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      Doch trotz der Verschleißerscheinungen wirkte ich jünger, daher überhäufte man mich mit Komplimenten.

      „Mensch, Georg. Nenne mir eine Person, die dir deine achtunddreißig Jahre ansieht? Ich hätte dich auf dreißig Jahre geschätzt.“

      Das hatte mir manche Verehrerin in meine aufnahmebereiten Ohren geflötet. „Du siehst aus wie Udo Lindenberg in jungen Jahren.“

      Die Schmeichelei ging runter wie Öl. freilich hatte sie auch realistische Züge, denn ich hatte große, dunkelblaue Augen und einen wohlgeformten Mund. Dazu besaß ich ein markantes Profil. Nur meine Nase war eine Idee zu spitz geraten.

      Von dem Schönheitsfehler lenkte mein Alfred süffisant ab, der ekelhaft in mir schäkerte: Und wenn schon, Georg. Damit wirst du uralt.

      Ich trug mein schulterlanges, dunkelblondes Haar lässig hinter die Ohren gesteckt, und das so geschickt, dass es mein sympathisches Gesicht nicht verdeckte. Mein aufgeweckter Blick und meine aufmerksame Art kamen gut an. Besonders beliebt war mein freundliches Wesen. Ich fand mich aufregend und nutzte jede Chance, mich ins begehrliche Licht zu rücken, weswegen mich grünangehauchte Frauen wie die Mücken umschwärmten.

      Allerdings war ich klein, gerade mal einen Meter und siebzig Zentimeter. Damit war ich kein Herkules, aber viel wichtiger war, dass ich durchtrainiert und gertenschlank daherkam. Nur ein kleiner Bauchansatz ärgerte mich ab und an, doch wegen dem brauchte ich mich nicht zu verstecken, bei meiner rundherum sympathischen Erscheinung.

      War mein jugendliches Charisma der Erfolg dieser Ausstrahlung? Oder beeinflussten meine Streifenhose, die abgewetzten Turnschuhe und meine obligatorische Cord-jacke, also Klamotten, die ich wie eine zweite Haut an meinem Körper trug, die verjüngende Aura? Ich sah mächtig alternativ aus.

      Und diese Äußerlichkeiten prägten meine Erfolgsbilanz. Das Zitat eines Presseartikels bestätigte mich: Es sind keine Blütenblätter, die sich um seine Konturen ranken, sondern reichlich Haare!

      Zugegeben, es war eine gelungene Glosse, gedacht als Anspielung auf meinen Nachnamen Blume. Zwar kein sonderlich origineller Aufhänger, aber er hatte Pfiff.

      Trotz allem gefiel mir mein Outfit, obwohl mich mancher Neider als Auslaufmodell bezeichnete, doch das hatte mich einen Dreck geschert.

      In dem eher konservativen Gremium Stadtrat tätigte mein Äußeres den Zwischenruf: „Herr Blume, was sagen Sie dazu? Wir veranstalten eine Geldsammlung für Sie.“ Dermaßen humorlos hatte der Choleriker Bauer von der Gegenseite gestichelt. „Gehen Sie dann zum Friseur und kaufen sich vernünftige Schuhe?

      „Ha, ha. Selten so gelacht“, hatte ich gekontert. „Wann lassen Sie die Pointe aus dem Sack? Bitte geben Sie mir ein Zeichen, wann über den Kalauer gelacht wird?“

      Grobschlächtige Ratsherren fanden die Äußerung witzig und wollten sich die Seele aus dem Hals lachen. Die Reaktion meinerseits war sarkastisch: „Wann hat die Wahl der Schuhe je eine Entscheidung im Rat beeinflusst? Meines Wissens noch nie. Oder sehe ich das etwa falsch?“

      Schlussendlich war mein Ratsantrag gescheitert, eine Gleichstellungsstelle im Rathaus einzurichten, trotz heftiger Proteste der Frauengruppe.

      Und das führte dazu, dass der CDU-Ratsherr Bauer und ich verbal aneinander geraten waren, wobei ich mit meiner Krücke zugeschlagen haben soll, was natürlich auf kolossaler Übertreibung beruhte und ich auch heute noch vehement bestreite.

      Jedenfalls war der hochgepuschte Vorgang ein Eklat, der bis dato einmalig in der politischen Geschichte der Kleinstadt Würselen war, weshalb der Bürgermeister die Ratssitzung abgebrochen hatte.

      Tja, da saß ich mit meinen Krücken als Hilfswerkzeuge, die nun wahrlich kein Handwerkzeug des Teufels darstellten.

      Aber das Kind war nun mal in den Brunnen gefallen, wie den Reaktionen im Ratssaal zu entnehmen war. Ich dagegen fand meine Knochenmarksentzündung viel schlimmer, als den hochgepuschten Streitvorfall, doch das war natürlich nur meine Wahrnehmung.

      So hatte ich die Auseinandersetzung bereits beim Verlassen des Rathauses vergessen, da sich, bis auf böse Blicke, nichts Spektakuläres ereignete. Ich zischte mir mit einem Kollegen in meiner Stammkneipe ein schnelles Bier, danach machte ich mich auf den Weg ins vertraute Heim.

       3

      Dem verträumten, alten Eckhaus, in dem ich mit Karla wohnte, sah man die Hektik nicht an, die sie gelegentlich darin verbreitete. Es strahlte Ruhe aus. Doch mit der Ruhe war’s bald vorbei, weil Karla die Widergabe der Ereignisse um den Antrag von mir forderte.

      Sie reagierte aufgebracht vor Mitgefühl mit den verarschten Frauen, als ich ihr den Ablauf wahrheitsgetreu vorgetragen hatte. Karla stotterte zerknirscht: „Wäre ich auf der Empore gewesen, hätte ich die Pappnasen zur Sau gemacht.“

      Das überschäumende Temperament ging in Karla durch, wobei auch ihr der typische Frauenvorwurf entfuhr: „Die Männer haben nur Angst um ihre Macht, besonders diese machtgeilen Scheißkerle.“

      So emotional war sie meistens. Andauernd bewegte sich Karla am Limit. Aber diesmal war der Ausbruch kurzlebig. Einem besonderen Abend stand nichts im Wege. Wir tranken randvolle Gläser Wein, den Roten aus der Toskana, schon blickte ich in verständnisvolle Augen. In Karlas wunderschönen Augäpfeln spiegelte sich unbändige Leidenschaft, ja blinde Vertrautheit wider. Sie nahm mich verführerisch in die Arme und strich mir zärtlich übers lange Haar.

      „Ich liebe dich. Gegenüber anderen Männern bist du viel einfühlsamer“, flüsterte sie mir beschwipst ins Ohr. „Du bist ein Mann mit Verständnis für die Frauen.“

      Ihre Bestätigung erwärmte meine Sinnesorgane. Aus ihrem betörenden Mund trafen mich ihre Worte mitten ins Herz. Daher gab’s keine Zurückhaltung, als wir zu weit vorgerückter Stunde aufstanden und uns aneinander rieben.

      „Bewege dich nicht“, flüsterte ich.

      Meine Stimme klang zärtlich, aber fest. Mit der rechten Hand drückte ich Karlas Hüften an mich, mit der anderen hob ich ihren langen Rock an. Den ließ ich in Hüfthöhe los und schob meine linke Hand liebkosend in ihr aufreizendes Höschen.

      „Bleibe ruhig“, flüsterte ich und verfrachtete ihren Rock mit zitternden Fingern bis zu ihren Schultern hinauf, dann zog ich ihren knapp sitzenden Schlüpfer die Oberschenkel abwärts. Behutsam streifte ich das süße Teil über ihre Füße, dabei verwirrte ihr nacktes Fleisch meine Sinne.

      „Dein Hintern ist phantastisch“, hauchte ich, vor Aufregung heiser klingend. Ich küsste und streichelte ihn. Meine Hand verbreitete eine wohlige Kühle auf ihrer warmen Haut. Ihre Knie bebten, als wir uns langsam auf mein Bett gleiten ließen, wobei sie auf dem Bauch lag und ich ihre prallen Hinterbacken knetete.

      Ich schnurrte wie eine schmusebedürftige Katze: „Du bist schön. Weißt du das?“

      Gefühlvoll drehte ich Karla zu mir um.

      Danach erforschte ich ihre Bereitschaft, sich mit mir zu vereinigen. „Spürst du’s? Du bist nass und offen“, hatte ich im Genussrausch hervorgepresst.

      Karla wand sich unter meinen tastenden Fingerkuppen. Geil und nach Liebe wimmernd, streckte sie mir ihren Prachtkörper entgegen.

      „Ja, Georg, schön langsam, bitte hör auf, mir kommt’s gleich“, stöhnte sie.

      „O ja, mache bitte weiter, nicht nachlassen, ja, steck ihn rein, jetzt schneller, o ja.“

      Wir liebten uns hemmungsloser denn je. Und noch ausgelaugt vom Liebesorkan, lächelten wir uns ausgepowert an und staunten über unsere Erschöpfung. Doch bevor wir in einen tiefen Schlaf versanken, summte mir Karla einen letzten Liebesschwur zu.

      „Mein Liebling. Ich liebe dich mehr als mich selbst“, hörte ich sie flüstern.

      Flugturbulenzen sind eine Bagatelle gegen das, was sich nach der Nacht ereignet

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