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eines Mannes in die Höhle taumeln sah. Erst, als dieser ihm sein völlig erschöpftes Gesicht zuwandte, ließ Brazos den Hahn zurück in die Ruhestellung gleiten.

      Bootsmann Eric Goodnight!

      Das letzte Mal, als Brazos diesen Mann gesehen hatte, war dieser über die Reling der Sweet Travelling ins Wasser gestürzt.

      Ein verzerrtes Grinsen zog sich über Goodnights Gesicht, als auch er Brazos McCord erkannte. Dann sackte er erschöpft in die Knie. Sein massiger Körper stieß gegen die Höhlenwand.

      »Der Ranger! Und Miss Marylee! Gütiger Gott, ich kann‘s kaum glauben!«, kam es keuchend von seinen Lippen, und sein schwerer Körper kippte nach vorn.

      Brazos McCord war schnell genug bei ihm, um ihn rechtzeitig abzufangen, bevor Goodnight mit dem Gesicht auf den harten Boden schlagen konnte.

      ***

      Eine ganze Weile hatte er ein wohltuendes Nickerchen gemacht, was dringend für ihn nötig war, denn er war völlig am Ende seiner Kräfte gewesen. Jetzt öffnete er die Augen und fand sich sitzend an der Felswand wieder. Ein Lagerfeuer brannte. Er spürte die wohlige Wärme der prasselnden Flammen. Bootsmann Goodnight sah sich um. Er entdeckte Brazos und Marylee und blinzelte ihnen zu. Vorhin waren die beiden noch nackt gewesen. Nun steckten sie in ihren Kleidern und blickten erwartungsvoll zu ihm rüber. Eric Goodnight atmete erleichtert auf. Es war also kein Traum, sondern alles Realität gewesen.

      Brazos McCords Stimme drang zu ihm heran: »Alles in Ordnung, Bootsmann?«

      Goodnight richtete sich etwas auf, streckte seine Glieder und schüttelte ein paarmal mit dem Kopf, um seine restliche Benommenheit loszuwerden.

      »Mann, das war ‘ne Tortour, kann ich Ihnen sagen. Ohne Gaul durch die Plains zu marschieren, nichts zu essen, nichts zu trinken. Und als das verdammte Unwetter losbrach, dachte ich schon, ich schaff‘s niemals bis hierher.«

      Brazos zog fragend die Stirn zusammen. »Sie wussten von dieser Höhle?«

      »Na, klar, Mann. Bin ja schließlich in dieser Gegend aufgewachsen. Kenne hier so ziemlich jeden Strauch. Was ist, haben Sie vielleicht ‘nen Schluck Whiskey für einen mächtig zerschundenen Seebären übrig?«

      Brazos hob entschuldigend die Schultern. »Bedaure. Nicht mal Kaffee. Nur Wasser, das ich mir von draußen in den Hut schöpfen musste. Woll‘n Sie welches?«

      Goodnight lachte kehlig und winkte ab. »Wasser hatte ich vorhin in Hülle und Fülle, Freund. Davon ist mein Bedarf gedeckt. Gründlich, kann ich Ihnen sagen.« Er wurde ernst. »Wir können von Glück sagen, dass wir diesen verdammten Überfall auf das Schiff überlebt haben. Käpt‘n Biggelow und der Rest der Crew hatten dieses nicht. Diese Bastarde tauchten auf wie aus dem Nebel, fingen sofort an zu feuern. Diese verfluchten Hunde.«

      »Irgendeine Vermutung, Bootsmann?«

      Goodnight zuckte mit den Schultern. »Hab mir mächtig meinen Kopf darüber zermartert, Ranger. Nun, ich denke, dass man hauptsächlich auf die Mädchen scharf gewesen ist, die an Bord waren. In der Gegend treiben sich öfter Banden ‘rum, die Jagd auf hübsche Mädchen machen, um sie dann irgendwo an irgendwelche Bordellbesitzer zu verschachern. Gibt welche, die ‘nen Haufen Kohle dafür springen lassen. Deshalb bin ich überrascht, Sie hier in der Höhle zu sehen, Miss du Mauret. Zusammen mit unserem Texas-Ranger hier.«

      Als Marylee berichtete, wie es dazu kam, weshalb sie sich ausgerechnet hier und nicht bei ihren offensichtlich verschleppten Freunden und Freundinnen aufhielt, staunte Goodnight nicht schlecht. Er blickte zum Schecken herüber, so, als würde er eine Bestätigung bei dem Tier suchen. Doch der Rappe warf nur kurz den Kopf zur Seite, schnaubte und tat, als würde ihn die Gesellschaft am Feuer nicht die Bohne interessieren.

      Goodnight wandte sich an Marylee. Sein Kommentar hätte ebenso gut aus Brazos McCords Munde stammen können, als er sagte: »Teufel, Teufel, Ma‘am. Das hätte ich Ihnen so ja gar nicht zugetraut. Meinen größten Respekt. Alle Achtung.«

      Marylee lächelte ihm etwas gequält entgegen. »Ich nehme an, dass Ihre Worte ein Kompliment darstellen sollten, Bootsmann Goodnight?«

      »Darauf können Sie einen …«, rechtzeitig bemerkte er den Ansatz seiner vulgären Ausdrucksweise, räusperte sich kräftig und fügte schnell hinzu: »Selbstverständlich, Miss Marylee. Auf jeden Fall.«

      Brazos konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Dieser Bootsmann war ganz nach seinem Geschmack. Marylee hingegen warf Brazos einen scharfen Blick zu, der Goodnight natürlich nicht entging, und den der Bootsmann folgerichtig auffasste. Genauso wie das, was vor seinem Erscheinen in der Höhle passiert sein musste. Aber über das schwieg er sich natürlich beharrlich aus. Brazos‘ Stimme riss ihn aus seinen Gedanken heraus: »Wie kommt es, dass Sie sich retten konnten? Das letzte, was ich von Ihnen zu sehen bekommen hatte, war, dass Sie in dem Handgemenge über die Reling ins Wasser geflogen sind.«

      Goodnight nickte grimmig. »Ja, ich hatte Glück. Mächtiges Glück. Ich weiß nur, dass ich irgendwie im Wasser aufgewacht bin, zwischen ein paar verdammten Wrackteilen. Irgendeine dieser Schmeißfliegen muss mich von der Reling gehievt haben. Konnte nur noch das Boot dieser Dreckskerle von hinten sehen, während die Sweet Travelling langsam auf Grund ging. Dann habe ich mich auf einem dieser Wrackteile ans Ufer treiben lassen. Für die Sweet Travelling konnte ich nichts mehr tun. Und für meine Kameraden …« Goodnight schüttelte bitter den Kopf und hob drohend die Faust. »Aber so ein Boot hinterlässt Spuren, Mister. Und ich werde nicht eher ruh‘n, bis ich die Kerle in die Finger kriege. Und dann Gnade ihnen Gott. Keiner schießt mir ein Schiff ungestraft unterm Hintern weg, auf dem ich Bootsmann bin! Und was den Käpt‘n betrifft; ‘nen besseren gibt’s nicht mehr. Jawohl, Sir, ich werde mir jeden einzelnen Skalp dieser dreckigen Mörder holen! So wahr ich Eric Goodnight heiße.«

      Brazos warf ein Stück Holz ins Feuer und grinste in Goodnights Richtung. »Damit wären wir schon zwei, Goodnight. Ich bin mächtig froh, dass Ihnen nichts weiter passiert ist, als die paar Striemen, die ich in Ihrem Gesicht erkennen kann.«

      »Na, den Spruch gebe ich Ihnen gern zurück, Ranger. Gilt natürlich auch für Sie, Miss Marylee. Schon eine Idee, wie‘s weitergehen soll, McCord? Das war doch Ihr Name, wenn ich mich recht erinnere, oder?«

      Brazos McCord nickte. »Ganz Recht, Bootsmann. Nun, sobald der Regen da draußen etwas nachgelassen hat, sollten wir uns schnellstmöglich auf den Weg nach Stowell machen, Miss du Mauret in ein Hotel einquartieren und schleunigst die Behörden informieren. Und dann will ich mich auf die Fährte der Mörderbande heften. Schließlich ist mir der gute Cole Ketchum unter der Nase weggeklaut worden. So was kann ich schlecht verdauen. Den Kerl will ich wiederhaben und dabei versuchen, an Marylees Freunde heranzukommen. Wenn Sie mitkommen wollen, Bootsmann, besorgen Sie sich in Stowell ein Pferd, Waffen und genügend Munition. Hoffe nur, Sie können reiten und mit ‘nem Schießprügel umgehen.«

      »Mann, wollen Sie mich auf die Rolle nehmen? Ich sagte doch bereits, ich bin hier aufgewachsen. Aber sagen Sie mal … Ihr Sprüchlein klingt in meinen Ohren, als wüssten Sie schon jetzt, wohin Sie auf Kriegspfad gehen wollen, eh?«

      »Nicht genau, mein Lieber. Aber ich habe nachgedacht und ein paar Vermutungen.«

      »Na, die wären?«

      »Nun, Goodnight, der Weg führt zurück nach Brashear City, so, wie‘s für mich aussieht aussieht. Es ist seltsam, habe lange gebraucht, doch dann ging mir ein Licht auf. Der feine Marshal Hardesty dort ist nicht ganz sauber, hängt in der Sache mit drin. Anders kann‘s für mich nicht sein.«

      Goodnight stutzte. »Der Marshal? Dieser Hardesty? Mann, wie kommen Sie denn da drauf? Mir schien, dass der Bursche heilfroh war, seinen Gefangenen an Sie übergeben zu haben. So, wie der aussah.«

      Brazos schüttelte den Kopf. »Alles nur Gehabe, mein Freund. Es war Hardestys Idee gewesen, die Reise mit der Sweet Travelling anzutreten, Goodnight. Und als der Kapitän sein Einverständnis gab, war für den Marshal die Sache geritzt.« Brazos McCord hieb mit der Faust in die rechte Handfläche.

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