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zu ignorieren, so was ertrug ich nicht.

      Zigmal hatte ich mir vorgestellt, wie es wäre, wenn mich, die taufrische Jungfrau, ein unbekannter Mann, ohne großes Federlesen einfach nähme.

      So ein Gefühlserlebnis erregte mich jedes Mal aufs Höchste.

      Wenn ich doch nur wüsste, was meinem ‛Beilieger’ jetzt durch den Kopf geht. Ich besitze nicht den Mut, ihn direkt anzuschauen, geschweige denn zu fragen.

      Mein Herz hämmert wie ein Motor. Ich fühle eine quälende Hitze im Unterleib, die zwingend auf Vollzug drängte.

      “Hast du Durst?“

      “Das kann ich wohl sagen. Meine Kehle ist ganz trocken.“

      Peter ist aufgestanden, hat der Motorradtasche eine Sektflasche entnommen, die er mit lautem Knall entkorkt. Eine Menge Sekt ergießt sich auf den Waldboden, der das bestimmt mag.

      “Du zuerst!“

      Peter zeigt mir nun ein so bezauberndes, verführerisches Lächeln. Ich bekomme Mut.

      Der Sekt ist eine Wucht. Süß und fruchtig.

      Mit jedem Schluck füllt er mir schäumend die Mundhöhle und dringt bis in die Nase. Es kribbelt, macht lustig, ich pruste vor Lachen!

      Die Flasche kreist mehrmals, ich habe längst meinen Schwips.

      Den Blick bekomme ich nicht los von Peters schwarzer Motorrad-Hose, die im Schritt sichtlich praller und praller wird.

      Ach Gott, so was muss doch unangenehm sein, kneifen.

      Ich helfe ihm beim Ausziehen der festen Montur und der langen schwarzen Stiefel.

      Ja, und da steht er, der Kleine, leicht wippend, sehr schüchtern. Blinzelnd schaut er in die ungewohnte Helligkeit. Suggestiv schlägt er mich in seinen Bann. Der übrige Peter ist Luft.

      Ich fühle mit allen meinen Sinnen, dass er sich maßlos nach Wärme und Feuchtigkeit sehnt, nach geheimnisvoller Tiefe.

      In diesem Moment, bei meiner Erregung im Leib, schaffe ich es nicht, ihn zu enttäuschen.

      Also geschieht auch hier das, was in solchen Fällen immer geschieht.

      Das erste Mal. Ich bin nicht besonders beeindruckt.

      Eigentlich war es kaum mehr als mein übliches Gerangel mit Andi und Kurt.

      Deshalb hat diese Premiere in meiner persönlichen Rückschau wahrscheinlich auch nie stattgefunden.

      In der Folgezeit hab ich mich selbstredend weiterhin als Jungfrau empfunden.

      Noch heute frage ich mich, wohin sich, meine damalige ständige Angst vor ungewollter Schwangerschaft, und alle sonstigen Skrupel, verzogen hatten.

      Morgen soll nun die andere Fahrt losgehen.

      Der Andi hat noch 300,- RM für den „Veteran“ hingeblättert. Ich denke, zu viel. Er sagt, der Preis sei in Ordnung.

      Die schöne, schwarze Karin, wenn die doch nur nicht so hochnäsig wäre. Nun, auf diesem Bild lächelt sie wenigstens mal. Das ist selten. Wie lebhaft glänzen die dunklen Haare in der Sonne.

      Bei der Ernte im letzten Sommer hat der Andi geschuftet wie ein Pferd. Ich sehe ihn noch vor mir mit viel Schweiß auf dem nackten Oberkörper.

      Einige Knechte haben ihn zu gern aufgezogen. ‘Weizen-Pastor’ haben sie ihn genannt. Gewurmt hat es ihn. Warum bindet er denen auch auf die Nase, dass er später Theologie studieren will. Ihr Spott schadet ihm gar nicht.

      Im Hochreichen von Getreidebündeln auf die Erntewagen war Andi Weltmeister. Hinterher war er kaputt. 14 Tage brauchte er, bis der Rücken wieder einigermaßen mitspielen wollte.

      Trotzdem. Dem Andi hat es Spaß gemacht.

      Mir brachte es mal viel Spaß, die beiden ausgerechnet dann zu stören, als sie gerade intim werden wollten, und ihnen mein tiefstes Bedauern zu bekunden. Ha, ha, Schadenfreude!

      Mich haben die ‛von Heckroths’ überwiegend im Hause beschäftigt und im großen Gutsgarten. Anstrengend war das nicht. Meistens musste ich Obst pflücken, und es danach verarbeiten. In der Gruppe war es sogar kurzweilig. Ich hatte schon Langeweile befürchtet.

      Pflück du mal beispielsweise den ganzen Tag nur Bohnen! 300 Hektar. Klein war das Gut nicht. Alles fruchtbarer, schwerer Weizen- und Rübenboden. Magdeburger Börde heißt die Gegend. Obwohl: Absleben liegt Halberstadt näher als Magdeburg. Jeden Sonntagabend gab es Tanz auf der Guts-Tenne. Ein alter Knecht, der Fritze, quälte eine Ziehharmonika. Er nannte es seine ‘Quetsche’. Fritze spielte gar nicht mal schlecht. Für meine Begriffe wurde leider viel zu viel Schnaps getrunken. Wer da nicht mithält, kommt sich verloren vor.

      Schrecklich, diese glasigen toten Augen der lallenden besoffenen jungen Menschen, die vor sich hinstarren und denen, mit einem Mal, die jugendliche tänzerische Beweglichkeit und Leichtigkeit abhandengekommen ist. Nur noch ekelhaft riechende Stolperfritzen!

      Wenn diese Burschen erst mal angetrunken sind, dann hast du als junge Frau, bei einigen Typen, nicht genügend Hände, um sie abzuwehren. Im nüchternen Zustand würden sie sich das nie erlauben.

      Zum Tango tanzen hat Andi der Karin die Schritte vorgeführt. Dann haben die beiden einen Tango auf die Tenne hingelegt. Nun ja, der Rhythmus war zeitweilig nicht ganz perfekt.

      Andi und ich, wir tanzen selbstredend flüssiger. Das ist ja klar. Mensch, was haben wir schon alles zusammen geschwoft. Hatten ja auch bei der ‘Knetschen’ gemeinsam Tanzstunde. Das war eine herrliche Zeit.

      Am meisten hat es mich gefreut, dass mein Wunsch in Erfüllung ging.

      “Nur unter einer Bedingung”, habe ich zu Andi gesagt, als er mit der Parole kam: “ In den Ferien gehe ich freiwillig vier Wochen in den Ernteeinsatz. Du kommst doch auch mit!?”

      “Ja”, habe ich gesagt, “aber nur als eine Fremde für dich und die Umwelt. Klar?”

      Manchmal ist Andi ein wenig begriffsstutzig. Typisch Mann.

      Dauerte ein Weilchen, bis er es kapierte

      “Ich werde nicht deine Schwester sein, sondern ein fremdes BDM-Mädel. Das musst du entsprechend organisieren.”

      Und was hat er organisiert? Nichts!

      Den Einberufungsbescheid zum freiwilligen Ernteeinsatz 1935 hat er zwar für uns beide besorgt. Aber was steht bei mir drauf?

      Marie-Luise Rübnitz. Dieser Doofkopp!

      Auf Papas Schreibmaschine wurde aus Rübnitz eine Schwanitz. Es passte gerade soeben noch dazwischen. Aus meinem Geburtsdatum im November wurde eines im April.

      Urkundenfälschung?

      Kann sein. Egal, mir war das einen Spaß wert.

      Ich habe unabhängig von Andi dem alten ‘von Heckroth’ das Schreiben ausgehändigt. Gemerkt hat der nichts. Hat ja auch kaum hingeguckt.

      Mir scheint ohnehin, Männer verschwenden ihre Zeit ungern für Kleinkram und Routine.

      Der größte Witz war, dass ich auf dem Passfoto eine entstellende, scheußliche Brille trug, was er nicht monierte.

      ‘Mein letzter Wille, ‘ne Frau mit ‘ner Brille’.

      Auch, wenn Männer nichts als Stroh im Kopf haben, diesen Spruch haben sie alle drauf. Es ist aber auch ein hässliches Gestell mit Fensterglas! Ich habe es in einer Kramkiste auf dem Spitzboden entdeckt.

      Mutter entsann sich, dass ihre Mutter die hässliche Brille bei einer Theateraufführung trug. Aber das war dann wohl vor 30 Jahren. Auf Gut Heckroth war nicht nur die Karin hinter Andi her. Allen anderen Frauen ließ sie aber keinerlei Chancen. Die Karin hatte den Bogen raus. Den Ellenbogen.

      Sie schirmte Andi geschickt ab, diese Zicke! Aber mich konnte sie nicht täuschen. Eins muss man dem Andi aber auch lassen. Er sieht verflucht gut aus. Viel zu schade für einen Pfaffen.

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