehrte und der ich schmachtende Gedichte widmete, nicht zu nahe zu treten, um unsere Beziehung rein zu erhalten! Auch sie ist ja gut katholisch erzogen worden. Und nun das hier. O teuflische Versuchung. O ewige Schande. O furchtbare Sünde.

      Diese Sünde muss ich unbedingt gleich morgen beichten. Die Versuchung muss ich in Hinkunft unbedingt meiden. Der Verführerin muss ich in Hinkunft unbedingt aus dem Weg gehen. Oder bin ich der Verführer und habe sie durch meine unbesonnenen Worte und Handlungen zur Unzucht verleitet? Umso größer wäre in diesem Fall meine Sünde. Ja, beides muss ich beichten, die Unkeuschheit und die Verführung. Auf jeden Fall muss ich mich jetzt blitzartig anziehen, ehe weitere Schandtaten passieren können, und aus dieser Lasterhöhle fliehen. Im Übrigen ist es eh schon allerhöchste Zeit, zur Tante heimzukehren, bevor sie mich als vermisst meldet.

      Ich versuchte mich vorsichtig von der Couch zu erheben, ohne Ella zu wecken. Aber der Versuch misslang. Zu sehr waren unsere Gliedmaßen ineinander verschränkt. Sie erwachte, gähnte, streckte sich, murmelte: „Willst du schon gehen, Liebster?“

      Nun hätte ich ihr natürlich mitteilen müssen, dass ich nicht ihr Liebster bin und dass unsere schändliche Unkeuschheit ein riesengroßes Missverständnis ist. Aber meine verdammenswerte Feigheit wusste das zu verhindern. Außerdem war mir durch die erneute Berührung unserer nackten Haut erneut die unglaubliche Süße unserer sündhaften Vergnügungen bewusst geworden, und dieses Bewusstsein dämpfte meine moralische Empörung so sehr, dass ich ihrem Verlangen, mich leidenschaftlich zu küssen, nachgab und ihr in der Folge auch nichts von meinen Reuegedanken verriet.

      7

      Nein, meine Reuegedanken verriet ich ihr weder damals noch auch später jemals. Aber ihrem Drängen, sie doch wieder einmal zu besuchen und zu beglücken und mich selbst von ihr beglücken zu lassen, folgte ich nie wieder und machte sie damit, laut eigener Aussage, zutiefst unglücklich. Und dies betrachtete ich als gerechte Strafe für ihre Unkeuschheit und die Verführung eines (bisher) tugendhaften Jünglings zur Unkeuschheit. Und meine heiße Sehnsucht nach ihr und den von ihr gespendeten sündigen Freuden und dazu meine Gewissensqualen betrachtete ich als gerechte Strafe für meine eigene Unkeuschheit. Und da, wie das Sprichwort sagt, ein Unglück selten alleine kommt, zeugte meine Sünde mit Ella eine weitere mindestens ebenso schändliche Sünde. Sie hatte mich nämlich darauf aufmerksam gemacht, dass man auch an sich selber sündigen kann.

      Und so begann ich nun bei jeder Gelegenheit im stillen Kämmerlein Ellas zu gedenken und ihre Hände und ihre Lippen durch meine Finger zu ersetzen. Danach litt ich jedes Mal noch schlimmere Gewissensqualen und fasste doch bei der nächsten Gelegenheit wieder meinen glühenden Phallus an und verschaffte ihm Erleichterung und mir eine kleine, aber höchst sündhafte Freude. Einen positiven Effekt hatte diese neue Art von Unkeuschheit immerhin: Die Peinigung durch Dauererektionen und feuchte Träume war deutlich geringer geworden. Dafür aber hatten sich, wie gesagt, die Gewissensqualen verdoppelt.

      Daneben nahm sich die Qual, Ella immer wieder enttäuschen zu müssen, direkt harmlos aus. Sie besuchte meine Tante, in Wirklichkeit natürlich mich, von nun an wesentlich häufiger als bisher, und sie lauerte mir des Öfteren sogar vor der Uni auf. Für mich bedeutete es jedes Mal eine gewaltige Überwindung, sie enttäuschen zu müssen. So sehr mein Verstand mich von ihr fernzuhalten suchte, mein Gefühl suchte mich mit Gewalt zu ihr zu treiben, um wieder und wieder zu sündigen. Zudem tat sie mir ganz einfach leid. Ich bedauerte es über alle Maßen, Ella enttäuschen und anlügen zu müssen. Denn natürlich wollte sie wissen, warum ich jetzt auf einmal so hart gegen sie sei, und ich sagte, ich hätte eine Freundin und liebe sie sehr und wolle ihr treu bleiben und bereue es, ihr jenes eine Mal untreu geworden zu sein.

      Dies war insofern eine Lüge, als ich Anneliese durch meine Sünde mit Ella nicht hatte untreu werden können, da wir nie irgendwelche Zärtlichkeiten austauschten, geschweige denn miteinander Unkeusches taten. Allerdings begann ich nun, und dies bedeutete eine weitere Qual für mein Gewissen, bei

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