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Das muss doch auch anders gehen. Bettina Ramm
Читать онлайн.Название Das muss doch auch anders gehen
Год выпуска 0
isbn 9783347008366
Автор произведения Bettina Ramm
Жанр Здоровье
Издательство Readbox publishing GmbH
Ich hörte auf, Lebensmitteln so viel Macht über mich zu geben, und mich und meine Familie nach fremden Vorgaben zu beschränken.
Das alleine half aber nicht, die Stressspirale zu durchbrechen. Im Gegenteil. Denn je mehr ich begriff, dass Stress der Auslöser war, desto größer wurden meine Schuldgefühle. Ich schämte mich, dass ich mich während der Schwangerschaft und danach so gegängelt hatte, dass ich mich nicht geschont hatte, dass ich mich so antrieb, dass ich mich zur Lebensmitteldiät hatte überreden lassen. Und dann gab ich mir die Schuld, dass ich nicht aus dem Stress heraus kam.
Ich habe über 10 Jahre nach einem Ausweg aus dem Stress gesucht. Habe es mit Yoga probiert, damit, weniger zu arbeiten oder länger zu schlafen. Nichts hat wirklich funktioniert.
Stress ist eine Reaktion auf eine Situation, die eine besondere körperliche oder mentale Herausforderung für uns darstellt. Stress bedeutet, dass unser Körper sich auf Flucht oder Kampf vorbereitet.
Viele Menschen sind im permanenten Flucht-oder-Kampf-Modus, und zwar so sehr, dass sie es selbst gar nicht mehr merken, weil es so normal für sie ist. Sie spüren es lediglich daran, dass sie abends nicht einschlafen können oder mitten in der Nacht aufwachen und nicht mehr zur Ruhe kommen. Oder daran, dass sie bei Kleinigkeiten an die Decke gehen. Oder an stressbedingten Krankheiten, wie z. B. Hautausschlägen.
Vor Kurzem habe ich einen sehr erfolgreichen amerikanischen Coach, der sogenannte „High Performer“ begleitet, sagen hören, dass Stress zu einem gewissen Level normal ist, wenn wir ein bewegtes Leben haben.
Er ist ein sehr erfolgreicher Coach. Er muss es ja wissen. Oder?
Ich sehe, dass viele Menschen derselben Meinung sind. Manche glauben gar, Stress sei ein Ausdruck eines erfolgreichen Lebens, eine Art notwendiges Symptom, an dem sie erkennen können, dass sie es „geschafft“ haben. Sie sind stolz auf ihr Stresslevel, und darauf, dass sie „Stress-Management“ betreiben.
Stress ist normal – und gesellschaftsfähig – geworden. Jeder hat ihn. Er lässt sich schließlich nicht vermeiden.
Ich bin da komplett anderer Meinung. Stress gehört nicht zwangsläufig zu einem erfolgreichen Leben dazu4. Und Stress kann und braucht man auch nicht managen.
Stress macht krank, mindestens 90% aller Krankheiten sind vorrangig stressbedingt. Mehr noch: Wer gestresst ist, trifft schlechtere Entscheidungen, macht mehr Fehler, ist weniger aufmerksam und weniger liebevoll seinen Mitmenschen gegenüber.
In einem Buch über „Stress-Management“ fand ich eine Aussage darüber, dass ein gewisses Maß an Stress uns am Leben erhält. Ohne diesen Stress würden wir kraftlos zusammensacken und keinerlei Ambitionen mehr haben. Diesem Buch zufolge müssten wir einfach nur „unser“ Maß an Stress finden, mit dem wir uns wohl fühlen.
Ich halte das für absoluten Unsinn. Es gibt keinen positiven Stress. Es gibt keinen „guten“ Stress, der uns am Leben erhält und performen lässt.
An Stress gibt es nichts Gutes – es sei denn, du befindest dich wirklich in einer Situation, in der es auf schnelle Reaktionen ankommt, ohne viel Denken. Denn dafür hat das Leben den Stress erfunden. Wenn dir im Wald ein Wildschwein mit Jungen begegnet, dann willst du nicht lange Pro und Kontra abwägen, dann willst du, dass dein Körper funktioniert – und zwar ohne dein bewusstes Zutun.
Egal wie erfolgreich du bist, mit wie viel Geld du agierst, wie viele Mitarbeiter du führst, für welche Geschäfte du verantwortlich bist – Stress ist kein notwendiges Übel. Mehr noch, ich behaupte, er ist es nicht, der dich erfolgreich werden ließ. Du bist trotz Stress erfolgreich geworden, nicht wegen ihm.
Ich glaube, dass es da ein großes Missverständnis gibt, das dafür sorgt, dass viele Menschen Stress für normal und schick halten.
Ich vermute, wenn Wissenschaftler vom sogenannten positiven Stress sprechen, meinen sie eigentlich die Freude. Oberflächlich betrachtet sind manche körperlichen Symptome ähnlich. Doch Freude hat im Körper völlig andere Auswirkungen, macht uns gesund statt krank, lässt uns vor Energie vibrieren, regt unsere Kreativität an.
Freude lässt uns den Hintern von ganz allein aus dem Sofa hieven, und enorme Anstrengungen auf uns nehmen, meist sogar, ohne dass wir sie wirklich spüren. Denke an die Menschen, die freiwillig Wüsten durchqueren, Tiefseetauchen oder den Himalaya besteigen. Sie tun das nicht, weil sie es müssen, sondern weil sie Freude daran haben. Weil sie Erfüllung darin finden. Freude aktiviert große innere Reserven und schenkt uns manchmal sogar übermenschliche Kräfte.
Leider kennen viele Menschen wahre Freude gar nicht. Sie wird oft mit Spaß verwechselt. Doch Spaß ist oberflächlich und kurzfristig, während Freude tief geht und uns lange mit Energie versorgt.
Freude entsteht, wenn wir ohne Druck Neues ausprobieren, experimentieren, kreieren, wenn wir tun, wohin der Tag uns treibt. Wir erlauben uns das nicht, schließlich ist das Leben eine ernsthafte Angelegenheit! Das sorglose Sich-Treiben-Lassen ist nach Ansicht der meisten Menschen den Kindern (und vielleicht noch den Rentnern) vorbehalten.
Doch Freude ist nicht nur gesund, sie macht das Leben erst richtig lebenswert. Und wie bereits gesagt, sie steht dem Erfolg nicht im Weg, wie oftmals angenommen wird, im Gegenteil. Ich glaube, wenn wir die Freude in uns finden und aktivieren und ihr wieder mehr vertrauen und folgen, werden wir eine ganz neue, leichte Art von Erfolg finden.
Erkenne Stress und lass ihn los
„The mind works further ike a projector than like a camera. “5
Michael Neill
Schon lange trug ich diese Vermutung in mir: Was mich stresst, ist nahezu nie das, was um mich herum geschieht, sondern fast immer nur ich selbst. All mein Stress ist sozusagen „hausgemacht“.
Doch ich konnte das nie so richtig fassen. Was genau bedeutete das denn, und wie konnte ich es ändern? Ich hatte es erkannt, und fühlte mich dennoch gestresst.
Als ich auf das Inner-Game Prinzip von Timothy W. Gallwey stieß, verstand ich erstmals wirklich, wie Stress entsteht. Es sind unsere Gedanken, die uns unter Druck setzen, uns Stress machen, uns antreiben, klein halten und vieles mehr. Mehr noch: Diese Gedanken machen uns nicht nur Stress, sie verhindern auch, dass wir unsere wertvollste innere Ressource voll nutzen – unsere innere Weisheit6.
Gallwey schreibt dazu: „Das Problem beim Tennis – und, wie ich bald erkannte, im Leben – war, dass Selbst 1 wie ein Billigcomputer war, aber bestimmen wollte, was geschah, und dabei einen milliardenteuren Zentralrechner, Selbst 2, behinderte.“.
Selbst 1 ist dabei unser innerer Antreiber, unser Stressmacher, die Gedanken, die uns pausenlos erzählen, dass wir noch nicht gut genug sind, während Selbst 2 unsere innere Weisheit ist.
Wenn wir unseren Stressmacher zur Ruhe bringen, haben wir also nicht nur weniger Stress. Wir erhalten auch Zugriff auf eine unendliche Quelle von Genialität, Kreativität und Klarheit.
Wenn du Stress spürst, ist das immer ein sehr sicheres Zeichen dafür, dass du stressige Gedanken denkst. Stress entsteht so gut wie nie im Außen (es sei denn, es steht wirklich gerade ein Wildschwein mit Jungen vor dir), sondern fast immer in uns selbst.
Er entsteht aus der Angst oder den Schuldgefühlen, die mit unseren Gedanken einher gehen.
Wenn du z. B. sehr viele Akten auf deinem Schreibtisch liegen hast, die bis heute Abend durchgearbeitet sein müssen, wirst du vielleicht gestresst sein. Dein Puls rast, auf deiner Stirn sind Schweißperlen, deine Hände schwitzen, deine Gedanken rasen. Auf den ersten Blick ist das normal. Aber ist es das wirklich?
Wird etwas normal, nur weil 99% der Bevölkerung es so leben? Oder anders gefragt: Ist das, was wir als normal bezeichnen, wirklich gut und richtig? Entspricht es unserer wahren Natur?
Schauen wir es einmal genauer an. Da liegen die Akten auf dem Tisch. Sie tun dir nichts, sie sind kein Wildschwein. Sie können nicht die