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„Anfangs“) erscheint, d. h. er hat sich noch nicht als frei und als objektiv bestimmende Intelligenz gesetzt, sondern er ist lediglich ein praktisches Gefühl. Als ein solches hat er nur einen einzelnen Inhalt, ist selbst unmittelbarer, „natürlicher“, einzelner, subjektiver Wille, der sich zwar als objektiv bestimmend fühlt, aber noch nicht von der Form der Subjektivität befreit ist und dem der wahrhaft objektive, an und für sich allgemeine Inhalt (z. B. eine freiheitliche Verfassungsordnung) noch fehlt. Zur Idee der Freiheit gehört aber, dass der Wille seinen Begriff, nämlich die Freiheit, selber zu seinem Inhalt oder Zweck macht. Dem in diesem Sinne „vernünftigen Willen“ gehen, neben dem natürlichen Willen, noch der „reflektierende Wille“ und die „Glückseligkeit“ voraus. Schließt der reflektierende Wille die Wahl des denkenden Subjekts zwischen Trieben und Neigungen ein, so werden diese vom Subjekt der Glückseligkeit untergeordnet, und dabei Prioritäten gesetzt. Das rational handelnde Willenssubjekt erstrebt auf diese Weise einen möglichst hohen Grad an Befriedigung. Sowohl das unbestimmte Allgemeine, wie es die Glückseligkeit darstellt, als auch die unmittelbare Besonderheit der Triebe und Neigungen und die abstrakte Einzelheit der Willkür (der reflektierten Willensbestimmung) sind in ihrer gegenseitigen Äußerlichkeit etwas Unwahres und münden deshalb in das konkret Allgemeine, d. h. den Willen ein, der den Begriff der Freiheit will und das Ziel der Entwicklung des praktischen Geistes darstellt.

       3. Der freie Geist

      Auf dieser dritten Stufe des Geistes oder der Psychologie ist der Wille der freie Geist. Dieser „wirklich freie Wille“ (Hegel) ist, ihm zufolge, die Einheit des theoretischen und des praktischen Geistes; es ist der Wille, der für sich als freier Wille ist, indem er die Zufälligkeit und Beschränktheit des bisherigen praktischen Inhalts aufgehoben hat. Auf diese Weise ist die bloß formale Selbstbestimmung des Einzelnen zum vernünftigen Willen geworden. Dieser ist nach Hegel an sich die Idee (der Freiheit), die aber als solche nur im Willen des Einzelnen existiert und dort das Dasein der Vernunft ist; sie ist der einzelne Wille, der um seine Bestimmung weiß, die seinen Inhalt und Zweck ausmacht und für die er tätig ist. Die Idee der Freiheit erscheint also nur im endlichen Willen des Einzelnen, aber dessen Tätigkeit hat zum (eigentlichen) Zweck, die Idee zu entwickeln und ihren sich entfaltenden Inhalt als ihr Dasein, ihre Wirklichkeit, zu setzen. Diese ist nach Hegel der objektive Geist, nämlich das Recht, die Moralität und die Sittlichkeit: die Familie, die bürgerliche Gesellschaft und der moderne Staat.

      Versucht man Hegels Denken einzuordnen, so bietet sich, weil in ihm der Geist das Absolute ist, die Bezeichnung „Spiritualismus“ an. Diesem gegenüber stehen die Denktraditionen des „Materialismus“, in dem die Materie und des „Historischen Materialismus“, in dem die Produktionsweise das Absolute ist. Doch diesen Traditionen steht der „methodologische Skeptizismus“, z. B. des Soziologen Max Weber, gegenüber, der zwar die Fruchtbarkeit sowohl des „Spiritualismus“ als auch des „Historischen Materialismus“ für die Betrachtung der Menschenwelt betont, aber dem Anspruch dieser Paradigmen, das Absolute erkannt zu haben, nicht folgt. Aber auch gegen den „methodologische Skeptizismus“ lassen sich Einwände erheben, doch eine solche Debatte ist nicht Gegenstand dieser Studie.

      1Inschrift am Apollontempel in Delphi und Spruch des Weisen Chilon. Philosophisches Wörterbuch, begründet von Heinrich Schmidt, 14. Aufl., hrsg. v. Georgi Schischkoff, Stuttgart 1957, S. 146.

      2„Sich selbst erkennen also, kein Wort kann wärmer und spannender sein. Und nichts anderes wird von Hegel gedacht, gelehrt auf unübliche, nämlich uneitle, sehr weit umfassende Weise. Das Selbst ist hier nie das einzelne Ich, doch es ist menschlich; schlechthin uns Äußeres und äußerlich Bleibendes wird bei Hegel nicht gut behandelt. Ebensowenig also das Äußere und Zufällige an Ichen, jenes mehr oder minder eitel erscheinende Sosein, das nicht mit Selbersein verwechselt werden soll.“ Ernst Bloch, Subjekt-Objekt, Berlin 1952, S. 33.

      3Für Hegel geht es darum, das natürliche Bewusstsein zur Wissenschaft zu erheben, und dieses Tun ist, so Erwin Metzke, deshalb nichts, was der Wissenschaft äußerlich wäre, es gehört vielmehr zum Werden und Wesen der Wissenschaft selbst. Wissenschaft sei für den deutschen Idealismus nicht Einzelwissenschaft, sondern eigentliche und wesentliche Form systematischen Wissens. Ein solches Wissen trägt die Bezeichnung „Philosophie“. Ders., Hegels Vorreden, mit Kommentar zur Einführung in seine Philosophie, Phänomenologie u. Logik (1. Ausg.), 3. Aufl., Heidelberg 1970, S. 175 bzw. 215.

      4Hegel spricht hier von der Verstandes- im Unterschied von der Vernunftwissenschaft, die für ihn die Philosophie ist. „Das Denken als Verstand bleibt bei der festen Bestimmtheit und der Unterschiedenheit derselben gegen andere stehen …“ (Hegel), zitiert v. E. Metzke, ebenda, Logik (1. Ausg.), S. 216.

      5Jeder Autor, der versucht, nur einen Aspekt der Hegelschen Philosophie zu behandeln, müsse sich, so Shlomo Avineri, bewusst sein, dass er fast zwangsläufig einen der beiden folgenden Fehler begehen wird. Versuche er, ausführlich den Zusammenhang zwischen Hegels politischem Denken (der Gegenstand in Avineris Buch) und seinem allgemeinen philosophischen System aufzuzeigen, so werde er sich bald in einer Darlegung dieses Systems verstrickt sehen, ohne jemals zu Hegels politischer Theorie zu gelangen. Oder versuche er das allgemeine System in einem knappen und gedrängten einleitenden Kapitel wiederzugeben, so würde er es wegen seiner Kürze eher verdunkeln als erhellen. Ders., Hegels Theorie des modernen Staates, Frankfurt a. M. 1976, S. 9. Der Verfasser dieser Studie, die sich speziell mit Hegels Theorie des subjektiven Geistes beschäftigt, versucht dieses Problem zu umgehen, indem er sich eng an dem ihm vorliegenden Text entlang arbeitet, in dem Hegel über seine Darstellung des subjektiven Geistes hinaus eine Fülle von Hinweisen zu den Kerngedanken seines Systems gibt.

      6Brief an seinen Vater von 1837, in: Marx/Engels Werke, Ergänzungsband 1. Teil, Berlin 1968, S. 8. Dazu auch Th. W. Adorno: „Die Widerstände, welche die großen systematischen Werke Hegels, zumal die Wissenschaft der Logik, dem Verständnis entgegensetzen, sind qualitativ verschieden von denen, die andere verrufene Texte bereiten. Aufgabe ist nicht einfach, durch genaue Betrachtung des Wortlauts und durchdenkende Anstrengung eines zweifelsfrei vorhandenen Sinnes sich zu versichern. Sondern in vielen Partien ist der Sinn selbst ungewiß, und keine hermeneutische Kunst hat ihn bis heute fraglos etabliert; ohnehin gibt es keine Hegel Philologie, keine zureichende Textkritik.“ Ders., Skoteinos oder Wie zu lesen sei, in: Ders., Drei Studien zu Hegel, Frankfurt a. M. 1963, S. 107.

      7Dazu auch die Erläuterung zu einigen Grundbegriffen der Philosophie Hegels im Anhang.

      8Als neuere Beiträge seien Hermann Drüe: Die Philosophie des Geistes, in: Ders. u. a., Hegels „Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften“ (1830), Frankfurt a. M. 2000, S. 206 ff. und Alan M. Olson, HEGEL and the Spirit, Princeton 1992 genannt.

      9Charles Taylor bringt das Problem, vor dem der Verfasser steht, auf den Punkt: „Das Unternehmen kann leicht auf zwei verschiedene Weisen schiefgehen: Entweder konzipiert man die Darstellung so, dass sie am Ende einen außerordentlich klaren, vernünftigen und verständigen Eindruck hinterlässt - aber um den Preis einer Entstellung oder „Zurechtrückung“ Hegels; oder man beschließt, sich getreu an den Text zu halten - aber dabei unverständlich zu bleiben, so dass sich der Leser schließlich mit Erleichterung an das Hegel-Original wenden wird, um den Kommentar zu verstehen“. Ders., Hegel, Vorwort, Frankfurt a. M. 1978 (übersetzt v. Gerhard Fehn).

      10Es handelt sich um die Erste Abteilung der „Philosophie des Geistes“, den „subjektiven Geist“, aus der „Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1830)“, Dritter Teil, Die Philosophie des Geistes, mit den mündlichen Zusätzen, G. W. F. Hegel, Werke in zwanzig Bänden, Bd. 10, Frankfurt a. M. 1970.

      11„Meine Hauptthese ist, daß Hegel sich dabei als ein Philosoph erweist, der klar die Errungenschaften und Grenzen des modernen Zeitalters sieht.“ S. Avineri, Hegels Theorie des modernen Staates, a. a. O., S. 10. Und an anderer Stelle steht: „In diesem Sinne (Avineri verweist

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