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antwortete er verwundert:

      „Wie kommst du überhaupt darauf? Jetzt, nach Wochen? Ich wunderte mich schon, dass du mich noch nicht darauf angesprochen hast.“

      „Ach so, und da dachtest du, lass es mal sein, es überhaupt auch nur zu erwähnen? Wenn sie schon nicht selber darauf kommt, die gute Gordula. Und du hast natürlich keinen Schimmer, was du damit wirklich angerichtet hast, nicht wahr?“

      „Angerichtet? Was meinst du damit?“

      „Na, dann denke doch mal selber nach: Die Enkelin von Margarethe Brinkmann? Klingelt es da denn überhaupt nicht bei dir? Wie kannst du denn nur annehmen, dass dies wirklich verborgen bleiben würde?“

      „Moment mal, ich verstehe immer noch nicht. Damit kommst du jetzt nach Wochen und Monaten? Was soll das eigentlich?“

      „Ich wusste das vorher ja gar nicht, weil mir das irgendwie entging, das mit dieser Adele. Ich hatte ja genug zu tun mit anderen Dingen. Zum Beispiel, dass nichts aus dem Ruder läuft, damit wir eben nicht auffallen. Und was ist passiert? Natürlich sind wir aufgefallen, aber doch nur, weil du diese Adele Brinkmann eingeladen hast!“

      „Nicht wahr!“, rief er erschrocken.

      Gordula Schopenbrink betrachtete ihren Bruder. Sie wusste, dass er bei vielen Frauen recht gut ankam. Nicht nur weil er bei ihnen als eine gute Partie galt. Er war ein wenig untersetzt, genauso wie seine Schwester, hatte stets ein offenes Lachen für jeden parat und konnte äußerst charmant und zuvorkommend sein.

      Und diese Fröhlichkeit, die er für gewöhnlich an den Tag legte, war keineswegs gespielt, wie Gordula wusste. Sie war echt. Dagegen wirkte Gordula auf die meisten Menschen, die mit ihr in Berührung kamen, eher mürrisch. Sicher deshalb, weil sie sich grundsätzlich nichts gefallen ließ, was für eine junge Dame aus besonders gutem Hause eben alles andere als üblich war.

      Aber Hieronymus Schopenbrink ließ seine Tochter gern gewähren. Sie hatte zwar betreffend die Geschäfte des Hansehauses Schopenbrink nicht wirklich etwas zu melden, aber wenn sie ihrem Vater einen wohlgemeinten Rat gab, hörte er sich diesen durchaus an, weil er wusste, dass seine Tochter Gordula nicht unterschätzt werden durfte.

      Obwohl sie eine Frau war, wohlgemerkt, was eben in einer Zeit der reinen Männerwirtschaft und Männerherrschaft hier in Hamburg halt nicht nur Gordula zutiefst bedauerte. Nicht weil sie nicht gern eine Frau war, aber sie hätte die Vorherrschaft des Männlichen gern radikal abgeschafft, möglichst sogar auf der Stelle.

      Wenn sie das allerdings wagte, laut auszusprechen, lächelte Hiernonymus Schopenbrink nur nachsichtig. Er war nicht etwa entsetzt darüber wie wohl die meisten anderen einflussreichen Männer reagiert hätten, sondern hielt es wohl nur für eine der liebenswerten Schrullen seiner Tochter und konnte sich gar nicht vorstellen, dass ihr das völlig ernst sein konnte. Weil ein solches Ansinnen in seinen Augen sowieso und eindeutig aussichtslos erschien.

      Und Gordula sah jetzt deutlich, dass Christian nicht erwartet hatte, mit der Einladung von Adele Brinkmann einen Fehler begangen zu haben.

      „Und doch ist es wahr!“, betonte sie ernst. „Du hast das nur nicht bedacht, und ich frage mich unwillkürlich, wie das sein kann. Du bist doch sonst nicht so dumm.“

      „Oh, vielen Dank für diese Blumen, aber ich habe Adele ja nicht aus schierer Dummheit eingeladen, sondern weil ich sie halt sehr schätze.“

      „Ach was? Du schätzt Adele Brinkmann und dann auch noch sehr? Weiß die überhaupt davon?“

      „Keine Ahnung, aber das ist mir eigentlich ziemlich egal. Wir sind uns ein paarmal zufällig begegnet.“

      „Ach, rein zufällig – und dann auch noch ein paarmal?“, provozierte ihn Gordula.

      „Und ich persönlich habe ja nichts gegen die Brinkmanns“, betonte Christian unbeirrt.

      „Außer gegen ihre Großmutter Margareth“, erinnerte ihn Gordula.

      „In der Tat!“, bestätigte Christian prompt. „Und ich habe mir wirklich nichts dabei gedacht.“

      „Auch nicht, als sie sich auf dem Fest ausgerechnet mit Johann Wetken anfreundete.“

      „Ach was, die haben zwar miteinander geredet, aber ich nehme an, dass er gar nicht wusste, wer sie war.“

      „Wie bitte? Das nimmst du an? Und wie kommst du auf einen solchen Schwachsinn?“

      „Er hätte doch ansonsten niemals das Gespräch mit ihr gesucht. Jeder weiß doch, dass die Brinkmanns und die Wetkens sich spinnefeind sind.“

      „Natürlich weiß das jeder, auch Johann Wetken. Und trotzdem hat er sie angesprochen – und sie hat sich ansprechen lassen von ihm. Ausgerechnet! Dabei bin ich mir sogar ziemlich sicher, dass die beiden durchaus wussten, wer der jeweils andere war.“

      „Das ergäbe doch überhaupt keinen Sinn!“, versuchte Christian zu widersprechen.

      „Schon mal was von Liebe gehört?“, trumpfte seine Schwester auf.

      „Äh, was?“

      „Liebe, mein lieber Herr Bruder! Die beiden haben sich gesehen und unsterblich ineinander verliebt!“

      „Das ist völlig unmöglich.“

      „Typisch Mann, also ehrlich!“, schimpfte sie. „Und schon wieder muss ich daran appellieren, dass du innerhalb des Hauses Schopenbrink nun wirklich nicht als der Dümmste gehandelt wirst. Vielleicht hättest du einfach einmal deinen Verstand einschalten sollen, ehe du einen Denkfehler nach dem anderen der gravierendsten Art begehst?

      Denkfehler Nummer eins war eindeutig die Einladung von Adele. So etwas ist doch nun wirklich kein harmloser Spaß, mein Lieber.“

      „Zugegeben“, räumte er daraufhin ein wenig kleinlaut ein, „das war sicherlich keine Glanzleistung. Aber mal ehrlich: Wer konnte denn um Gottes Willen ahnen, dass sich ausgerechnet diese beiden ineinander verlieben? Einfach nur, indem sie sich auf unserem kleinen Fest begegnen?“

      „Auf meinem Fest!“, betonte Gordula jetzt.

      „Ja, du hast ja recht. Ich hätte es mit dir vorher absprechen müssen. Das wird mir jetzt erst bewusst.“

      „Nur dadurch konnte dieser ganze Ärger erst entstehen. Wobei das Wort Ärger vielleicht doch zu harmlos ist, um zu beschreiben, was dies alles ins Rollen gebracht hat.“

      „Ins Rollen? Was denn alles? Kannst du jetzt keine Feste mehr organisieren, weil Margarethe Brinkmann uns erwischt hat oder was?“

      „Ach, du liebe Unschuld mein eigener Bruder!“, seufzte Gordula ergeben. „Du hast ja immer noch nicht begriffen, was du angerichtet hast. Sagte ich nicht schon, dass sich die beiden ineinander verliebt haben?“

      „Ach so, du meinst doch nicht etwa, dass diese Margarethe Brinkmann...?“

      „Genau davon ist die ganze Zeit schon die Rede: Es ist herausgekommen, wo die beiden sich kennengelernt haben, und noch viel schlimmer: Sie haben sich danach mehrfach heimlich getroffen, und jetzt hat Margarethe Brinkmann ihrer Enkelin wohl Hausarrest verordnet, wenn nicht noch Schlimmeres – die arme Seele. Und dann hat die Brinkmann auch noch Georg Wetken zukommen lassen, dass ausgerechnet sein Lieblingssohn mit einer echten Brinkmann sich trifft.“

      „Meiner Treu!“ Christian zeigte sich dermaßen entsetzt, wie Gordula ihn noch niemals erlebt hatte.

      Sie sah, dass er jetzt endlich voll und ganz die Situation nachfühlen konnte, in die Johann da hineingeraten war. Er wusste ja, dass seine Schwester und Johann sich gut verstanden, aber er hätte ja niemals auch nur vermutet, dass sich Johann indessen heimlich ausgerechnet mit Adele Brinkmann traf. Das musste für Johann ja einer totalen Katastrophe gleich kommen, dass jetzt sein Vater davon Wind bekommen hatte.

      Gordula beschwichtigte mit beiden Händen.

      „Nur Gemach, Johann ist ja nicht auf den Kopf

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