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Wann würde er das endlich wieder dürfen?

      Er nahm den beiden Bauern die Werkzeuge ab und legte sie fast liebevoll auf den Karren, der sich allmählich mit nützlichen Dingen füllte. Eben wuchtete Juan Diego einen prall gefüllten Sack auf seinen Rücken. Die Maiskörner rieben gegeneinander. Jetzt brauchten sie nur noch ein Fleckchen Land, in das sie das Saatgut streuen konnten.

      Juan Diego warf den Sack auf den Karren und zwinkerte Bolo Montana zu. Es klappte heute ausgezeichnet. Sie hatten in den vergangenen Tagen eine Menge gelernt, und es war ein eigenartiges Gefühl, dass es jetzt einmal die anderen waren, die zitterten und Angst hatten. Doch in diesem Gefühl lag kein Triumph.

      Die Straßen waren wie leergefegt, seit die Mexikaner wie ein Unwetter über den Ort hereingebrochen waren. Die wilde Schar verbreitete Schrecken, so dass sogar der Wachtposten vor dem Gefängnis es vorgezogen hatte, nicht die Aufmerksamkeit der vermeintlichen Banditen zu erregen und eiligst weggelaufen war. Die Leute von Cabeza Prieta waren keine Helden. Das brauchten sie auch nicht zu sein, denn normalerweise geschah in dem Nest nichts, was Entschlossenheit und Waffengewalt erfordert hätten.

      Sogar Tom Erdoes verwandte mehr Zeit auf seinen Beruf als Zimmermann als auf seine Marshal-Tätigkeit. Er wirkte eher wie der Wirt einer Bodega als wie ein grimmiger Gesetzeshüter. Sein gutmütiges Gesicht unter der Halbglatze und der beträchtliche Bauchansatz, der ihn zu wenig respektgebietenden Beinkleidern zwang, ließen keinen Kämpfer in ihm erwarten.

      Und der war er auch nicht. Trotzdem wusste er, was er dem Stern an seiner Brust schuldig war. In seinen spärlichen Haaren hingen noch die Sägespäne von der Arbeit, als er über die knochenharte Plaza eilte. Der ungewohnte Lärm, mit dem die Fremden in die Häuser eindrangen, das Schreien und Poltern hatten ihn auf den Plan gerufen. Mit einem erleichterten Blick stellte er fest, dass es sich anscheinend nur um ein paar abgerissene Mexikaner handelte, denen vermutlich der Pulque in den Schädel gestiegen war. Jetzt gebärdeten sie sich allerdings wie die Eroberer unter Cortes.

      Während des Laufens schnallte er seinen Revolvergurt um. Dabei schrie und brüllte er so kraftvoll, dass er erwartete, allein durch seinen Auftritt die Campesinos in eine heillose Flucht schlagen zu können.

      Doch Carlo Janos und seine Männer befanden sich wie in einem Rausch. Sie ließen sich durch einen einzelnen Mann nicht einschüchtern. Und als Tom Erdoes es gar wagte, seinen Revolver Bolo Montana drohend unter die Nase zu halten und die sofortige Rückgabe des gestohlenen Gutes zu fordern, warf sich Juan Diego von hinten mit einem zornigen Aufschrei auf den wackeren Marshal und streckte ihn mit einem wuchtigen Hieb seines Knüppels nieder.

      Bolo Montana stellte sich schützend vor die Spaten und das Saatgut und ließ mit finsterem Gesichtsausdruck erkennen, dass er diese Beute verteidigen würde. Notfalls wollte auch er mit seinem Prügel dazwischenfahren.

      Doch das war nicht mehr nötig. Tom Erdoes lag zusammengekrümmt auf dem Boden und rührte sich nicht mehr. Ein paar Männer, die sich noch einen Rest Mut bewahrt hatten und ihrem Marshal zu Hilfe eilen wollten, wurden von den mexikanischen Bauern gebührend empfangen. Sie zogen sich hastig in ihre Häuser zurück und versuchten, ein Eindringen der Banditen zu verhindern.

      Die entfesselten Campesinos brachen jeden Widerstand. Sie trieben ihre erbeuteten Maultiere ein Stück in das Städtchen hinein, damit sie das Geschirr und die gewebten Tücher nicht soweit zu tragen brauchten. Mit abschätzenden Blicken beurteilten sie die Häuser und entschieden sich für jene, in denen etwas zu holen war.

      Dem kleinen Adobe-Gefängnis schenkten sie dabei keine Beachtung. Dort gab es nichts, was für sie von Wert gewesen wäre. Juan Diego erinnerte sich an den Kerker, in dem er gesessen hatte. Das waren andere Mauern gewesen als diese vergleichsweise harmlosen Lehmziegel. Er ahnte nicht, dass sich hinter diesen Wänden ein paar Männer aufhielten, die ihnen wesentlich mehr Interesse entgegenbrachten. Fünf wenig vertrauenserweckende Gesichter drängten sich hinter dem vergitterten Fenster, wobei ein Leuchten über diese Visagen ging, als Marshal Erdoes den Knüppel schmecken musste.

      „Warum schlagt ihr ihn nicht tot?“, zischte der jüngste der Burschen enttäuscht. Er war hager und ging so krumm wie ein Greis, obwohl er gerade erst zweiundzwanzig war.

      Al Burn stand neben ihm. Er massierte unaufhörlich seine schlanken Hände. Seine größte Sorge schien zu sein, dass er in dem schäbigen Gefängnis keine Möglichkeit fand, sein Äußeres in Schuss zu halten.

      „Der kriegt schon noch seine Strafe, Fred“, sagte er und grinste gemein. „Er hat uns nicht umsonst eingebunkert.“

      Henry Carter, ein Kerl mit einer Habichtsnase und tortillagroßen Händen, die zu seiner schlanken Gestalt so gut passten wie ein Gatling Gewehr in die Arme einer Muchacha, beobachtete gespannt die Mexikaner, die unablässig den Maultierkarren mit Beutestücken beluden.

      „Die Burschen sind uns nicht fremd“, sagte er nachdenklich.

      Maxwell Hook gab ihm recht.

      „Vor ein paar Tagen, als sie von Mexiko über die Grenze flohen, schienen sie wesentlich hilfloser zu sein als jetzt.“

      Jetzt dämmerte es auch Henry Carter.

      „Stimmt! Wir haben sie beobachtet und dabei den verdammten Sheriff mit seinen Leuten überhört, die uns so schnell überrumpelten, dass wir nicht mal mehr Zeit für einen kräftigen Fluch hatten.“

      Jetzt glaubte auch der fünfte der Gruppe, seinen Kommentar dazugeben zu müssen. Er sah ziemlich verwildert aus, aber das störte ihn offenbar nicht. Sein verfilztes, schwarzes Haar ging in einen struppigen Vollbart über und bedeckte den größten Teil seines Gesichtes, was durchaus kein Nachteil war.

      „Demnach sind die Mexe schuld, dass wir hier hocken müssen“, brummte er und kicherte idiotisch.

      „Da hast du gar nicht so unrecht, John“, erwiderte Maxwell Hook. „Deshalb ist es ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit, dafür zu sorgen, dass wir unser unfreiwilliges Hotel auch wieder verlassen können.“

      Dieser Gedankenflug war für John Millis zu hoch. Er konnte gerade so weit denken, um seinem Zeigefinger den Befehl zu geben, den Abzugshebel zu betätigen. Alles andere besorgte Maxwell Hook für ihn. Wozu war er schließlich der Boss? Bevor es ihm noch gelang, eine Frage zu formulieren, erklärte der athletische Mann, der mit seiner dichten Körperbehaarung und den ungewöhnlich langen Armen wie ein Affe wirkte: „Ich habe keine Lust zu warten, bis Sheriff Brookson erscheint, um uns abzuholen.“

      Nach dem aufgeregten Gemurmel zu schließen, hatten auch seine Kumpane keine Lust dazu.

      „Der hat bestimmt ein Jail, das besser bewacht wird als dieses hier“, sagte Fred Steel.

      „Eben! Und es ist wahrscheinlich auch nicht so leicht zu knacken.“

      Al Burn verstand als Erster.

      „Du bist ein verrückter Hund, Maxwell“, sagte er anerkennend. „Du willst also hier raus?“

      „Jedenfalls habe ich nicht die Absicht, abzuwarten, bis die tapferen Leute dieses Kaffs ihren Marshal wieder gesundgepflegt haben.“

      „Aber man wird uns nicht rauslassen“, sagte John Millis und wühlte verbissen in seinem Bart.

      „Unsere mexikanischen Freunde werden uns dabei helfen.“

      „Helfen?“

      Henry Carter tippte sich gegen die Stirn. Manchmal war John aber auch zu begriffsstutzig. Zum Glück hatte er andere Qualitäten, die er besonders dann zeigte, wenn überdurchschnittliche Rücksichtslosigkeit und Brutalität verlangt wurden.

      „Das ist doch klar“, erklärte er. „Diese Bauernlümmel sorgen für genügend Aufregung und Durcheinander. Außerdem vollführen sie einen Lärm, dass es keinem auffallen wird, wenn es auch in unserer Ecke ein bisschen lebendig wird.“

      „Weißt du denn, wo der Schlüssel ist?“ John Millis ließ keine Gelegenheit aus, seine geistige Harmlosigkeit unter Beweis zu stellen. Henry Carter hielt ihm seine riesigen Fleischhauerhände

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