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ja«, erwiderte Angelina und mußte auf einmal weinen und wußte nicht, warum.

      Er wischte ihr mit seinem Taschentuch die Tränen ab. Dann stieg er aus, half ihr aus dem Wagen und begleitete sie bis zur Haustür, die er für sie aufschloß.

      »Bis morgen, oder spätestens übermorgen. Ich weiß nicht genau, was alles anliegt. Aber ich rufe auf alle Fälle an.«

      »Meine Rosen«, rief Angelina plötzlich erschrocken. »Ich habe sie im Restaurant stehen lassen.«

      »Du bekommst andere«, versprach er lachend.

      »Nein! Es müssen die sein!« beharrte Angelina.

      Ansgar war gerührt.

      »Gut, ich rufe noch heute in dem Lokal an und bringe sie dir morgen mit. Einverstanden?«

      »Ja, danke.« Die Tür fiel hinter ihr zu, und Angelina stieg die Treppe hinauf, so leichtfüßig, als hätte sie Flügel und nicht ein zu kurzes Bein.

      Von nun an kam Ansgar fast jeden zweiten Tag, und wenn er nicht kommen konnte, rief er morgens und abends an. Angelina leuchtete förmlich vor Glück, und Buchner fand, daß sie täglich schöner wurde. Nun wurde sie auch eitler, nahm sich die Zeit, einkaufen zu gehen. Einen eleganten, langen Rock, ein Kaschmir-Twinset mit passendem Seidentuch, eine Bluse in leuchtenden Farben, die sie bisher immer gemieden hatte. Und sie wagte es sogar, für ihren gesunden Fuß hübsche Schuhe zu kaufen – auch wenn sie nur einen tragen konnte. Ihre Behinderung machte ihr fast nichts mehr aus.

      *

      »Ansgar Hohenried hat uns zur Goldenen Hochzeit seiner Eltern eingeladen«, sagte Roswitha zu Rüdiger Herrenberg. »Die ganze Familie, auch deine Kinder und Holsten.«

      »Ach ja?« sagte Rüdiger erfreut. Die Hohenrieds imponierten ihm, sie hatten Geld.

      »Komisch, wir verkehren doch eigentlich nicht mit ihnen«, meinte Roswitha. »Früher, als Robert noch lebte…«

      »Ich treffe den Sohn, Dr. von Hohenried, gelegentlich in irgendwelchen Aufsichtsratssitzungen. Sie haben an der gleichen Bank Anteile wie wir.«

      »Ach?« sagte Roswitha nur. Das mochte ein Grund sein. »Der prächtigen Einladung nach ist es bestimmt ein Riesenfest. Wir sagen doch zu?«

      »Ja, selbstverständlich, mein Schatz«, erwiderte Herrenberg, dem immer daran lag, zahlungskräftige Leute kennenzulernen. Irgendwann brauchten sie alle einen Anwalt.

      »Ich rufe mal Sofie Kaltenberg an«, dachte Roswitha laut. »Die weiß sicher Genaueres.«

      Natürlich wußte die Baronin Kaltenberg mehr.

      »Ach, meine liebe Roswitha«, rief sie, als wäre sie über die Maßen entzückt von dem Anruf, »eben habe ich an dich gedacht.« Sie war nämlich immer entzückt, wenn jemand anrief, auch wenn sie anschließend über die Anrufe lästerte.

      »Wie das?« fragte Roswitha etwas spöttisch, als dumm konnte man sie beim besten Willen nicht bezeichnen.

      »Ob ihr auch zu der Goldenen Hochzeit der Hohenrieds kommt!«

      »Genau deswegen rufe ich dich an«, erwiderte Roswitha.

      »Weißt du, ob noch etwas anderes gefeiert wird? Wegen etwaiger Geschenke«, erklärte sie ihre Neugierde.

      »Ich weiß es nicht sicher, aber man hat angedeutet, daß Ansgar Hohenried sich verloben will.«

      »Ach. Und – gegen wen?« scherzte Roswitha.

      »Stell dir vor, ich ahne es nicht«, sagte Sofie aufrichtig bekümmert.

      »Das ist allerdings kaum vorstellbar«, stimmte ihr Roswitha boshaft zu. Und dann überlegte sie laut: »Vielleicht ist sie nicht aus unseren Kreisen.«

      »Meinst du? Ja, das könnte eine Erklärung sein. Nun denke nur, ausgerechnet Ansgar, aus dieser adelsstolzen Familie!«

      Nachdem sie noch ein wenig geklatscht hatten und Roswitha sich besonders herzlich nach ihrer Tochter erkundigte, was sogar Sofie verstummen ließ, legte Roswitha auf und wendete sich an Rüdiger, der mit einem Ohr halb zugehört hatte.

      »So, wie ich Sofie kenne, verbreitet sie jetzt überall, daß Ansgar sich nicht standesgemäß verlobt hat.«

      Der Baron lachte kurz auf.

      »Hoffentlich nennt sie dich nicht als Urheberin des Gerüchtes.«

      »Bestimmt nicht.« Roswitha lachte. »Du weißt doch, wie versessen sie darauf ist, alles immer als erste zu wissen.«

      *

      Zur Goldenen Hochzeit von Gertrud und Otto Hohenried schenkte der Himmel einen wahrhaft goldenen Oktobertag. Es war so warm, daß die Damen ihre Nerze und Zobelmäntel zu Hause lassen mußten und sich gleich in ihren großen Abendroben und dem Familienschmuck präsentieren konnten. Die Herren, in Frack oder Uniform, erschienen ordengeschmückt.

      Man traf viele Bekannte, die man, je nach Stand und Vermögen, überschwenglich oder zurückhaltend begrüßte. Dann rauschte man durch das mit einer Girlande aus Rosen in leuchtendem Gelborange und Farn bekränzte Hauptportal in die Eingangshalle und die schöne Treppe hinauf, die mit der gleichen Girlande umwunden war. An der Tür zum Festsaal stand ein in den Farben der Hohenrieds livrierter Diener und nannte, nachdem man ihm die Einladung vorgezeigt hatte, laut Namen und sämtliche Titel der Gäste, die daraufhin von einem anderen Diener in Livree zu den am Fuße der Musikempore stehenden Jubelpaar geführt wurden. Hier überreichten sie ihr Geschenk, gratulierten und ließen sich dann von herumeilenden Dienern ein Glas Champagner reichen.

      Als der Eintritt der Herrenbergs angekündigt wurde – Roswitha sah im Familienschmuck der Sternheims hinreißend schön aus – tauchte plötzlich neben dem Jubelpaar Ansgar in Begleitung eines märchenhaft schönen Mädchens auf. Sie trug ein cremefarbenes Kleid, dessen Falten bei der geringsten Bewegung ins Nilgrüne changierten. Es hatte einen tiefen Ausschnitt, aber lange Ärmel, und betonte die zerbrechliche Taille. Der Rock fiel weit bis auf den Boden. An Hals, Ohren und Händen funkelten herrliche Smaragde.

      »Das ist sie«, flüsterte man, inzwischen längst von Sofie Kaltenberg informiert.

      »Habt ihr gesehen? Gertruds Smaragde.«

      Erst als die Herrenbergs beim Jubelpaar angekommen waren, erkannte Roswitha in der Märchenprinzessin die eigene Tochter. Sie wurde schneeweiß, und ihre Hand krampfte sich in Rüdigers Arm.

      »Angelina!« stieß sie völlig fassungslos hervor.

      »Liebe Roswitha, wie schön, daß ihr alle gekommen seid. Wir haben nämlich noch eine weitere Ankündigung zu machen.« Die Stimme von Gertrud Hohenried klang so eisig, daß auch den Herrenbergs, die Angelina nicht kannten, von Holsten ganz zu schweigen, die Gratulation in der Kehle steckenblieb.

      Jetzt trat Ansgar auf die noch immer sprachlose und bleiche Roswitha zu.

      Er sprach kühl und sachlich:

      »Wir werden nun unsere Verlobung verkünden und gleichzeitig allgemein mitteilen, daß die Verwaltung von Angelinas Erbschaft damit in meine Hände übergeht. Sollten Sie damit nicht einverstanden sein und prozessieren wollen, wir haben keine Angst, da uns genügend Unterlagen für die Falschheit all Ihrer Behauptungen zur Verfügung stehen, und genauso für den Betrug, Herr Rechtsanwalt von Herrenberg.«

      Herrenberg, der aufgrund seiner juristischen Erfahrung am ersten merkte, daß da kaum etwas zu machen sein dürfte, erwiderte sofort eifrig:

      »Selbstverständlich sind wir mit allem einverstanden, mein lieber Ansgar. Wir wollten nur Angelinas Vermögen bis zu ihrem fünfundzwanzigsten Lebensjahr richtig verwalten, wozu ein junges Mädchen ja kaum in der Lage ist…«

      Ansgar musterte ihn verächtlich.

      »Wie beruhigend, mein lieber Rüdiger, daß wir uns so einig sind. Damit vermeiden wir auch, daß alles in die Zeitungen kommt!«

      Rüdiger zerrte die wie versteinerte Roswitha am Arm weiter,

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