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als er sie dann bekommen hatte, ist dieser Bursche zu seinen Kumpanen gelaufen, die sofort ihr verdammtes Killerboot startklar gemacht haben, um der Sweet Travelling an einer passenden Stelle aufzulauern.«

      Goodnight rieb sich über sein massiges, unrasiertes Kinn. »Meine Güte, das hieße ja …«

      »Dass Cole Ketchum viele Freunde in der Nähe hatte, die nur auf einen günstigen Moment warteten, ihn zu befreien. Und da kam ihnen die Sache mit der Sweet Travelling nur recht.«

      »Aber meine Freundinnen, meine Freunde! Was ist mit denen? Die hatten ja nichts mit dieser Sache zu tun, oder? Brazos, für mich ergibt das überhaupt keinen Sinn.«

      Brazos McCord wandte sich Marylee zu. »Und ob, meine Liebe. Denn darüber wird Marshal Hardesty gewiss auch großzügig geplaudert haben. Schließlich wusste der über euch und eure Kreuzfahrt ins Blaue recht gut Bescheid. Oh, ich möchte nicht wissen, wie viel dieser Fettsack für seine Informationen bekommen hat.«

      »Aha, ich verstehe«, schaltete sich Goodnight nickend ein. »Und je mehr ich darüber nachdenke, desto wahrscheinlicher wird diese Theorie. Denke, Sie haben da vollkommen Recht, McCord.«

      »Es ist nur komisch, dass mir das alles erst später eingefallen ist. Verdammt, hätte schon viel früher darauf kommen müssen.«

      »Wenn deine Vermutungen wirklich stimmen, glaubst du denn allen Ernstes, dass dieser Marshal das alles zugeben würde, Brazos?«

      Brazos McCord erlaubte sich ein hartes Grinsen. »Natürlich, meine Liebe. Das wird er ganz gewiss tun. Zur Hölle, und wie er das tun wird!«

      Marylee sah ihn an wie das Kaninchen einen Wolf. Brazos McCords Gesichtsausdruck unterstrich seine Worte, und sie glaubte ihm jede einzelne Silbe. Ein leichter Schauer lief ihr über den Rücken, und der komische Marshal in Brashear City begann, ihr tatsächlich ein kleines bisschen Leid zu tun.

      11. Kapitel

      Der Regen ebbte langsam ab und ließ nach einer Weile nach. Dunkle Wolken wechselten sich mit der Sonne ab, und schon bald zeigte sich der Himmel wieder in einem gleißend hellen Licht. Nur die Wasserpfützen und der schlammige Boden erinnerten daran, dass vor einigen Stunden noch die Hölle über dem Land getobt hatte. So verließ das Trio also die Höhle, abwechselnd auf dem Rücken des Schecken sitzend, während einer immer vorweg zu Fuß gehen musste. Letzteres übernahmen allerdings nur Brazos oder Bootsmann Goodnight. Sie waren ja schließlich Gentlemen. Die hübsche Marylee ritt weiter und fand das inzwischen deutlich angenehmer als einen Fußmarsch. Das zog sich bis zur Abenddämmerung hin. Dann erreichten sie die ersten Häuser von Stowell, einer kleinen Stadt mitten im Brasadaland von Texas. Sie lag in einer Talsenke, umsäumt von flachen, buschbewachsenen Hügelketten, durch die sich ein kleiner Fluss schlängelte.

      Stowell war eine Stadt, in der zu jener Stunde kaum etwas los zu sein schien. Nur wenige Passanten hielten sich rechts und links der Gehsteige auf, ein paar Müßiggänger lungerten herum, starrten gelangweilt zu den Ankömmlingen herüber.

      Völlig verdreckt kamen sie an, erschöpft, hungrig und höllisch durstig. Aber zu Brazos‘ Erstaunen hatte sich Marylee du Mauret prächtig gehalten. Als sie über die staubige Main Street zogen, blickte Brazos zu ihr auf, und sie lächelte ihm tapfer entgegen. Nichts, aber auch gar nichts erinnerte noch an die verwöhnte, arrogante Lady, die sie einst gewesen war. Sie hatte sich innerhalb rasant kurzer Zeit gewandelt, wie sich ein Mensch nur wandeln konnte. Trotzdem blieb sie für Brazos McCord immer noch ein Buch mit sieben Siegeln.

      Goodnight wies mit ausgestreckten Arm schräg nach rechts. »Da drüben ist ein Saloon. Wenn ich den jetzt nicht ansteure, breche ich mitten auf der Straße zusammen und bin verdurstet. Wenn ihr beiden also nichts dagegen habt, werde ich jetzt dort hineingehen und mir ein mächtiges Bier bestellen. Nachdem Sie Miss du Mauret in einem Hotel untergebracht haben, könnten Sie ja dazu kommen, McCord. Was meinen Sie? Prächtige Idee, oder?«

      Der Bootsmann machte wahrhaftig den mitleiderregenden Eindruck eines Halbverdurstenden, und Brazos bezweifelte, ob ein großes Glas Bier ausreichen würde, um Goodnights Durst zu stillen. Ein ganzer Eimer schien ihm eher angebracht.

      »Wenn Sie sich an Bier halten, spricht nichts dagegen, Goodnight. Aber ich habe noch einen Job und keine Zeit für ein Besäufnis.«

      »Aye, aye!«, kam es von Goodnights Lippen und der hünenhafte Kerl drehte eiligst bei.

      Brazos blickte ihm kopfschüttelnd nach, bis er durch die Schwingtüren im Saloon verschwunden war. Er trat an den Schecken heran und sah zu Marylee auf. »Dich bringe ich jetzt in ein Hotel. Dann kannst du dich in Ruhe frisch machen und zu Abend essen.«

      Sie nickte ihm zu. Aber etwas in ihrem Augenausdruck sagte ihm, dass sie nicht sehr glücklich über seinen Vorschlag war.

      ***

      Es war gewiss alles andere als ein Nobelhotel, in dem Brazos McCord Marylee du Mauret einquartierte. Sie hatte in den letzten Stunden zu spüren bekommen, was es heißt, auf Luxus verzichten zu müssen. Luxus, der in ihrem bisherigen Leben eine wichtige, ja, fast die einzige Rolle gespielt hatte. An der Tür zu ihrem Zimmer blieb sie stehen, sah zu Brazos McCord auf.

      »Wirst du wiederkommen?«, flüsterte sie.

      Brazos versuchte, in ihren Augen zu lesen, dann nickte er. Seltsame Frage, wie er fand und doch nickte er.

      »Wenn du die Banditen suchst, kann ich dann nicht mit dir reiten? Brazos, ich könnte doch …«

      »Nicht mal im Ansatz«, unterbrach Brazos sie.

      Er wollte sich abwenden, aber sie legte ihre Hand auf seine Schulter und zog ihn zurück.

      »Brazos, es gefällt mir nicht, allein zu sein. Allein in einer Stadt, die mir so fremd und unbekannt ist. Ich bin es gewohnt, dass viele Menschen um mich herum sind. Ich brauche das. Versteh mich. Aber ich …«

      Brazos McCord verspürte jetzt keine Lust auf lange Debatten. Er wollte nach Brashear City. So schnell wie möglich. Je mehr Zeit verstrich, desto größer war die Chance, dass Cole Ketchum und diese Verbrecherbande irgendwo untertauchen könnte. Der Gedanke daran behagte ihm nicht. Nun, Marshal Hardesty würde reden, das stand für ihn fest. Und das sollte so schnell wie möglich passieren.

      »Hör zu. Ich werde wiederkommen. Versprochen. Und ich werde deine Freunde mitbringen. Auch das ist versprochen. Aber jetzt will ich gehen. Also lass mich gehen, Marylee!«

      Marylee wollte nicht, versuchte es auf anderen Wegen. Ein Ausdruck legte sich in ihre Augen, sündig wie die Nacht. Mit der Zungenspitze fuhr sie sich vielsagend über die Lippen, und ihre Hand strich an seiner Brust entlang nach unten. Doch diesmal funktionierte es nicht.

      Brazos McCord atmete tief ein und wieder aus. Er ergriff ihre Hand, schob sie sanft beiseite. Ein zaghaftes Lächeln zog sich über seine Lippen. »Nicht jetzt, Lady. Das heben wir uns für später auf. Okay?«

      Sie senkte enttäuscht den Kopf. Seine Rechte umfasste ihr Kinn, hob es sanft empor. Er küsste er Marylees Nasenspitze, wandte sich abrupt ab und ging eiligen Schrittes über den dämmrigen Korridor zur Treppe. Dort angekommen, drehte er sich noch einmal zu ihr um. Marylee stand immer noch vor der Tür. Er konnte ihr Gesicht nicht genau erkennen. Es lag im Schatten verborgen. Aber er war froh darüber. Denn er ahnte, dass Tränen in ihren Augen standen. So hob er noch einmal die Hand zum Abschied und schritt eilig die Treppe nach unten.

      Noch als seine Schritte unten in der Halle verklungen waren, stand Marylee an der Tür. Ja, sie kämpfte mit den Tränen und dachte dabei: Was hätte ich jetzt dafür gegeben, ihn bei mir zu haben, ja, ihn zu spüren! Warum habe ich nur vorher nicht erkannt, was für ein Mann er ist! Oh, Marylee du Mauret, du verwöhnte, versnobte Göre! Was war nur los mit dir, in all diesen nutzlosen Jahren voller Luxus und Oberflächlichkeiten! Oh, ich bete zu Gott, dass du wiederkommen mögest, Brazos McCord! Und mit dir all meine Freundinnen und Freunde. Ja, dafür bete und hoffe ich. Lass mich nicht allein …

      Erst nach diesen

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