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für das Kurvenfahren. Es war eine herrliche Zeit, wenn wir am Wochenende Richtung Ahr oder Mosel und sogar bis an den Rhein gelangten. Wenn ich bedenke, wie schön sich das kleine Flüsschen Ahr von der Quelle in einem Keller bei Blankenheim in verschiedenen Himmelsrichtungen durch Auen und an Straßen entlangwindet, bei Altenahr dem Betrachter ihre große Schleife anbietet, waren wir auch entzückt, dieses klare Wasser auf den schmalen Straßen entlang der schroffen Felshänge zu begleiten.

      Auf solchen Touren war Alkohol kein Thema. Die Fahrer mussten ja sicher und unfallfrei wieder auf dem Berg ankommen und unbedingt den Führerschein behalten.

      Karl durfte sich irgendwann als stolzer Besitzer eines Ford Taunus betrachten. Das zweifarbige Gefährt glich einer schaukelnden Badewanne mit „runden Ecken“. Seine 250er BMW mochte er gern eintauschen, um bei schlechter Witterung oder im Winter trocken und im geheizten Automobil sitzen zu können. Ein BMW befuhr bereits damals schon unsere Straßen. Egal welches Wetter herrschte, wir genossen den Abend. In Belgien, nicht weit von Losheimergraben entfernt, entdeckten wir irgendwann in einem waldreichen Gebiet und nach vielen scharfen Kurven in einem Seitental eine Ansammlung von Häusern.

      Ein Bericht über das belgische Dorf wäre eigentlich unbedeutend, wäre dort nicht eine ausgesprochen hübsche Gastwirtstochter in der Gaststätte der Eltern wie eine Fee hinter dem Tresen erschienen. Eine außergewöhnliche natürliche Gabe besaß sie mit ihrem freundlichen Auftreten. Wir frohlockten, sobald sie mit ihren strahlenden Augen und weiß blinkenden Zähnen hinter der Theke erschien. Vielleicht hatte sie auch das Geschick, uns „geschäftsmäßig“ zu belgischem Bier zu ermuntern. Zu seinem Bedauern musste der Fahrer sich mit Coca-Cola vergnügen. Wie im Roman hatte sie langes, über die Schultern herabfallendes blondes Haar, blaue Augen und eine filmreife Figur. In der damaligen Zeit interessierten wir uns nicht für eine Twiggyfigur oder, wie es heute oft zu hören ist, Hungerhaken. Der Anblick war für uns Burschen ein wunderbarer, ich muss sagen, sehr reizvoller. Aber wer sollte hier anbändeln, und wie? Vielleicht hatte ich nicht den Durchblick und war nur froh, dabei zu sein. Wir plauderten, tranken, natürlich war jedenfalls eine große Portion Flirt inbegriffen bei witzigen und amourösen Gesprächen.

      Wir erlebten in den 1960er Jahren noch schneereiche Winter. Dennoch machten wir uns an einem Samstagabend auf den Weg. Wir fuhren auf der Landstraße von Stadtkyll nach Kronenburg im deutsch-belgischen Grenzgebiet. Ich war dort im Herbst 2018 zu einem Konzert des rumänischen Künstlers Florin Negreanu, welcher meine ehemalige Volksschule zu einem Musikzentrum ausbaute. Die dortige ehemalige Hermann-Göring-Meisterschule für Malerei ist im Besitz des Landes Nordrhein-Westfalen und titelt heute als „Haus für Lehrerfortbildung“.

      Eigentlich waren wir guten Mutes, doch vielleicht hatte unser Fahrer doch etwas zu rasant in eine Kurve gesteuert und so geschah es trotz aufgezogener Schneeketten: So rasch kann man gar nicht denken, der Wagen schleuderte etwas und landete nicht allzu tief im rechten Straßengraben. Was tun, war die Frage? Alle vier Insassen spuckten in die Hände und mussten ran. Das Auto wurde an allen vier Enden angepackt und auf die Straße gehievt, ohne einen Schaden feststellen zu müssen.

      So mancher Fahrer hatte in der damaligen Zeit hin und wieder anscheinend zu viele Bierchen getrunken. Mit geschwellter Brust nach dem Motto: „Was kann uns schon passieren?“, da sich noch keine einzige Polizeikontrolle auf unseren Touren hatte blicken lassen. Wenn wir manchmal fast vor Mitternacht von unseren kleinen Zechtouren nach Stadtkyll kamen, erfolgte zwingend noch ein Halt an der Wirtschaft mit Metzgerei Juchems. Dort einzukehren war üblich und eine Art Pflicht, um ein letztes Bitburger Pils zu trinken. Mir war das oft zu kalt und ist mir nicht gut bekommen. Die Kerle lachten später noch, weil ich während einer Fahrt, kurz nach dem Ortsausgang, links im Mondenschein war das leuchtende Wasser der Kyll zu sehen, den Kopf überaus eiligst aus dem Fenster halten musste. Das bezahlte Bier wollte wieder an die frische Luft. Vielleicht war dieses sogar schlecht (denn das letzte Bier ist nach üblicher Redensart bei reichlichem Genuss oft schlecht) oder die Ursache war die Unvereinbarkeit von kaltem Bitburger mit einem Viertel Zwiebelmett. Nicht vergessen habe ich, dass Heinrich mit Leichtigkeit spätabends noch ein ganzes Pfund von dem rohen Mett verputzen konnte. Aber, na ja, nach der Aktion kam alles wieder ins Lot und die Fahrt endete erfreulicherweise wohlbehalten im Wohnort. Immer fand ich alleine und ohne Lärm mein Bett.

      Im Gegensatz dazu erschien es manchem von uns vielleicht seltsam, dass Heinrich bei Annelise – ich sehe ihn links des Eingangs, etwa sechzig Zentimeter vor dem Thekenende an dem längeren Tisch sitzend – häufig nur ein kleines Schälchen Schöller Eis verzehrte. Nicht ein einziges Bier oder etwas anderes bestellte er während unseres einstündigen Aufenthalts. Damals war es nicht so wie heutzutage im Restaurant, dass manchmal lästige und unnötige Fragen uns in Gesprächen stören: „Ist alles in Ordnung?“ oder „Ist alles recht?“. Tatsächlich beinhaltet eine solche Frage der Bedienung indirekt die Aufforderung zu einer weiteren Bestellung. Nobel geht die Welt zu Grunde. Ein Satz aus dem Jahr 1865 schreibt diese Aussage einem gewissen Leutner zu, der „einst ein beliebter Restaurateur in Stetten“ gewesen sein soll.

      Nun muss ich im Gegensatz die südeuropäischen Länder als Vergleich erwähnen. Wie ist es dort häufig zu betrachten? Mehrere Männer sitzen plaudernd beisammen, aber ein einzelner Gast liest im Il Corriere della Sera, der La Republica oder der spanischen El Pais, wobei während einer Stunde lediglich ein Espresso oder Cappuccino getrunken wird.

      11 Lesehinweis

      12 Lesehinweis

       Schön ist die Jugend …

      Wirklich, aus eigenem Erleben bestätige ich mit kleiner Abwandlung den Liedtext:

      Schön ist die Jugend bei frohen Zeiten,

      schön ist die Jugend, ich liebte sie sehr.

      Die Mädels waren wunderbar und liebreizend,

      doch die Auswahl fiel mir äußerst schwer.“

      Mit der Operette von Franz Lehár könnte ich wunderbar anschließen und ebenfalls singen: „Ja, das Studium der Weiber ist schwer.“

      Rückblickend muss ich feststellen, dass ich ohne Übertreibung die Zahl der von mir auserkorenen Mädels nicht aufzählen könnte – so intensiv ich mich bemühen würde.

      Warum werden einem jungen humorvollen und lebensfrohen Burschen bei der Suche nur so schwierige Aufgaben auferlegt? Nicht selten zeterten meine jüngeren Schwestern, wenn ich nachmittags frohlockend vom Spaziergang mit Melanie nach Hause kam, um mich für den Abend zur Kirmes in Stadtkyll umzuziehen. Im Kopf schwirrten die Gedanken, ein anderes Fräulein – die Namen sind wie Schall und Rauch verhallt – im Kreise schwingen zu wollen. Nach so vielen Jahren schwebt die Erinnerung weit entfernt über der Zahl meiner irrsinnigen Verliebtheiten. Immer entfachte eine neue heiße Flamme in mir. Ob es an den heftigen Eifelwinden lag, dass nach einem Auflodern das rasche Löschen erfolgte? Manchmal dachte ich schon an manche Eroberung zurück mit einer Art inneren Entschuldigung, dieses oder jenes Herz gebrochen zu haben.

      „Wir werden das denen mal erzählen, was du für einer bist. Du kannst doch nicht an einem Tag zwei Mädchen treffen wollen“, hörte ich oftmals meine Schwestern keifen.

      Aber das waren für mich nur Worte ohne jegliche Bedeutung. Ich musste schauen, ob die Klara in Stadtkyll gut und gerne tanzt. Leider erachtete ich sie andererseits nach relativ kurzem Zeitraum nicht als gute Partie für mich; sie war zwar lieb und hübsch, erschien mir beruflich nicht passend und der Bruder saß bei jedem Treffen volltrunken an der Theke und faselte Unsinn.

      Eine besondere Schönheit war ich beileibe nicht; manch einer aus unserer Clique sah kesser aus, um Mädels anzulocken. Aber irgendwie versprühte ich wie eine duftende Frühlingsblume mit meiner Heiterkeit plus einer erfrischenden Portion Humor gegenüber dem weiblichen Geschlecht ein Wohlbefinden. Eine besonders Hübsche aus Ahlendorf war sonntags im Café in Jünkerath beschäftigt. Ich kam bei bestem Bemühen nicht mit ihr ins Geschäft. Häufig war ich hingegen nicht allein unterwegs, sondern wir stromerten als kleine Gruppe durch die Lande. In Steffeln war eine etwas pralle Bauerstochter mir seit der letzten Kirmes sehr zugetan. Oh je, wie wurde ich nach dortigem Besuch mit einigen Freunden anderntags von dem Paul gehänselt.

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