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zum Weg stand, gab Gerwin die Möglichkeit, ungesehen im Dickicht unterzutauchen. Er drang in den Wald ein und überholte dort die eigene Truppe. Selbst von Büschen und Bäumen verborgen, sah er, was sich vor seinen beiden Legionären aufbaute. Er zählte fünf Männer, ob Wegelagerer oder Auxiliaren, erschloss sich ihm nicht. Fast wäre er zu frühzeitig aus dem Dickicht gesprungen.

      Das Fehlen des Optio aber ließ ihn zögern und dann sah er den Auxiliar. Der Mann stand, mitten auf dem Weg, vor seinem Pferd. Zwischen dem Optio und den Wegelagerern dürften etwa zehn Pferdelängen liegen, die diesem ausreichend Zeit erbringen sollte, falls ihn ein Scheitern des Überfalls abermals zur Flucht zwang.

      Gerwin drang tiefer in den Wald ein. Sich ungesehen glaubend, stürmte er vorwärts und wandte sich erst dann dem Weg wieder zu, als er sich sicher war, im Rücken des Optio auftauchen zu können. Er wusste, dass ihm nicht viel Zeit blieb. Fiel nur einer der Legionäre, hätte der noch Kämpfende zu viele Gegner und das Überleben der Gefangenen wäre dann nur von kurzer Dauer.

      Glücklicherweise verhielt sich das Pferd des Optio ruhig. Der Treverer hielt die Zügel und war auf die Ereignisse vor seinem Angesicht ausgerichtet. Indem Gerwin das Tier zwischen sich und den Optio brachte, schlich er näher. Er erreichte das Tier.

      Dann ging alles sehr schnell. Ein Sprung und Gerwin saß im Sattel. Dem Pferd die Hacken in die Seiten schlagend, stieg das Pferd und erwischte den Optio, mit der vollen Wucht der Hufe. Dies warf den Mann vor sich zu Boden. Im selben Augenblick kniete Gerwin neben dem Überraschten und zwei Germanenfäuste schlugen von beiden Seiten aus zu. Der Kopf des Mannes, der auf dem Bauch lag, ruckte erst rechts auf den Boden, dann landete der Schädel auf der anderen Seite. Ein kurzer Griff von hinten an beide Schultern und das Knie im Genick ließen einen merkwürdigen Laut und unmittelbar darauf einen überraschten Aufschrei erklingen.

      Gerwins Arme und Beine handelten wie von selbst, während seine Augen die nur wenige Sprünge vor ihm ablaufenden Handlungen verfolgten. Drei der Angreifer hatten sich auf Grattus gestürzt und brachten den Kelten in arge Bedrängnis. Grattus wehrte sich, in der linken Hand den Dolch, rechts den Gladius. Sein Scutum lag neben ihm am Waldrand. Er hatte die Wendigkeit seiner Handlungen dem Scutum und dessen Schutz vorgezogen.

      Arpagius stach soeben seinen ersten Angreifer nieder und versuchte seinen anderen Feind mit wuchtigen Schlägen zu bezwingen. Gerwins Blick erfasste den Auxiliar, der sich den Angriffen vorerst wirksam widersetzte.

      Aufspringend, sich vergewissernd, dass der Optio sich nicht rührte, saß Gerwin auch schon auf dessen Pferd. Sein Schrei und die in die Seiten des Tieres gestoßenen Füße brachten das Pferd vorwärts. Es waren nur fünf oder sechs große Sätze und schon lag einer von Grattus Bedrängern, von Pferdehufen getroffen, am Boden. Gerwin selbst flog vom Tier auf den dritten Angreifer des Kelten zu und seine beiden schlanken Dolche erwischten den Wegelagerer, nahezu gleichzeitig, in Rücken und Brust. Der Mann fing nicht nur den Schwung des Germanen auf, bevor dieser abrollen konnte, sondern stürzte, von der Wucht des Aufpralls umgerissen, in das Dickicht.

      Als Gerwin auf seinen Füßen stand, sah er Arpagius Gladius in der Schulterbeuge von dessen Gegner versinken. Der Noriker hatte den Mann wohl nicht nur mit dem Scutum und dem Gladius bearbeitet. Den Schild wegwerfend, traf den Wegelagerer die Faust der frei gewordenen Hand und fällte den Kerl. Im Begriff, sich aufrichten zu wollen, fand ihn die Gladiusspitze, noch in der Hocke.

      „Grattus, brauchst du noch Hilfe, oder schaffst du den Kerl allein?“ verkündete der Noriker, als er, außer dem Einen, keinen anderen Gegner stehend vorfand.

      Gerwin ging zu dem Angreifer, der ihn, ob Grattus wütender Schläge, nicht bemerkte. Ein gezielter Schlag in den Rücken des Wegelagerers brachte den Mann zum Erstarren. Dann fiel er, steif wie ein Brett, auf seinen Bauch und das Gesicht.

      Gerwin besah sich den angerichteten Schaden. Mit dem Kopf in Richtung des Optio nickend, sprach er Arpagius an: „Kannst du den Optio zu uns bringen, aber lass ihn am Leben… Ich glaube fest daran, dass der Kerl nur schläft. Der Legat wird sich freuen, den Burschen kennenzulernen….“

      Arpagius trottete zum Optio, wuchtete sich den Kerl auf die Schulter und brachte ihn näher. Inzwischen beäugte der Germane die übrigen Angreifer. Einer war am Stich eines Gladius verendet. Dem Zweiten war Arpagius Gladius von oben in die Halsbeuge zum Herz gestoßen worden. Die Bekanntschaft mit Gerwins Dolchen bekam dem Dritten nicht. Der Vierte überstand die Wucht des heranpreschenden Pferdes nicht. Sein Kopf hing merkwürdig leblos auf der Seite. Was auch immer den Mann getroffen hatte, zerstörte sein Genick. Sechs Angreifer, vier Tote und zwei neue Gefangene, kein allzu schlechtes Ergebnis, wenn er ihre eigene Stärke bedachte.

      Grattus wischte sich den Schweiß aus den Augen. „Verdammt, das war knapp! Für mich war es einer zu viel… Danke Germane!“

      Der Angesprochene zuckte nur mit der Schulter. „Sie nahmen sich deiner zu dritt an. Du schienst der Schwächere zu sein…“

      Gerwin blickte zu den Reitern. Beide verletzte Treverer saßen auf den Pferden, hatten sich keinen Fuß weit bewegt und starrten den Germanen an. In ihren Augen erblickte er blankes Entsetzen.

      Der Optio fiel Gerwin vor die Füße. Arpagius stand vor ihm und suchte seine Augen. „Nur gut, dass ich nicht noch weiter auf dich eingedrungen bin…“ Der Riese schüttelte sich. „Deine Klingen sind wie Tänzer in den Händen eines Meisters… So schnell habe ich noch keinen Krieger gesehen…“ Er streckte seinen Arm aus. „Schlag ein und mögen alle meine verdammten Götter geben, dass ich dir nie begegne, wenn du in Wut bist…“

      „Das kann dir nicht geschehen, Noriker!“

      „Warum nicht?“ verwunderte sich der Größere.

      „Ich komme nicht in Wut!“ Gerwin schlug in den gereichten Arm ein und ließ Arpagius stehen. „Wollen wir doch einmal sehen, wer da in unsere Hände fiel…“

      Der Optio lag auf dem Rücken vor Gerwins Füßen. Der Hermundure beugte sich zu diesem hinab, befühlte die Knochen in der Schulter, nickte und wandte sich an Grattus: „Ich brauche zwei stabile Stöcke, so lang wie deine Arme!“

      Der Kelte verschwand im Wald und kam kurz darauf zurück.

      „Arpagius, sei so gut und bringe die Toten ins Dickicht! Holt sie euch Morgen und lasst sie begraben. Die armen Kerle gehörten zwar beim ersten Mal nicht zu den Tapferen, schlugen sich hier aber nicht schlecht… Ehre die Toten, auch wenn es deine Feinde waren, denn erwischt es dich selbst, sollte der dich Besiegende von gleicher Veranlagung sein… Einem Toten auch im Tod noch Leid zuzufügen, ist eines guten Mannes unwürdig!“

      „Wenn du meinst… Wir sind da nicht so nachsichtig.“ brummte der Noriker.

      Gerwin richtete sich auf, blickte zum Legionär und lächelte. Der Noriker stutzte und erwiderte das Lächeln. „Ich werde mich deiner Lehre annehmen, denn ehrlich gesagt, ist es mir lieber, dich auf meiner Seite zu wissen…“

      Der junge Hermundure erkannte einen ehrlichen Mann.

      Gerwin nahm die von Grattus gereichten Stöcke entgegen, brachte diese an der Schulter des Optio an und verband den Mann mit dessen, von ihm in Stücke geschnittener Tunica. Der Kerl stöhnte ob der Behandlung und erwachte.

      Der Kelte Grattus stand, auf seinen Fußballen wippend, vor dem zu sich gekommenen Optio. „Na Treverer, gut geschlafen? Schade, du hast den ganzen Trubel gar nicht verfolgen können…“

      „Grattus, hör auf! Übrigens, du hast da einen Schnitt im Arm… Lass mich das ansehen.“ bestimmte Gerwin.

      Grattus blickte auf seinen Arm. „Ach, das ist nichts!“ Er wollte mit der anderen Hand den Schnitt verbergen.

      „Finger weg, Idiot!“ fauchte Gerwin! „Ich kenne eine Heilkundige, die dir für diese Dummheit die verletzte Hand zwar heilt, dir aber dann den Kopf abschlägt…“ Der Kelte wich zurück. War es die Überraschung vor der Warnung oder die Angst vor der Drohung….

      „Zeige mir den Arm und halte deine Dreckfinger weit von der Wunde weg. Die meisten Römer sterben nicht an tödlichen Stichen oder Schlägen,

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