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noch größer wird: Was darf das Kind denn nun essen? Alles vom Familientisch? Oder doch lieber die mikrowellengeeigneten »Kindermenüs«, »Kindernudeln«, »Kindermüslis« und »Kinderjoghurts«, die geschäftstüchtige Babybreihersteller nach der Gläserkost für die Kleinen bereithalten? Und was, wenn alle Familienmitglieder bereit für die Speisen auf dem Esstisch sind, aber das Baby weiterhin nur Brei möchte?

      Mögliche Probleme

       Häufig wird gerade von Babynahrungsherstellern geraten, die Konsistenz des Essens nur sehr langsam von flüssig zu fest zu steigern. Dabei verunsichert diese langsame Steigerung das Baby oft noch mehr. Es rechnet ja immer mit der gewohnt homogenen Konsistenz seiner Mahlzeit ohne Stückchen auf dem Löffel. Wenn sich dann plötzlich eine Nudel darauf findet, können wir das mit dem Schreckerlebnis vergleichen, wenn wir eine Cola trinken, in der unvermutet eine Nudel schwimmt. Wahrscheinlich würden auch wir uns ganz gehörig verschlucken.

       Bei einigen Kindern ist auch die Umstellung von der Brust beziehungsweise Flasche auf das Mit-dem-Löffel-Füttern und dann auf das Selbstessen einfach ein Schritt zu viel. Besonders, wenn die Einführung des Löffels problembehaftet war, stellt der nächste Wechsel des Fütterungsmodus in Richtung autonomer Nahrungsaufnahme eine höhere Schwelle dar.

       Die Freude über das – manchmal mühsam errungene – selbstständige Essen, kann schon kurze Zeit später auf eine harte Probe gestellt werden. Denn irgendwann im zweiten bis vierten Lebensjahr beginnt die sogenannte Trotzphase.

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      Wenn ein Kind alles selber machen will und etwas mal nicht klappt, reagiert es in der Trotzphase mit Wut.

      Die Trotzphase

      Dabei ist das Wort »Trotz« entwicklungspsychologisch nicht negativ besetzt. Im Gegenteil! Trotz bedeutet im eigentlichen Wortsinn nichts anderes als Standhaftigkeit, Selbstbehauptung oder Gegenwehr.

      Wir kennen diese Bedeutung aus Wendungen wie »allen Zweiflern zum Trotz« oder »einem Angriff trotzen«. Erwachsene, die einer Sache trotzen, gelten als besonders standfest, mutig und nicht leicht unterzukriegen. Während diese Charaktereigenschaften bei uns selbst also positiv besetzt sind, denken wir bei trotzenden Kinder oft anders. Sie sollen vor allem funktionieren und das tun, was man ihnen sagt. Selbstbehauptung will aber jetzt für später gelernt sein!

      DER WEG IN DIE UNABHÄNGIGKEIT

      Diese Gleichung geht so nicht auf, denn mit den Charaktereigenschaften, die jedes Kind mit auf die Welt bringt, müssen wir es dabei unterstützen, zu einer inneren Unabhängigkeit zu finden. Deshalb wird die Trotzphase auch häufig als Autonomiephase verstanden, um die Notwendigkeit dieses anstrengenden, aber notwendigen Abnabelungsprozesses zu unterstreichen. Verweigerung und Wutanfälle sind in einem bestimmten Alter also nicht nur normal, sondern auch Teil einer gesunden Entwicklung. Natürlich ist es kräftezehrend, Schreien, Weinen, Trampeln und Sich-Hinwerfen immer zugewandt und geduldig zu begleiten. Aber wenn wir uns klarmachen, dass der schlimme Wutanfall, weil das Brot längs statt quer geschnitten wurde, später zu mehr Selbstständigkeit und Frustrationstoleranz führen, kann uns das vielleicht trösten.

      GEFÜHLE SIND IMMER GROSS

      Wir sollten immer davon ausgehen, dass jede Gefühlsäußerung eine Berechtigung hat. Wenn der Becher blau statt grün ist und der grüne gerade im laufenden Geschirrspüler, hilft diese Erkenntnis nicht weiter. Unser zweijähriges Kind versteht noch keine Erklärungen, warum es egal sei, aus welchem Becher es trinkt. Ihm ist es in diesem Moment alles andere als egal, und diesem Gefühl verleiht es Ausdruck. Einerseits ist es erwiesenermaßen sehr ungesund, Wut dauerhaft zu unterdrücken, andererseits kann es auch nicht unser Ziel sein, unser Kind darin zu bestärken, aggressiv oder gewalttätig zu sein. Spätestens da, wo die Grenze zur Schädigung anderer erreicht ist, müssen wir eingreifen und helfen bei der Kanalisierung und positiven Umwandlung der Wut. Dabei geht es nicht darum, die kindliche Emotion zu unterdrücken, sondern ruhig zu bleiben, nicht abschätzig zu werden sich nicht auszuklinken. Das gelingt aber wohl nicht mal einem langjährig ausgebildeten Zen-Meister immer.

      SELBSTBESTIMMUNG BEI TISCH

      Das Streben nach mehr Autonomie kann sich in allen Bereichen des kindlichen Lebens ausdrücken. Auch oder gerade beim Essen! Ein unkomplizierter Esser, der vom Räucheraal bis zum Thunfisch-Sandwich mit schwarzen Oliven bislang alles verschlang, mutiert häufig gerade durch sein Bedürfnis nach mehr Selbstständigkeit zum heiklen Esser.

      ICH KANN DAS ALLEIN!

      Die Kulturanthropologin Katherine Dettwyler geht anhand des Vergleichs verschiedener Säugetierarten von einem biologischen Abstillalter beim Menschenkind von etwa zweieinhalb bis sieben Jahren aus. Dazu müssen Kinder lernen, alles, was sich ihnen als Nahrung darbietet, auch ohne Hilfe eines Erwachsenen sehr kritisch zu hinterfragen.

      Und obwohl heute in Deutschland nur wenige Mütter ihre Kinder so lange stillen, werden Kinder in diesem Alter häufig Picky Eaters: Sie bewegen sich nicht mehr vor allem im schützenden Radius der Mütter.

      Das Verstehen der Ursachen für ein normales Picky Eating bringt ein Kind zwar kurzfristig nicht dazu, wieder gerne geräucherten Aal zu essen, aber wahrscheinlich langfristig! Denn nur, wenn wir wählerisches Essverhalten genauso begleiten wie andere Autonomiebestrebungen, wächst unser Kind in die Rolle hinein, irgendwann auch exotischeren Speisen und ungewohnten Geschmäckern eine Chance zu geben.

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      WAS SOLLTE MEIN KIND ESSEN?

      Es gibt wenige Themen, von denen wir einerseits eine sehr feste Meinung haben, die aber andererseits mit derartig gigantischen Unsicherheiten behaftet sind wie die Frage danach, was unser Kind essen sollte. Die Frage nach dem »Was« schließt automatisch auch die Frage nach dem »Wann« und »Wieviel« ein. Und auch: Wer sind wir als Eltern oder wer möchten wir sein? Gehören wir eher zu denen, deren zehn Monate altes Baby eine Milchschnitte verdrücken darf? Oder haben wir es bis zum vierten Geburtstag komplett ohne Fruchtsaft, Schokoriegel und Leberwurst geschafft? Noch viel wichtiger: Was machen unterschiedliche Nahrungsangebote und unterschiedliches Essverhalten sowie unterschiedliche Ge- und Verbote mit unseren Kindern? Die schlichte Antwort: Wir wissen es nicht oder kaum. Natürlich ist uns klar, dass Süßigkeiten im Übermaß nichts auf dem Speiseplan eines sich normal entwickelnden Kindes zu suchen haben. Aber selbst hier gibt es Einschränkungen.

      WAS WIR SICHER ÜBER ERNÄHRUNG WISSEN

      Was wissen wir denn eigentlich sicher über eine gesunde Ernährung? Vergleichsweise wenig, das muss man leider ehrlich zugeben. Ernährung bezeichnet neben den Dingen, die wir essen, auch die Sachen, die wir nicht essen. Es gilt in Deutschland im Gegensatz zu China zum Beispiel als Tabu, Hundefleisch zu verzehren, obwohl rein physiologisch nichts dagegenspräche. Eine Ernährungsweise ist also immer eingebettet in einen gesellschaftlichen Zusammenhang, der auch die Art der Zubereitung und die Art, wie und wann wir essen, umfasst: Bereiten wir Speisen am Herd oder eher am Grill zu? Wird etwas gedünstet, gebacken oder gebraten? Wer kocht? Welches Essgeschirr benutzen wird? Messer, Gabel, Hände, Stäbchen? Essen wir am Tisch, auf dem Boden oder vielleicht im Bett? Tun wir das morgens, mittags, abends? Gibt es ein zweites, drittes, viertes Frühstück? Nur Warmes oder kalte Küche?

      Sind wir, wie wir essen?

      Es gibt so viele Varianten von Ernährungsformen. Wenn wir uns in der großen, weiten Welt ein wenig umschauen, stellen wir schnell fest, dass nicht die eine Form der anderen grundsätzlich überlegen ist.

      Und was folgt nun daraus? Im Kindergarten reimt man: »Jeder esse, was er kann, nur nicht seinen

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