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daran?“

      „Das wüsstest du wohl gerne. Du siehst nervös aus. Wie heißt du eigentlich, Blondie?“

      Katharinas Gesichtsausdruck verändert sich nicht. Jedenfalls kaum. Wahrscheinlich merkt es niemand außer mir. „Nomén.“

      Spannend, dass sie diesen Namen nutzt. Doch die Reaktion der sechs Männer beweist, dass sie damit richtigliegt. Ich erkenne die Bewegung des Zeigefingers am Abzug der Pistole, die auf meinen Kopf gerichtet ist und werfe mich zur Seite. Die Kugel verfehlt mich, genau wie die nachfolgenden. Dann bin ich schon bei dem jungen Mann angekommen und trete ihm die Waffe aus der Hand. Die andere Hand mit dem Dolch stößt in meine Richtung. Ich wehre sie mit dem Unterarm ab, gleichzeitig eine Halbdrehung vollführend. Mein Ellbogen trifft auf die Nase und zertrümmert sie.

      Ich verschaffe mir hastig einen Überblick. Katharina ist auch nicht untätig geblieben und bricht gerade einen Arm. Die vier anderen Männer teilen sich auf. Einer von ihnen ist mir schon ganz nahe. Viel zu nahe.

      Ich schaffe es nicht ganz, seinem Schlag auszuweichen und verliere den Halt. Zum Glück setzt mich der Schlag, dessen Wucht mich überrascht, nicht außer Gefecht, und ich rolle mich auf dem moosbedeckten Boden ab. Dadurch entgehe ich seinen Fußtritten und kann schließlich meinen eigenen Fuß zwischen seinen Beinen platzieren. Das lässt ihn zusammenknicken.

      Bleibt noch der dritte Kerl. Dieser scheint zu der Einsicht gelangt zu sein, dass sie uns unterschätzt haben und wählt die Flucht. Als ich aufspringe, dreht er sich um und feuert in meine Richtung. Ob er eine eigene Waffe hat oder die von dem ersten Kerl aufgesammelt hat, weiß ich nicht und ist mir auch egal, während ich der Kugel aus dem Weg hechte. Im Flug sehe ich, dass Katharina weniger Glück hat und getroffen zusammenbricht. Ich rolle mich ab und nutze den Schwung, wieder auf die Füße zu kommen, und laufe auf den Schützen zu, der Katharina getroffen hat. Er sieht mich kommen, dreht sich um und folgt seinem fliehenden Kumpel in den Wald hinein.

      Ich überlege nicht lange und renne zu Katharina, die stöhnend auf dem Boden liegt. Die Kugel hat sie in der Leiste getroffen. Sie wird sich bald erholt haben, aber es dürfte höllisch wehtun.

      „Hat dir niemand gesagt, dass man Kugeln ausweichen kann?“, erkundige ich mich. Dann reiße ich ihre Bluse auf. Beim Anblick ihres nackten Bauchs muss ich schlucken, denn ich sehe plötzlich ihren ganzen Körper nackt vor mir. Was noch schlimmer ist, ich spüre ihn auch. Ihre Antwort holt mich ins Jetzt zurück.

      „Du bist ein dämliches Arschloch.“

      „Da hast du recht“, erwidere ich. „Ich sollte die Kugel rausholen.“

      „Tue das!“

      Ich sehe sie an. Es muss wirklich wehtun, ihr Gesicht ist tränenüberströmt. Ich werfe einen Blick auf die anderen Möchtegernnazis, aber die sind vorläufig inaktiv. Lange werden sie nicht in diesem Zustand bleiben, ich sollte mich daher beeilen. Und eins steht fest: Diese Kerle sind genauso wenig gewöhnliche Menschen wie wir.

      „Tut mir leid“, murmele ich, bevor ich mit den Zeigefingern die Wunde aufspreize. Katharina stöhnt auf. „Mach weiter!“, befiehlt sie, als ich zögere. Ich nicke und schiebe einen Zeigefinger in das Loch. Dank meines Engelsjobs bin ich nicht besonders empfindlich, aber dennoch würde ich meinen Finger viel lieber an einer ganz anderen Stelle bei Katharina reinschieben. Ich atme tief durch.

      Endlich finde ich die Scheißkugel. Vorsichtig ziehe ich sie mit einem Finger nach oben. Dass dies die Schmerzen nicht lindert, höre ich deutlich. Ich spare mir eine weitere Entschuldigung, stattdessen beeile ich mich lieber. Schließlich kann ich die Kugel mit Daumen und Zeigefinger rausholen und halte sie hoch.

      „Schön“, sagt Katharina gepresst. „Dann können wir ja jetzt weitermachen!“

      Ich nicke und helfe ihr, sich aufzusetzen. Unsere Gesichter berühren sich dabei. Verflucht. Zum ersten Mal in meinem Leben werde ich nass zwischen den Beinen, während ich mich mitten in einer Kampfhandlung befinde. Das kann so nicht weitergehen.

      „Wir müssen herausfinden, was die in Wirklichkeit sind“, sagt Katharina. „Jedenfalls keine Menschen, zumindest keine gewöhnlichen.“

      „Das ist wohl wahr.“

      Als ich aufstehe, um einen der vorhin noch inaktiven Kerle zu fragen, stelle ich fest, dass sie verschwunden sind. Die Geländewagen stehen noch da, nur unsere Freunde sind weg. Wir waren so vertieft in die Operation, dass sie sich unbemerkt davonstehlen konnten. So wie es aussieht, in den Wald.

      „Ups“, sage ich.

      „Na dann. Weit können sie ja nicht sein.“

      „Ich glaube eher, die wollen mit uns spielen.“

      „Das glaube ich auch. Spielen wir mit?“

      Ich betrachte sie fragend. „Was macht die Wunde?“

      „So gut wie verheilt. Du hast Talent als Ärztin.“

      „Die armen Patienten! Also gut, teilen wir uns eben auf.“

      Ich halte mich links. Mindestens zwei von denen haben eine Schusswaffe, wahrscheinlich aber alle. Außerdem haben sie übermenschliche Kräfte. Alleine hätten sie weder gegen Katharina noch gegen mich eine Chance, aber gemeinsam sind sie stark.

      Ich konzentriere mich auf meine Sinne. Sehen, hören – und spüren. Meine Fähigkeit, die Grenzen der Gefrorenen Welt durchzudringen, kommt mir immer mehr zugute. Auch wenn es noch sehr rudimentär und weit von dem entfernt ist, was ein Zauberer kann, hilft es mir jetzt sehr. Ich erkenne Lebewesen in meiner Nähe an ihrem Energieflimmern. Wie bunte Wolken sehe ich sie, so ähnlich, wie durch Infrarotbrillen.

      Sie haben sich verteilt und verharren hinter Bäumen. Hoffentlich verfügen sie nicht ebenfalls über erweiterte Wahrnehmung, denn sonst ist es nichts mit Überraschung. Aber ich glaube, nicht einmal Katharina kann Energiespuren so deutlich sehen wie ich.

      Geduckt, immer in Deckung vom Gestrüpp, laufe ich in einem weiten Kreis um die uns auflauernden Jungs herum. Mit etwas Glück gelingt es mir, sie von hinten der Reihe nach unschädlich zu machen. Oder wenigstens einige.

      Zumindest sieht es ganz danach aus, dass sie nichts von ihrem bevorstehenden Unheil ahnen und demnach ihre Fähigkeiten doch sehr eingeschränkt sind. Ich nehme mir denjenigen zuerst vor, der am weitesten außen lauert. Dabei kommt mir mein eigener Atem unglaublich laut vor. Aber anscheinend sind diese Werwölfchen auch noch schwerhörig. Ich kann den ersten schon mit bloßem Auge sehen, nur ein umgestürzter Baumstamm trennt mich von ihm. Er steht an einen Baum gepresst, in der rechten Hand eine Pistole haltend, mit der Mündung nach oben. Er starrt angespannt in die Richtung, in der er mich eher vermutet als hinter sich.

      Wie in einem schlechten Film trete ich auf einen Zweig, der zwar nicht knackt, aber dennoch ein Geräusch macht. Ich verharre sofort regungslos. Leider ist meine Beute nicht schwerhörig genug. Dass in dem Moment, als er sich nach mir umdreht, irgendwo ein Schuss erklingt, rettet mich allerdings. Für einen Sekundenbruchteil oder so ist er abgelenkt, und das reicht mir auch schon. Ich bin bei ihm, bevor er seine Pistole auf mich richten könnte und danach kann er es nicht mehr. Ich werfe mich mit aller Kraft gegen ihn und erst der Baumstamm stoppt uns. Der Kerl stöhnt unterdrückt auf. Wahrscheinlich raubt ihm mein Ellbogen im Magen den Atem. Ich gehe kein Risiko ein, mit einem Schlag von unten gegen sein Kinn breche ich ihm das Genick.

      Jetzt habe ich auch eine Pistole. Das ist doch schon mal was. Ich sehe mich nach den anderen um. Sie rennen wie aufgescheuchte Hühner durch den Wald. Geduckt, mit der Pistole im Anschlag, begebe ich mich in Deckung. Zwei von den verbleibenden fünf Jungs sind in der Nähe. Ich entscheide mich für den, den ich besser im Blickfeld habe, und lege auf ihn an. Der Schuss sitzt, was für die Pistole spricht.

      Dann höre ich etwas von der Seite und fahre herum. Das rettet mich, aber dennoch werde ich getroffen. Wie ein Hammerschlag erwischt es mich an der rechten Schulter. Meine Waffe fliegt im hohen Bogen davon und ich lande auf dem Boden.

      Das darf Katharina nicht erfahren. Es ist doch so einfach, einer Kugel auszuweichen.

      Während

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