Скачать книгу

grußlos ab und eilte davon, ehe Johann noch etwas sagen konnte.

      Welche Bedingungen sie überhaupt zu stellen beabsichtigte, blieb damit unausgesprochen. Darüber würde er tatsächlich noch zu grübeln haben.

      Er sah ihr verdattert hinterher, bis sie seinen Blicken entschwunden war.

      Ja, in der Tat: Wie hatte sie das eigentlich gemeint, das mit den eigenen Bedingungen?

      Und dann fiel ihm noch etwas ein, was er völlig vergessen hatte zu fragen:

      Wer hatte eigentlich Adele Brinkmann zu jenem Fest eingeladen, wenn nicht sie?

      Irgendwie erschien ihm diese Frage sogar von fundamentaler Bedeutung, obwohl er nicht wusste wieso. Noch nicht! Aber es war leider zu spät, Gordula danach zu fragen, denn sie war ja jetzt wieder weg.

      Johann musste das auf das nächste Treffen vertagen. Falls es ihm erneut gelingen würde, Vater dazu zu überreden – und falls Gordula dann tatsächlich auch kommen würde. Ganz so sicher erschien ihm das zu diesem Zeitpunkt keineswegs.

      Aber jetzt musste er erst einmal zurückkehren ins Haus seines Vaters.

      8

      Es war klar, dass Johanns Vater bereits auf seine Rückkehr wartete. Deswegen war Johann keineswegs überrascht darüber, dass er schon an der Haustür abgefangen wurde mit der Nachricht, sofort vor Georg Wetken zu erscheinen, ohne jegliche Umschweife.

      Also ging er zu ihm. Dabei war er halbwegs zuversichtlich, was das Gespräch mit seinem Vater erbringen würde. Er konnte zwar nicht wirklich so etwas wie einen Fortschritt verkünden, zumal Gordula ihm unmissverständlich klar gemacht hatte, dass sie niemals ein echtes Paar werden konnten, allein schon deshalb nicht, weil ihr Vater das verhindert hätte, aber ansonsten war es zumindest nicht negativ verlaufen. Ganz im Gegenteil: Er hatte immerhin damit reichlich Zeit gewonnen, um weitere Strategien zu überdenken.

      Georg Wetken gab sich überraschend gelassen, wie er da hinter seinem wuchtigen Schreibtisch thronte. Der überbreite Durchgang von seinem Arbeitszimmer zum Nachbarzimmer war offen. Für gewöhnlich musste man dieses Nebenzimmer betreten und durfte sich erst dem Schreibtisch von Georg Wetken nähern, wenn dieser dazu unmissverständlich aufforderte. Das galt auch für seinen Sohn Johann.

      Und zu reden hatte man sowieso nur, wenn man unmittelbar angesprochen wurde!

      Als Johann eintrat, sah er seinen Vater zwar über den Schreibtisch gebeugt, weil er mit irgendwelchen Papieren beschäftigt war, aber Georg Wetken blickte sofort auf und lehnte sich langsam zurück, dabei seinen Sohn musternd.

      Eben mit dieser überraschenden, weil ungewohnten, Gelassenheit, wie Johann fand.

      Er blieb natürlich artig im Nachbarraum stehen und wartete auf das nötige Zeichen.

      Georg Wetken hob nur die Hand. Das genügte. Johann trat langsam, wie vorsichtig, näher, bis vor den Schreibtisch hin.

      „Na, wie ist das Gespräch mit Gordula Schopenbrink gelaufen?“, wurde er ruhig gefragt, anstelle irgendeiner Begrüßung, die sich der überaus mächtige Hansekaufmann Georg Wetken auch diesmal ersparte.

      Johann wich dem sengenden Blick seines Vaters auch dieses Mal nicht aus. Er doch nicht! Obwohl Georg Wetken trotz aller zur Schau gestellten Gelassenheit immer noch dermaßen viel Autorität ausstrahlte, dass sie förmlich spürbar war. Als würde sie es schaffen, nachhaltig die Luft im Raum zu erhitzen.

      „Gordula war zunächst entsetzt, als ich ihr erzählte, was geschehen ist.“

      „Weswegen denn genau? Dass es herauskam mit ihrem verbotenen Fest oder was?“

      „Das natürlich auch. Aber nicht nur. Sie fürchtet jetzt, dass sie auf Grund dessen keine weiteren Feierlichkeiten mehr heimlich ausrichten kann.“

      „Wie kommt sie bloß darauf? Meint sie etwa, ich würde ihrem Vater Bescheid geben lassen oder wie?“

      „Überhaupt wegen alledem“, beeilte sich Johann zu sagen und fragte sich im Stillen bereits, ob er vielleicht die falsche Strategie gewählt hatte. Aber es war jetzt zu spät, sie wechseln zu wollen. Er musste auf dieser Schiene bleiben.

      „Und was sagt sie zu Adele Brinkmann?“, hörte er wie aus weiter Ferne.

      Er musste es schaffen, sich besser zu konzentrieren:

      „Es hat sie noch mehr entsetzt, denn sie hat offenbar gar nicht gewusst, dass diese damals überhaupt eingeladen war. Wie schon vermutet. Aber sie wusste dafür, dass ich gar nicht mit ihr hätte zusammen kommen können, weil ich beinahe die ganze Zeit über bei ihr gewesen war, also bei Gordula. Und es hat sie gekränkt, dass es jetzt heißt, ich hätte mich statt mit ihr eben mit Adele Brinkmann getroffen in den letzten Wochen.“

      „Aha? Und was ist nun dein Fazit von alledem, mein Sohn? Lass hören!“

      Johann senkte den Blick und tat so, als würde es ihn Überwindung kosten, die folgenden Worte auszusprechen, und dann tat er es trotzdem, ohne dabei jedoch den Blick wieder zu heben:

      „Sie sagte mir, dass unter diesen Umständen ihr Vater es niemals zulassen würde, dass aus uns beiden ein richtiges Paar werden wird.“

      „Aha? Dann hast du also auf der ganzen Linie doch noch verloren?“

      Es war schon ein wenig beängstigend, dass sein Vater bei dieser Frage so ruhig blieb. Oder war diese Ruhe und Gelassenheit tatsächlich nur gespielt, wie Johann es gleich vermutet hatte, schon beim Eintreten? Wenn ja, wozu eigentlich?

      Ja, was wollte sein Herr Vater damit jetzt erreichen?

      „Keineswegs!“, widersprach Johann der Vorhaltung seines Vaters und hob zugleich wieder den Blick. „Gordula ist nach wie vor ganz auf meiner Seite. Es geht ja lediglich darum, dass sie Sorge hat, was ihren Vater betrifft.“

      „Eine Sorge, die du nicht teilst?“

      „Doch, ich teile diese Sorge, allerdings nur zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Es war mir sowieso schon klar, dass ich viel Zeit benötigen werde, um meine Absicht in die Tat umsetzen zu können. Ich habe Gordula ganz für mich gewinnen können. Jetzt erst recht. Allerdings nur als platonische Freundin. Vorerst. Mehr ist derzeit noch nicht möglich, wie es sich erwiesen hat. Aber wir haben uns andererseits wirklich noch nie so gut verstanden wie ausgerechnet jetzt in dieser Krisenzeit.“

      „Eine Krisenzeit? So nennst du das also? Nun gut, für dich vielleicht, aber doch nicht für alle anderen, genauer betrachtet.“

      Mit scheinbar nur noch mühsam gezügelter Leidenschaft erklärte ihm sein Sohn daraufhin:

      „Hast nicht du selbst mir immer wieder klar gemacht, dass wir eine hohe Verantwortung tragen, nicht nur für uns selber, sondern vor allem in unserer Rolle für die Gilde, also im Grunde genommen sogar für ganz Hamburg?

      Und wenn ich Krisenzeit sage, dann meine ich tatsächlich nicht nur mich, denn dieses infame Intrigenspiel des Hauses Brinkmann hat mit Sicherheit auch noch Auswirkungen auf alles, wofür wir einstehen, wofür unsere Vorfahren dermaßen viel gekämpft und gelitten haben.

      Allein der ehemalige Bürgermeister damals von Hamburg, dein Urgroßvater, der mir nicht nur seinen guten Namen hinterlassen hat: Nachdem zunächst verschiedene Strömungen

Скачать книгу