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und gekonnt.

      Kevins Timing war perfekt, drei Minuten später wachte er auf. Als sie gemeinsam ins Babyzimmer gingen, kniff Mackenzie ihm in den Po. „Ich glaube, das war mehr als ein leichtes Sportprogramm.“

      „Fühlst du dich okay?“

      „Ich fühle mich außergewöhnlich gut“, sagte sie. „So gut, dass ich vorhabe, heute Abend ins Fitnessstudio zu gehen. Kannst du auf den kleinen Mann aufpassen, wenn ich für eine Weile verschwinde?“

      „Natürlich. Aber übertreibe es nicht.“

      Das reichte, um Mackenzie zu motivieren. Sie machte nie nur halbe Sachen und dazu gehörte für sie sowohl Sport als auch das Muttersein. Vielleicht fühlte sie sich deshalb, drei Monate nach der Geburt Kevins, etwas schuldig, ihn zum ersten Mal alleine zu lassen. Natürlich war sie auch zuvor schon zum Supermarkt oder Arzt gegangen. Aber zum ersten Mal verließ sie das Haus mit der Absicht, länger als eine Stunde weg zu sein.

      Kurz nach acht machte sie sich auf den Weg zum Fitnessstudio, das sich bereits sichtlich geleert hatte. Es war dasselbe Studio, das sie besucht hatte, als sie beim FBI anfing und sich noch nicht auf die eigenen Einrichtungen ihrer Arbeitsstelle verlassen hatte. Es fühlte sich gut an, zurück zu sein. Wie jeder andere Bürger der Stadt auch benutzte sie das Laufband, kämpfte sich mit den überholten Elastikbändern ab und trainierte einfach nur, um aktiv zu bleiben.

      Nach nur einer halben Stunde begann ihr Bauch zu schmerzen. Sie hatte außerdem einen starken Krampf in ihrem rechten Bein, den sie nicht loswerden konnte. Nach einer kurzen Pause versuchte sie sich erneut am Laufband und entschied sich dann dazu, für heute Schluss zu machen.

      Denk nicht mal daran, hart mit dir ins Gericht zu gehen, dachte sie. Aber es war Ellingtons Stimme, die sie in ihrem Kopf hörte. Du hast einen Menschen in dir beherbergt, der dann aus dir herausgeschnitten wurde. Du kannst nicht wie Superwoman einfach weitermachen, wo du aufgehört hast. Gib dir Zeit.

      Sie hatte geschwitzt und das reichte ihr. Also ging sie zurück nach Hause, duschte und fütterte Kevin. Er war so zufrieden, dass er während dem Stillen einschlief. Die Ärzte hatten zwar davon abgeraten, aber sie erlaubte es ihm und hielt ihn an sich gedrückt bis auch sie müde wurde. Als sie ihn hinlegte, saß Ellington am Küchentisch und arbeitete an einer Fallrecherche.

      „Alles okay?“, fragte er, als sie zurück ins Wohnzimmer ging.

      „Ja. Ich glaube, ich habe es im Studio ein bisschen übertrieben und mir tut alles weh. Müde bin ich auch.“

      „Kann ich etwas tun?“

      „Nein. Aber vielleicht kannst du mir morgen früh wieder mit einem leichten Sportprogramm aushelfen?“

      „Sehr gerne, Ma’am“, sagte er lächelnd über seinen Laptopbildschirm hinweg.

      Auch sie lächelte, als sie zu Bett ging. Ihr Leben war erfüllt und ihre Beine schmerzten – ihre Muskeln erinnerten sich daran, wozu sie einst gebraucht wurden. Eine Minute späte döste sie erschöpft ein,

      Sie hatte nicht erwartet, wieder von dem riesigen Maisfeld, ihrer Mutter und dem Baby zu träumen.

      Ebenso wenig hatte sie nicht damit gerechnet, wie sehr es sie dieses Mal mitnehmen würde.

      ***

      Der Albtraum weckte sie auf und dieses Mal schrie sie. Sie setzte sich so abrupt auf, dass sie fast von der Matratze fiel. Neben ihr wachte auch Ellington besorgt auf.

      „Mackenzie … was ist los? Bist du okay?“

      „Nur ein Albtraum, das ist alles.“

      „Es klang furchtbar. Möchtest du darüber reden?“

      Mit klopfendem Herzen ließ sie sich wieder zurückfallen. Für einen Moment hatte sie das Gefühl, den Dreck des Albtraums in ihrem Mund schmecken zu können. „Nicht unbedingt. Es ist nur … ich glaube, ich muss meine Mutter sehen. Ich muss ihr von Kevin erzählen.“

      „Macht Sinn, denke ich“, sagte Ellington und war sichtlich erstaunt, welchen Einfluss der Traum auf sie gehabt hatte.

      „Wir können später darüber sprechen“, sagte sie, als der Schlaf wieder an ihr riss. Die Bilder des Traums waren noch immer da, aber sie wusste, dass ihr eine lange Nacht bevorstand, wenn sie nicht bald wieder einschlief.

      Mehrere Stunden später weckte Kevins Weinen sie auf. Ellington wollte gerade aufstehen, als sie ihre Hand auf seine Brust legte. „Ich mach schon“, sagte sie.

      Ellington wehrte sich nicht. Sie waren dabei, langsam einen relativ normalen Schlaf-Rhythmus zu finden und keiner von ihnen hatte vor, diesen auf die Probe zu stellen. Außerdem hatte er ein Meeting am Morgen – es ging um einen neuen Fall, den er mit einem Überwachungsteam anführen sollte. Er hatte ihr beim Abendessen davon erzählt, aber sie war mit ihren Gedanken woanders gewesen. In letzter Zeit war ihr Fokus zerstreut und es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren, vor allem, wenn Ellington von der Arbeit sprach. Sie vermisste es, selbst zu arbeiten und war eifersüchtig, konnte es aber noch nicht ganz übers Herz bringen, Kevin alleine zu lassen. Egal, wie gut die Kita auch sein mochte.

      Mackenzie ging ins Babyzimmer und nahm Kevin aus seiner Krippe. Er war mittlerweile soweit, meistens sofort mit dem Weinen aufzuhören, sobald ein Elternteil ihn hochnahm. Er wusste, dass er bekommen würde, was er brauchte und hatte bereits gelernt, seinen eigenen kleinen Instinkten zu vertrauen. Mackenzie wickelte ihn, setzte sich dann auf den Schaukelstuhl und stillte ihn.

      Ihre Gedanken wanderten zu ihren eigenen Eltern. Sie konnte sich selbstverständlich nicht daran erinnern, selbst gefüttert zu werden. Aber der bloße Gedanke, dass ihre Mutter sie einst gestillt hatte, war unvorstellbar. Doch sie wusste auch, dass Mutterschaft einen ganz neuen Filter mit sich brachte, der die Perspektive auf das Leben veränderte. Vielleicht war der Filter ihrer Mutter verzerrt gewesen und mit dem Tod ihres Ehemanns vollkommen zerstört worden.

      War ich ihr gegenüber zu streng?

      Während Mackenzie Kevin stillte, dachte sie lange und angestrengt über ihre Zukunft nach. Nicht nur die der nächsten Woche, wenn ihr Mutterschutz zu Ende ging, sondern auch die der nächsten Monate und Jahre und wie sie diese verbringen wollte.

      KAPITEL FÜNF

      Langsam begann Mackenzie, wieder in ihre normale Kleidung zu passen. Wiederholte Besuche im Fitnessstudio gaben ihr außerdem das Gefühl, als wäre es nicht so schwer wie gedacht, ihre Form zurückzugewinnen. Ihre OP-Narben waren fast vollkommen verheilt und sie erinnerte sich daran, wie ihr Leben gewesen war, bevor sie ihren Körper dem Wachstum und der Entwicklung ihres Sohnes geliehen hatte.

      Als sich Mackenzies Mutterschutzurlaub dem Ende entgegen neigte, begann sie zu verstehen, dass es nicht leicht sein würde, wieder zurück in den Arbeitsalltag zu finden. Doch noch vor ihrem Start wollte sie die Angelegenheit mit ihrer Mutter klären. Seit ihrem letzten Albtraum hatte sie das Thema mit Ellington immer wieder besprochen, dabei aber sichergestellt, sich nicht festzulegen. Schließlich war es unnatürlich für sie, einen so starken Wunsch zu hegen, ihre Mutter zu sehen. Für gewöhnlich mied sie jegliche Interaktion mit ihr.

      Doch jetzt, acht Tage vor dem Ende ihres Mutterschutzes, musste sie eine Entscheidung treffen. Kevin war ihre Hauptausrede gewesen, den Trip nicht zu machen, aber er war nun bereits seit einer Woche in der Kita und schien mit der Umstellung gut klarzukommen.

      Innerlich hatte sie sich bereits entschieden. Sie saß an der Theke zwischen Küche und Wohnzimmer und war sich sicher, ihre Mutter aufsuchen zu wollen. Tatsächlich Nägel mit Köpfen zu machen war jedoch schwerer, als lediglich die Idee zu akzeptieren.

      „Kann ich dich etwas fragen? Auch wenn es dumm klingt?“, frage Ellington.

      „Natürlich.“

      „Was kann schlimmstenfalls passieren? Du gehst hin, es ist komisch und du erreichst

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