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hier früher oder später auftauchen. Ich habe keine Ahnung, wieso er wieder am Leben ist, aber er ist es.“

      „Don ...“, flüstert Victoria.

      „Wie bitte?“

      „Don … Mein Freund. Er wird gleich hier sein.“

      „Rufen Sie ihn an und sagen Sie ihm, dass er wieder nach Hause fahren soll.“

      Victoria nickt geistesabwesend und geht zu einer Kommode, auf der eine Basisstation mit Mobilteil steht.

      Während sie telefoniert, gehe ich zu Ben. Er ist etwas bleich.

      „Du bist wahnsinnig!“, sagt er leise. „Das muss doch höllisch wehtun!“

      „Das Abschneiden war schlimmer.“

      „Erinnere mich bloß nicht daran! - Also gut, und wie geht es weiter?“

      „Wir warten, bis Victor kommt.“

      „Das kann ja ewig dauern!“

      „Ich glaube nicht. Er muss nur ein Taxi finden und herkommen. Dann wird er eine Weile ums Haus rumschleichen. Da wir aber wieder abziehen, kommt er rein. Und weil wir ja nicht wirklich weg sind ...“

      „Raffiniert“, sagt Ben grinsend.

      „Echt jetzt? Du wärst auch auf so eine Idee gekommen.“

      „Natürlich. Allerdings habe ich nicht so viel Erfahrung mit Geistern.“

      „Er ist kein Geist“, erwidere ich leise. „Ich habe eine Idee, was passiert sein könnte, will aber erst mit ihm sprechen.“

      Victoria Burton ist fertig mit dem Telefonat und kommt zu uns. Sie hat Tränen in den Augen.

      „Was passiert jetzt?“

      „Victor wird vermutlich nicht reinkommen, solange wir hier sind, darum tun wir so, als würden wir wegfahren.“

      „Was … was hat er vor? Ich meine, wie kann das alles möglich sein? Der Finger … Geister … So was gibt es doch gar nicht!“

      „Es ist nicht leicht zu verstehen“, erwidere ich. „Als ich das erste Mal damit konfrontiert wurde, habe ich das alles für Spinnereien gehalten. Aber inzwischen weiß ich, dass unser westliches Weltbild mit der Realität ziemlich wenig zu tun hat.“

      „Aber was sind Sie überhaupt? Auch ein Geist?“

      „Nein, ich bin echt und lebendig“, sage ich kopfschüttelnd. „Meine Aufgabe ist es, mich um Dinge zu kümmern, die nicht in unser westliches Weltbild passen. Mehr kann ich dazu nicht sagen.“

      Danach fahren wir fahren mit unseren Autos weg, allerdings nur um drei Ecken, und gehen zu Fuß zurück. Auf unsere Bitte hin läßt Victoria Burton alle Lichter an und dank der Glasfassaden ist es auch von der Straße aus gut zu sehen, was im Haus passiert.

      Erst einmal gar nichts. Sie läuft im Wohnzimmer umher, sichtlich nervös. In der Hand hält sie das Telefon und scheint mit sich selbst eine Unterhaltung zu führen.

      Plötzlich fährt sie herum und starrt zur Tür.

      Und einige Sekunden später kommt ein Mann ins Wohnzimmer und auf sie zu.

      Ich setze mich in Bewegung, ohne darauf zu achten, ob Ben mithalten kann. Die Tür hält mich nur kurz auf, dann stürme ich ins Wohnzimmer.

      Victor und Victoria Burton stehen nebeneinander und starren mich an.

      „Guten Abend“, sage ich.

      Keuchend kommt Ben neben mir an und sagt auch „Guten Abend“. Vermutlich fällt ihm genausowenig etwas Besseres ein wie mir.

      „Was machen Sie denn hier?“, fragt Victor Burton.

      „Wir wollen mit Ihnen reden“, antworte ich und mustere ihn neugierig. Er scheint es wirklich zu sein, auch das Verhalten der Frau deutet daraufhin. „Immerhin sollten Sie verwest im Sarg liegen.“

      „Tue ich aber nicht“, murmelt er. „Ich brauche etwas zu trinken. Sie auch?“

      Ich nicke. „Ich nehme einen Scotch.“

      Er geht zur Bar und macht drei Drinks fertig. Ein Glas mit Martini reicht er seiner Frau. Dann blickt er Ben an.

      „Ich trinke nichts, danke“, sagt dieser.

      Er bringt mir meinen Scotch. Bei der Übergabe berühren sich kurz unsere Hände. Seine fühlt sich normal an. Seltsam. Sehr seltsam.

      „Wir sollten uns setzen“, sagt Victor Burton und deutet auf die Sitzgruppe.

      Wir nehmen sein Angebot an. Ben und ich sitzen nebeneinander auf der Couch, Victor und Victoria Burton getrennt in zwei Sesseln. Victoria ist sehr bleich, ihre Hand zittert leicht und vermutlich steht sie kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Kann ich gut verstehen.

      „Victor – ich darf doch? -, Sie sollten wissen, dass ich vertraut bin mit … sagen wir mal, mit Dingen, die sich scheinbar der rationalen Erklärungsmöglichkeiten einer aufgeklärten westlichen Welt entziehen. Allerdings bin auch ich noch niemandem begegnet, der nach zwei Jahren Totsein in seinem restaurierten Körper zurückkehrt.“

      „Das liegt vermutlich daran, dass Sie eine falsche Vorstellung über das Jenseits haben“, erwidert Victor ruhig.

      „Habe ich das?“

      „Nun, sind Sie gläubig?“

      Ich verneine kopfschüttelnd.

      „Und was glauben Sie dann über das Jenseits?“

      Ich lehne mich lächelnd zurück und nippe an meinem Glas. „Nichts. Ich war schon oft tot und weiß, wie es in der Verborgenen Welt aussieht.“

      Seine Augen weiten sich. „Sie … Sie wissen von der Verborgenen Welt?“

      Ich nicke. „Mich interessiert vor allen Dingen, warum Sie hier sind und wie Sie das geschafft haben. Wobei, den Grund kann ich mir denken. Sie haben eine sehr attraktive Ehefrau. Ist es deswegen?“

      „Ich liebe sie“, sagt Victor ruhig.

      „Ihnen ist aber schon klar, dass Sie nicht einfach von den Toten auferstehen und so weitermachen können, als wäre nichts geschehen?“

      „Ja, natürlich. Für dieses Problem habe ich noch keine Lösung.“

      „Es gibt keine. Sie sind tot, Victor.“

      „Der Tod ist eine Illusion, genauso wie das Leben. Wenn Sie die Verborgene Welt kennen, müssten Sie das doch wissen.“

      „Ich weiß es auch. Aber die meisten Menschen wissen es nicht. Die sind das Problem. Wobei mich dennoch interessiert, wie Sie das geschafft haben.“

      „Und Sie? Wie schaffen Sie das?“

      „Ich bin eine Kriegerin, deswegen regeneriert sich mein Körper grundsätzlich immer wieder.“

      „Sie sind eine Kriegerin? Sie sind doch Fiona, das Mädchen, das vor ein paar Jahren so viel in den Medien war? Wegen dieser Kindermissbrauchsgeschichte?“

      „Ja, ich war das. Damals wusste ich allerdings nicht, dass ich eine Kriegerin bin.“

      „Was ist eine Kriegerin?“, fragt Victoria leise.

      Ihr Mann antwortet. „Eine Art Engel. Das ist eine komplizierte Geschichte, weil die Welt eigentlich ganz anders funktioniert, als die Menschen das glauben.“

      „Krieger haben die Aufgabe, für das Gleichgewicht zu sorgen“, füge ich hinzu. „Leider hat der Chef vergessen, zu definieren, was er eigentlich mit Gleichgewicht meint. Wie auch immer, im Fall Ihres Mannes weiß ich nicht, was ich tun soll. Er verletzt das Gleichgewicht nicht wirklich, auch wenn es für mich völlig neu ist, dass ein gewöhnlicher Mensch in der Lage ist, sich zu regenerieren. Und das auch noch nach einer so langen Zeit.“

      „Sagen wir es mal so: Ich hatte Hilfe durch jemanden,

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