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sagt Herr Neureich zu seiner Gattin: „Heute beim Mittagessen hast du dich wieder schön blamiert. Botticelli ist doch kein Wein, sondern ein Käse!“

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      Familie Neureich besucht eine Ausstellung und lässt sich von einem Führer durch die Räume begleiten. Gleich beim ersten Bild platzt Frau Neureich voll Freude heraus: „Ah, ein Michelangelo!“ – „Nein, meine Dame, das ist ein da Vinci, Leonardo da Vinci!“ – „Ach so? Aber hier, dies hier ein Schiele!“ – Der Ausstellungsführer geduldig: „Nein, tut mir leid, aber das ist ein Klimt, Gustav Klimt!“ – „Ach so? Aber das da ist ein Van Gogh!“ Die Antwort kommt mit einem Seufzer: „Nein, leider, das ist ein Rubens, meine Dame, Peter Paul Rubens!“ Frau Neureich gibt nicht auf: „Wirklich? Aber das, das muss ein Picasso sein!“ – „Nein, meine Dame, das ist, mit Verlaub, ein Spiegel …“

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      Frau Neureich hat eine Schiffsreise bei Neckermann gebucht, und dazu gehört natürlich auch das Kapitänsdinner. Frau Neureich steht dabei an der Salatbar und füllt ihren Teller. Da kommt ein Offizier, um ebenfalls Salat zu nehmen. Frau Neureich sieht ihn ganz verzückt an und fragt, wer er sei. Da antwortet der Mann: „Ich bin der 1. Deckoffizier.“ Darauf Frau Neureich: „Mein Gott, Neckermann denkt wirklich an alles!“

      Der recht junge Neureich-Witz – Neckermann bot 1963 erstmals Reisen an – entwickelt eine beachtliche Lachkraft, weil es nicht nur um eine Missinterpretation der Bezeichnung „Deckoffizier“ geht. Bekannte Firmenslogans waren „Besser dran mit Neckermann“ und „Neckermann macht’s möglich“. Im Witz erweckt der Firmenname den Eindruck, als würde „ein Mann“ eine Touristin „necken“. Es ist also auch ein Namenwitz. Wer in diesem Witz „Neckermann“ durch „Ruefa“ oder „Kuoni“ ersetzt, wird nur wenige Lacher ernten.

      Die Frau-Pollak-von-Parnegg-Witze werden auch heute noch adaptiert und modernisiert: Hier zunächst ein Witz in einer ursprünglichen Fassung, aufgezeichnet von Salcia Landmann. Es ist ein Witz mit aneinandergereihten Paronymen, das sind ähnlich klingende Wörter innerhalb einer Sprache oder eines Dialekts, die oft verwechselt werden. In diesem Witz wird immer das falsche Wort verwendet, das richtige muss vom Zuhörer assoziiert werden (siehe S. 125 f., 195 f.).

      Frau von Pollak: Unsere Älteste heiratet den jungen von Salomon. Wir haben ihr eine Wohnung eingerichtet – das glauben Sie nicht! In einem todschickeren (schicker = betrunken) Haus mit lauter Marmor und Fahrstuhl mit echtem Liftgoj. Überall echte Perverser, auf dem Tisch achtarmige Kadaver, die Wände makkaronigetäfelt, die Tischtücher reines Damaszenerlinnen, das Schlafzimmer im Stil Louis Quatorze, dem Fünfzehnten, das Spielzimmer im Vampyrstil, das Speisezimmer à la Gebrider-Meyer, und auf der Steppdecke haben wir die verschlungenen Genitalien des Paares einsticken lassen. (Landmann, 1988, S. 441–442)

      Die modernisierte Variante habe ich im Internet gefunden. Aus dem Frau-Pollak-von-Parnegg-Witz wird ein Blondinenwitz. Die Hauptfigur ist eine Neureiche mit Bildungsmanko – wie die Witzefigur in den Valley-Girl-Witzen (siehe S. 47 f.).

      Eine Blondine geht an einem Juweliergeschäft vorbei und sieht in der Vitrine ein Diadem mit Smaragden und Amethysten. Sie geht in das Geschäft und sagt: „Guten Tag, sind Sie der Jubilar?“ Der Inhaber stutzt und antwortet: „Ja, gnädige Frau, ich bin der Juwelier, was kann ich für Sie tun?“ – „Sie haben da draußen in der Latrine so ein wunderbares Diadom liegen, mit Schmarotzern und Atheisten besetzt. Was soll das bitte kosten?“ Der Juwelier schluckt und sagt: „Liebe, gnädige Frau, das kostet fünfundzwanzigtausend Euro.“ Sie: „Mein Mann hat mir zwar plein pissoir gegeben, aber das übersteigt im Moment mein Bidet. Kann ich bitte telefonieren?“ – „Aber natürlich, gnädige Frau. Links herum, die Treppe hinauf, dort sehen Sie es schon.“ „Oh, sind Sie explosiv eingerichtet, diese Makkaronidecke und die Lavendeltreppe, so etwas habe ich in einem Geschäft noch nicht gesehen.“ Sie telefoniert mit ihrem Mann und kommt zurück: „Das geht dann in Ordnung, mein Mann holt das Diadom morgen für mich ab.“ – „Entschuldigen Sie, aber woran erkenne ich Ihren Mann, gnädige Frau?“ – „Gut, dass Sie mich fragen, er kommt in einem bordellfarbenen Mustang vorgefahren und hat vorne seine Genitalien eingraviert.“

      In der Schlusspointe mit Selbstentlarvung wird angedeutet, dass jener Mann, der das Diadem mit den Smaragden und Amethysten bezahlen wird, ein Bordellbesitzer ist. Ausschlaggebend ist die Assoziationstechnik, der ich später ein eigenes Kapitel widme (siehe S. 192 ff.).

      Ein Student bei der Prüfung in Geschichte. „Wie heißt der Franzose, der General war, dann Erster Konsul und später Kaiser?“ Der Kandidat denkt angestrengt nach, schüttelt den Kopf und sagt: „Weiß nicht.“ – „Napoleon Bonaparte!“, brüllt der Professor. Der Kandidat steht auf und geht zur Tür. „Halt, wo wollen Sie hin?“, ruft der Professor. „Ach so, Verzeihung“, murmelt der Kandidat, „ich habe geglaubt, sie wollen schon den nächsten aufrufen.“ (Hirsch, S. 144)

      Aktives Wissen ist ständig und dauerhaft abrufbar, wenn man gefragt wird. „Wie heißt der Franzose, der General war, dann Erster Konsul und später Kaiser?“ Mit dieser Frage will der Professor das aktive Wissen des Studenten prüfen. Passives Wissen bedeutet, dass man etwas zwar nicht sagen oder erklären kann, wenn man danach gefragt wird, es jedoch erkennt, wenn man es hört. Eigentlich wäre zu erwarten gewesen, dass der Student „Napoleon Bonaparte“ als richtige Antwort erkennt, sobald der Name gefallen ist.

      Zwei Mütter unterhalten sich. „Mein Sohn wird gemobbt.“ – „Oh wirklich? Meiner kann sich selbst waschen.“

      Das ist ein moderner Flachwitz, er könnte genauso gut aus dem Repertoire der Frau Pollak von Parnegg stammen.

      Schüttelreime sind eine Unterkategorie jener Sprachwitze, bei denen Laute ausgetauscht werden. In den Witzen rund um die Wörter „Schirm“, „Scharm“ etc. sind es die Vokale im Wortinneren (siehe S. 98, 203 f.), bei den Schüttelreimen die Konsonanten der letzten und der vorletzten Silbe.

      Und weil er Geld in Menge hatte, / Lag stets er in der Hängematte.

      Dieses Beispiel bringt Sigmund Freud in seinem Buch über den Witz (S. 105). Wir sehen, dass nicht die Schriftform entscheidend ist, es geht um die gesprochene Sprache: „Menge hatte“ – „Hängematte“. Bei einem Schüttelreim reimt sich also nicht nur der Schluss („hatte“ und „Matte“), es reimen sich auch Silben davor („Menge“ und „Hänge“), wobei zusätzlich Buchstaben ausgetauscht werden.

      Dabei können auch Wörter zerteilt werden. Im Folgenden einige Beispiele aus Benno Papentrigk’s Schüttelreime wie er sie seiner Freundschaft auf den Ostertisch zu legen pflegte, erschienen 1939:

      Bello die Wurst vom Teller schnappt; / Der Bösewicht wird schnell ertappt.

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      Nackt tanzen auf dem Rasen Nymphen, / die Neider ihre Nasen rümpfen.

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      Der Juchzer von den Höhn erschallt / Des Jägers Jagdhorn schöner hallt.

      Schüttelreime sind im deutschen Sprachraum seit dem 13. Jahrhundert eine bekannte Gedichtform. So richtig popularisiert wurden sie 1882 in Berlin vom Juxclub „Allgemeiner Deutscher Reimverein“, ein Vordenker war der Ingenieur und Schriftsteller Heinrich Seidel (1842–1906). Es galt als große Kunst, lange Texte in Schüttelreimen zu verfassen, sogar ganze Bücher wurden in Schüttelreimform herausgegeben, zum Beispiel Versionen von Goethes Faust. Später waren Schüttelreime vor allem witzige Zweizeiler.

      Für Freud sind Schüttelreime „die harmlosesten aller Witze“ (Freud, S. 105). Ihre Technik sei „die mehrfache Verwendung desselben Materials mit einer ganz eigenartigen Modifikation“.

      Schüttelreime haben also keine jüdischen Wurzeln, aber das Schütteln wurde von Juden besonders gepflegt, erinnert es doch frappierend an eine Methode zur Exegese der heiligen Schriften der Juden. Darauf werde ich später zurückkommen (siehe S. 98 ff.).

      Die vielleicht berühmteste Sammlung von Schüttelreimen

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