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Beispiele aus der Praxis

      1.3.1 Ein Intercity gerät unterwegs in eine Signalstörung

      Als erstes Beispiel dient die Einsteiger-Bahnreise von Passau nach Köln aus Kapitel 11 in Band 2, die damals völlig problemlos verlaufen ist. Doch für heute sei angenommen, dass unterwegs Unregelmäßigkeiten auftreten, die zu einer spürbaren Verspätung führen.

      Sie haben eine Fahrkarte mit Zugbindung für den Intercity 2024. Dieser fährt in Passau pünktlich los und bleibt im Bahnhof von Hanau wegen einer Signalstörung stehen. Dadurch erhält er, so die Prognose um 11.35 Uhr, voraussichtlich 33 Minuten Verspätung.

       Abbildung 3: Fahrplan für IC 2024 Passau–Köln mit Angabe der tatsächlichen und prognostizierten Ankunfts- und Abfahrtszeiten, fiktives Beispiel bei der Abfrage in Hanau Hbf. [Copyright Frank Hole11]

      Sie lassen sich vom Zugbegleiter die Zugbindung aufheben und die Verspätung bestätigen. Angesichts der prognostizierten Verspätung von 29 Minuten am Zielort ist nun freie Zugwahl möglich.

      Der DB Navigator nennt bei der Anfrage Frankfurt Hbf–KÖLN drei ICE-Verbindungen mit Abfahrten um 12: 10, 12.29 und 12.42 Uhr ab Frankfurt Hbf, die alle früher in Köln ankommen als der verspätete IC 2024:

       Abbildung 4: Alternative Fahrtmöglichkeiten nach Köln für die ursprüngliche Verbindung mit IC 2024 [Copyright Frank Hole12]

      Der ICE der ersten alternativen Verbindung um 12: 10 ist nicht zu schaffen bei einer prognostizierten Ankunft Ihres IC 2024 um 12.09 Uhr. Abgesehen davon wollen Sie auch nicht unbedingt nach Köln Messe/Deutz, sondern zum Hauptbahnhof. Die beiden anderen Verbindungen erscheinen geeigneter.

      Der Zug kommt dann tatsächlich um 12.20 Uhr in Frankfurt Hbf mit 44 Minuten Verspätung an, somit ist die Weiterfahrt um 12.29 Uhr mit dem ICE möglich. Zwar ist ein Umsteigen nötig, doch die Ankunft in Köln ist früher als mit dem ursprünglichen IC 2024, wenn er pünktlich gewesen wäre. In der Praxis wird es bei Verspätungen nur in seltenen Fällen schnellere alternative Verbindungen geben, aber ganz ausgeschlossen sind sie nicht.

      Woher aber kommen die Informationen über Fahrtalternativen?

      • Ansagen im Zug oder auf dem Bahnsteig,

      • DB Navigator,

      • Persönliche Auskünfte über das Personal,

      • Faltblatt „Ihr Reiseplan“ in Fernverkehrszügen.

      Die größte Unabhängigkeit bringt der DB Navigator, der zudem auch über aktuelle Daten verfügt. Größere Spielräume gibt es übrigens, indem Sie, sofern vorhanden und passend, bei der Zielauswahl die Orte in Großbuchstaben auswählen. Also beispielsweise

      • KÖLN statt Köln Messe/Deutz oder Köln Hbf,

      • BERLIN statt Berlin Südkreuz oder Berlin Hbf.

      1.3.2 Ein Fernverkehrszug wird verspätet bereitgestellt

      Angenommen, die Fahrt soll von Nürnberg Hbf nach Freiburg (Breisgau) Hbf führen. Geplant ist, ab Nürnberg Hbf mit dem Intercity 2164 um 5.37 Uhr zu fahren, der Sie nach Karlsruhe bringen soll. Dort soll es dann mit dem ICE 101 nach Freiburg weitergehen. Sie haben eine Fahrkarte mit Zugbindung und sind somit auf diese beiden Züge angewiesen.

      Um 5.30 Uhr kommen Sie zum Bahnsteig 15 in Nürnberg Hbf, wo der IC 2164 abfahren soll. Auf dem Monitor am Bahnsteig steht dieser Zug mit 15 Minuten Verspätung aufgrund einer technischen Störung am Zug angeschrieben. Um 6.00 Uhr ist der Zug noch nicht da, die prognostizierte Verspätung erhöht sich auf 30 Minuten.

      Sie schauen sich nach Alternativen um: Um 6.00 Uhr wäre ein Zug über Frankfurt gefahren, diese Verbindung hätte eine halbe Stunde länger gedauert. Dafür ist es nun zu spät.

      Ansonsten fährt der nächste reguläre Zug in Richtung Stuttgart zwar um 6.36 Uhr, aber die Anschlüsse nach Karlsruhe und Freiburg sind dann nicht günstig. Erst um 7.40 Uhr gibt es ab Nürnberg Hbf eine weitere gute Verbindung.

      Sie entscheiden sich, zu warten, und der 5.37-Uhr-Zug fährt mit einer Stunde Verspätung ab. Auf der Strecke erhöht sich die Verspätung bis Karlsruhe auf 70 Minuten. Doch durch die über 20-minütige Verspätung ist die Zugbindung automatisch aufgehoben und die Weiterfahrt ab Karlsruhe ist mit jedem Zug möglich, und auf dieser dicht befahrenen Strecke bestehen auch genügend alternative Fahrtmöglichkeiten.

      Allgemein betrachtet haben Sie manchmal nur die Alternative zwischen „Warten“ und „Von der Fahrt zurücktreten“. Erschwert wird eine solche Entscheidung dadurch, dass Verspätungen nicht genau genug vorhergesagt werden oder vorhersagbar sind oder zu spät angekündigt werden. Wenn Sie davon ausgehen müssen, dass die Verspätung über 20 Minuten beträgt oder betragen wird, sind Sie bei einer Fahrkarte mit Zugbindung frei, alternative Züge zu nutzen. Idealerweise bestätigt das Zugpersonal die Verspätung.

      Es ist auch möglich, von der Fahrt zurückzutreten. Im Sinne der Fahrgastrechte geht das erst ab einer voraussichtlichen Verspätung von 60 Minuten am Zielbahnhof, es besteht dann Anspruch auf Erstattung des Fahrpreises. Grundsätzlich sollten Sie sich bei derartigen Situationen immer fragen: Lohnt es sich noch, die Fahrt durchzuführen? Oder ist der Fahrtzweck bereits hinfällig? Bei der Entscheidung können Sie mit in Betracht ziehen, dass sich große Verspätungen oft tendenziell noch etwas aufbauen, insbesondere wenn der verspätete Zug nicht genau in einem Taktabstand von einer Stunde fährt und wenn die Streckenbelegung in der Hauptverkehrszeit ohnehin hoch ist.

      1.4 Hintergründe und Zusammenhänge

      Jedem Eisenbahn-Verkehrs-Unternehmen ist es klar, dass Pünktlichkeit neben der Sicherheit das entscheidende Kernversprechen ist, das es in Form des Fahrplans gegenüber den Fahrgästen abgibt. Ebenfalls ist klar, dass pünktliche und damit zuverlässige Züge dafür sorgen, dass das Image gut ist und somit mehr zahlende Kunden bereit sind, dieses Verkehrsmittel zu nutzen.

      Außerdem bedeuten pünktliche Züge auch zufriedene Mitarbeiter und weniger internen Aufwand, mit den Folgen von Verspätungen klarzukommen. Und nicht zuletzt hat ein hohes Verspätungsniveau im Schienenpersonennahverkehr direkte finanzielle Einbußen zur Folge, denn die Aufgabenträger lassen sich Unpünktlichkeit teuer bezahlen – hier geht es um dreistellige Millionenbeträge pro Jahr.13

      Somit hat jedes Eisenbahn-Verkehrs-Unternehmen eine sehr hohe Motivation, möglichst pünktlich zu fahren.

      1.4.1 Verspätungsursachen

      Die Ursachen für Verspätungen sind sehr vielfältig. Hier nur der Überblick, Näheres dann im Kapitel 13 „Einflüsse auf die Bahn“.

      Bei der S-BAHN NÜRNBERG beispielsweise gibt es eine ungefähre Dreiteilung der Verspätungsursachen:14

      • Ein Drittel der verspäteten Züge kommt deswegen zu spät, weil es mit der INFRASTRUKTUR Probleme gibt: Bauarbeiten oder Stellwerksstörungen sind die Hauptgründe dafür.

      • Bei einem weiteren Drittel sind es WETTEReinflüsse oder MENSCHLICHE EINWIRKUNGEN der unterschiedlichsten Art.

      • Und das letzte Drittel der verspäteten S-Bahnen ist deswegen zu spät, weil das EISENBAHN-VERKEHRS-UNTERNEHMEN Probleme hatte: Das Fahrzeug war defekt oder die Personaleinteilung hat nicht funktioniert15.

      Beim FERNVERKEHR DER DEUTSCHEN BAHN gab es im Jahre 2018 unter anderem folgende Ursachen für Verspätungen:16

      • 18 %: Netz (ohne Signale und Weichen)

      • 12 %: Fahrzeugstörungen

      • 7 %: Störungen an Signalen und Weichen

      • 4 %: Bauarbeiten

      • 2,9 %: Warten auf Anschlusszüge

      Zu den 18 % netzbedingten Ursachen: Dahinter verbergen sich

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