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Szenen aus dem Landleben. Оноре де Бальзак
Читать онлайн.Название Szenen aus dem Landleben
Год выпуска 0
isbn 9783955014797
Автор произведения Оноре де Бальзак
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Hier hielt der Arzt inne, wie wenn er eine heimliche Erwägung anstellte, und bemerkte die Verwirrung nicht, in die seine Worte seinen Gefährten versetzt hatten, der, um seine Verlegenheit nicht merken zu lassen, sich damit beschäftigte, seines Pferdes Zügel in Ordnung zu bringen. Benassis ergriff das Wort bald wieder:
»Ich würde meine Fosseuse verheiraten, würde gern eine meiner Meiereien irgendeinem braven Burschen geben, der sie glücklich machen könnte, und sie würde es sein. Ja, das arme Mädchen würde ihre Kinder unendlich lieben, und alle Gefühle, die sie überreichlich besitzt, würden sich in das ergießen, welches beim Weibe alles umfasst, in die Mütterlichkeit; doch kein Mann hat ihr zu gefallen gewusst. Sie ist indessen von einer für sie gefährlichen Sensibilität; sie weiß es und hat mir das Geständnis ihrer nervösen Empfänglichkeit gemacht, als sie sah, dass ich sie bemerkte. Sie gehört zu der kleinen Zahl Frauen, bei denen die geringste Berührung ein gefährliches Beben hervorruft; deshalb muss man ihrer Klugheit und ihrem Frauenstolz Dank wissen. Sie ist scheu wie eine Schwalbe. Ach, welch eine reiche Natur! Sie war dazu geschaffen, eine im Behagen lebende geliebte Frau zu sein; sie wäre wohltätig und beständig gewesen. Mit zweiundzwanzig Jahren siecht sie bereits unter der Last ihrer Seele dahin und wird ein Opfer ihrer allzu vibrierenden Fibern, ihrer zu starken oder zu zarten Organisation. Eine verratene lebhafte Leidenschaft würde sie wahnsinnig machen, meine arme Fosseuse! Nachdem ich ihr Temperament studiert, nachdem ich die Tatsache ihrer langwierigen Nervenanfälle, ihre elektrische Empfänglichkeit festgestellt, nachdem ich sie in offenbarer Übereinstimmung mit den Wechselfällen der Atmosphäre, mit den Mondveränderungen gefunden hatte – ein Faktum, das ich sorgfältig geprüft –, hab' ich mich ihrer angenommen, mein Herr, wie eines Geschöpfes, das anders geartet ist wie die übrigen Menschen, dessen krankhafte Existenz nur von mir begriffen werden konnte. Sie ist, wie ich Ihnen sagte, das Bänderlamm. Doch Sie werden sie jetzt sehen, da ist ihr Häuschen!«
In diesem Augenblick waren sie etwa auf ein Drittel Höhe des Berges angelangt, auf von Buschwerk umsäumten Zickzackwegen, die sie im Schritt erklommen. Als sie die Biegung einer dieser Schleifen erreicht hatten, erblickte Genestas das Haus der Fosseuse. Es lag auf einem der Hauptbuckel des Berges. Dort war eine etwas abfallende Rasenfläche von annähernd drei Arpents, die mit Bäumen bepflanzt war und von mehreren Kaskaden genetzt wurde, mit einer kleinen Mauer umgeben worden, die hoch genug, um als Einfriedigung zu dienen, aber nicht so hoch war, dass sie den Blick ins Land versperrt hätte. Das aus Ziegelsteinen erbaute und mit einem flachen Dache, das einige Fuß über den Rand vorsprang, gedeckte Haus, bot in der Landschaft einen reizenden Anblick. Es bestand aus einem Erdgeschoß und einem ersten Stockwerk mit grüngestrichener Tür und Fensterläden. Nach Süden gelegen, hatte es weder Breite noch Tiefe genug, um andere Öffnungen wie die der Fassade zu haben, deren ländliche Eleganz in peinlichster Sauberkeit bestand. Das vorspringende Wetterdach war nach deutscher Weise mit weiß gestrichenen Planken gefüttert. Einige blühende Akazien und andere wohlriechende Bäume, Rotdorne, Schlinggewächse, ein dicker Nussbaum, den man hatte stehen lassen, dann einige an den Bächen entlang gepflanzte Trauerweiden wuchsen um das Haus herum. Hinter ihm befand sich ein dichter Buchen- und Fichtenwald, ein breiter dunkler Grund, von dem sich das hübsche Bauwerk lebhaft abhob. In diesem Augenblick des Tages war die Luft von den verschiedenen Düften des Berges und des Gartens der Fosseuse geschwängert. Der reine und ruhige Himmel war am Horizonte bewölkt. In der Ferne begannen die Gipfel die lebhaften roten Tinten anzunehmen, die ihnen der Sonnenuntergang häufig verleiht. Von dieser Höhe aus übersah man das ganze Tal von Grenoble bis zu jener kreisförmigen Felsenschranke, an deren Fuß der kleine See liegt, an welchem Genestas am Vortage vorübergekommen war. Oberhalb des Hauses und in einer ziemlich großen Entfernung erschien die Pappelreihe, welche die große Straße vom Flecken nach Grenoble anzeigte. Endlich glänzte der Flecken, von den schrägen Sonnenstrahlen getroffen, wie ein Diamant, indem er aus all seinen Fensterscheiben rote Lichter widerstrahlte, die zu rieseln schienen. Bei diesem Anblick hielt Genestas sein Pferd an, wies auf die Gebäulichkeiten des Tales, den neuen Flecken und das Haus der Fosseuse