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hatte treffen wollen.“

      „Im Ernst? Aber wer hat ihm das denn verraten?“, fragte Gordula erschüttert.

      „Er hat es mir nicht gesagt, doch ich bin überzeugt davon, dass Adeles Großmutter dahinter steckt!“

      „Oh Gott, doch nicht etwa diese Margarethe Brinkmann, diese alte Hexe?“

      „Sage nicht Hexe“, murmelte er warnend und warf einen ängstlichen Blick in die Runde. „Du weißt, was das für Folgen haben kann.“

      „Das sagst ausgerechnet du, der du dich bereits in der schlimmsten Situation befindest, die ich mir denken kann? Und was die Bezeichnung als Hexe betrifft: Das hätte doch keine schlimmen Folgen für sie, doch nicht für Margarethe Brinkmann!

      Außerdem gibt es derzeit keine aktiven Hexenverfolgungen, und um es zu betonen: Selbst wenn man Margarethe Brinkmann der Hexerei beschuldigen würde, was ich persönlich sogar nicht so ganz unrichtig finden würde, hätte sie genügend Macht, um alle Beschuldigungen wirkungsvoll von sich abzuwenden. Jede andere würde unter der Folter, am Galgen oder gar auf dem Scheiterhaufen enden, aber doch nicht sie!“

      „Trotzdem!“, beharrte Johann.

      Er hätte jetzt Gordula erklären können, dass er persönlich sowieso völlig gegen jegliche Hexenverfolgung war, weil er die Meinung derer teilte, dass es sich dabei in der Regel um Unschuldige handelte, die irgendwer aus möglicherweise niederen Gründen aus dem Weg haben wollte, aber das hätte jetzt zu weit geführt. Er war ja aus einem ganz anderen Grund hier.

      „Wie auch immer“, wechselte Gordula kopfschüttelnd das Thema: „Deren Aufmerksamkeit sollte man trotzdem lieber nicht erregen, die Aufmerksamkeit von Margarethe Brinkmann!“

      „Habe ich aber, ungewollt, allein nur, indem ich mich auf ihre Enkeltochter eingelassen habe. Dafür hat sie sich gerächt, indem sie es irgendwie meinem Vater zugespielt hat. Du kannst dir vorstellen, wie der reagierte.“

      „Ja, lebhaft! Und jetzt? Was ist danach passiert?“

      Sie legte wie lauernd ihren hübschen Kopf schief und betrachtete ihn aus verengten Augen.

      „Was hast du sonst noch alles angestellt, mein Lieber? Gib es zu!“

      „Äh, ja, dir kann man wirklich nichts vormachen, Gordula. Es – es gibt nicht viele junge Frauen heutzutage, die so klug sind wie du.“

      „Überhaupt sonst keine!“, unterbrach sie ihn mit einem flüchtigen Lächeln.

      „Äh“, fuhr er verdattert fort, „ich musste mich ja irgendwie herausreden. Du weißt ja, ich soll ja irgendwann in die Fußstapfen meines Vaters treten. Und in diesen Plan passt natürlich eine Verbindung zur Enkelin von Margarethe Brinkmann nun wirklich nicht hinein. Er wollte mich sogar enterben und weiß nicht was sonst noch mit mir anstellen. Ich habe ihn jedenfalls noch niemals in meinem Leben dermaßen wütend gesehen, und du kennst ihn ja und weißt, wie jähzornig er sowieso schon ist.“

      „Ich habe es zwar noch nicht persönlich erlebt, aber es wird darüber geredet“, relativierte sie seine Aussage. „Aber erzähle weiter: Was war denn deine Strategie? Könnte es denn sein, dass sie irgendwie... mit mir zu tun hat?“

      Jetzt hatte sie es bereits vorweg genommen. In der Tat, Gordula konnte man nichts vormachen. Ihr nicht! Sie hatte ihn durchschaut.

      Aber so einfach gab Johann nicht auf. Er musste es ihr so verpackt klar machen, dass sie nicht allzu böse darüber reagierte. Bloß, wie sollte er das jetzt noch schaffen?

      Er musste es zumindest versuchen:

      „Also, es ging ja darum, dass ich Adele auf deinem kleinen Fest kennengelernt habe, und das wusste er bereits.“

      „Du meinst, diese Margarethe hat es ihm irgendwie gesteckt, nicht nur, dass du dich mit Adele getroffen hast, sondern auch das mit meinem Fest...?“

      Gordula brach erschrocken ab.

      „Ja, so ist es. Keine Ahnung, wie es herauskommen konnte. Ich weiß ja auch nicht, wie Adele und ich danach irgendwann aufgefallen waren. Immerhin nach einigen Wochen erst. Niemand außer uns wusste davon, wirklich niemand.“

      „Noch nicht einmal ich!“, zeigte sich Gordula durchaus ein wenig enttäuscht.

      „Ja, tut mir leid, Gordula, aber ich wollte dich da wirklich nicht mit hineinziehen.“

      „Hast du jetzt aber doch!“, warf sie ihm vor.

      „Ich weiß, und es tut mir unendlich leid. Das kannst du mir wirklich glauben. Aber nun, da mein Vater sowieso alles schon wusste...“

      „Noch einmal: Was hast du angestellt! Gestehe, Bursche! Ich will..., ja, ich muss es wissen!“

      Ihre Freundlichkeit war wie weggewischt. Gordula konnte auch ganz anders. Sie würde zwar niemals so schlimm werden wie Margarethe Brinkmann, aber niemand sollte sie unterschätzen, auch Johann nicht.

      Johann wusste das längst, deshalb fiel es ihm ja so besonders schwer, mit der Wahrheit herauszurücken, obwohl Gordula ihn sowieso schon durchschaut hatte. Aber sie wollte es jetzt aus seinem eigenen Mund hören. Sie wollte Einzelheiten erfahren: Was hatte Johann seinem Vater gegenüber behauptet?

      „Er hätte mich niemals mehr aus dem Haus gelassen, zumindest nicht die nächsten Wochen oder gar Monate. Deshalb habe ich ihm klar machen müssen, dass es besonders wichtig ist, mich mit dir zu treffen.“

      „Moment mal, willst du damit sagen, dass dein Vater von unserem heimlichen Treffen hier weiß? Dann ist es am Ende überhaupt nicht so heimlich?“

      „Es – es ging nicht anders. Ehrlich. Du musst mir das glauben. Aber keine Bange: Er mischt sich nicht ein.“

      „Ach? Und das soll mich jetzt beruhigen oder was? Ja, bist du denn jetzt völlig von allen guten Geistern verlassen? Wie kannst du dich denn dermaßen hinreißen lassen? Oder soll ich jetzt gar für dich die Suppe auslöffeln, die du dir selber eingebrockt hast?

      Lässt sich doch tatsächlich als Wetken mit einer Brinkmann ein. Nicht zu fassen!“

      „Bitte, Gordula, höre mir doch zu. Ich musste doch etwas sagen, was meinen Vater von seinen schlimmen Plänen mich betreffend abbringt. Wie soll ich denn jemals wieder Adele treffen können, wenn nicht...?“

      „Wie bitte? Du hast anscheinend immer noch nicht begriffen, in welche Lage du nicht nur dich selber, diese Adele und auch mich gebracht hast, sondern in welche Lage du deine eigene Gilde noch bringst? Glaubst du denn, du könntest dich ungestraft nicht nur gegen deinen eigenen Vater wenden, der für seine Strenge weithin gefürchtet ist, sondern sogar auch noch gegen diese Margarethe Brinkmann? Und dann auch noch unter Umständen, bei denen dir wirklich jeder, der auch nur halbwegs klar ist im Kopf, jegliche Hilfe untersagen muss?“

      Sehr betroffen starrte Johann zu Boden. Er brauchte eine Weile, um wieder sprechen zu können.

      Er hatte diese Standpauke seiner besten Freundin wahrlich verdient. Das wusste er selber. Aber was sollte er denn machen? Konnte er denn etwas dafür, dass er Adele so sehr liebe – und sie auch ihn?

      Dafür konnte niemand etwas.

      Und was war denn an dieser reinen Liebe so dermaßen schlimm, dass sich alle Welt jetzt gegen sie beide wandte? Nicht nur die Familie von Adele und seine eigene Familie, sondern nun auch Gordula Schopenbrink, auf die er sozusagen seine letzte Hoffnung gesetzt hatte?

      „Ich würde dich jetzt am liebsten einmal ordentlich durchprügeln“, murmelte Gordula leise. „Vielleicht würde dich das dann wieder zu Verstand bringen? Begreifst du zumindest das, Johann? Aber ich tu es nicht. Ich will nur selber endlich begreifen, was hier wirklich vorgeht.“

      Er hob den Blick.

      „Na, was denn wohl? Kannst du dir denn so gar nicht vorstellen, wie das ist, wenn du jemand dermaßen liebst, dass du wirklich alles tun musst für diese Liebe?“

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