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dem ältesten Sohn Martin gewachsen. Und nun erwarteten die beiden Nachwuchs.

      »Claudia war ein richtiges Stadtkind«, erklärte er. »Unvorstellbar, nicht wahr?«

      Dr. Scheibler nickte. »Es war eigenartig. Ich habe dort oben… nein, eigentlich schon auf dem Weg dorthin eine seltsame Zufriedenheit gefühlt.«

      Da mußte Dr. Daniel lächeln. »Ich glaube, Sie würden gut nach Steinhausen passen, und ich bin auch sicher, daß Sie sich hier wohl fühlen würden.«

      Dr. Scheibler zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht. Sicher, es ist ein sehr idyllisches Fleckchen Erde, aber auf Dauer…«

      Er kam nicht mehr dazu, den Satz zu beenden, denn in diesem Moment klingelte es.

      »Ach, das wird Wolfgang sein«, meinte Dr. Daniel und lief nach unten, um zu öffnen.

      Wieder fühlte Dr. Scheibler Nervosität aufsteigen, und die verstärkte sich noch, als Dr. Metzler zur Tür hereinkam.

      »Guten Tag, Herr Kollege«, grüßte er, während er Dr. Scheibler mit kräftigem Händedruck begrüßte. Und ein Blick in sein markantes Gesicht genügte dem jungen Arzt, um zu erkennen, daß Dr. Metzler eine gewisse Ähnlichkeit mit Professor Thiersch hatte. Der Ton, in dem er sprach, war bestimmt und seine Ausstrahlung respekteinflößend.

      »Setzen wir uns doch«, schlug Dr. Daniel vor, um die noch etwas gespannte Atmosphäre ein wenig aufzulockern.

      Die drei Männer nahmen Platz, und dann ergriff Dr. Scheibler auch gleich das Wort.

      »Sie wissen, weshalb ich die

      Thiersch-Klinik verlassen mußte«, begann er. »Ich habe versucht, dem Oberarzt einen Fehler zu unterstellen.«

      Dr. Metzler nickte. »Ja, das ist mir bekannt. Allerdings weiß ich inzwischen auch, welch ein erstklassiger Arzt Sie sind.«

      Mit offenem Erstaunen sah Dr. Daniel ihn an. Dr. Metzler bemerkte den Blick und lächelte.

      »Ich habe mich informiert«, gab er zu. »Schließlich wollte ich wissen, mit wem ich künftig zusammenarbeiten werde.«

      Dr. Scheibler brauchte ein paar Sekunden, um diese Worte aufzunehmen.

      »Heißt das… ich darf in der Waldsee-Klinik bei Ihnen arbeiten?« vergewisserte er sich.

      Dr. Metzler nickte, dann streckte er die rechte Hand aus. »Auf eine gute Zusammenarbeit, Herr Kollege.«

      Dr. Scheibler atmete auf. »Danke. Sie werden es nicht bereuen müssen.«

      *

      Dr. Scheibler und Dr. Metzler nützten den angenehm warmen Herbsttag, um zum Waldsee hinunterzugehen. Schließlich sollte Dr. Scheibler erfahren, wo er künftig tätig sein würde. Die herrliche Lage der Klinik begeisterte ihn zwar, dennoch meldete sich jetzt, da er wieder eine Stellung hatte, doch eine leise Wehmut in ihm, denn obwohl es ihm hier in Steinhausen gut gefiel, sehnte er sich schon nach der Stadt zurück – und vor allem nach einer großen Klinik, in der er Aufstiegsmöglichkeiten haben würde.

      »Ich glaube, für immer werde ich nicht hierbleiben.« Er sprach die Worte aus, ohne es wirklich gewollt zu haben.

      Dr. Metzler sah ihn scharf an. »Was soll das heißen?« fragte er irritiert.

      Offen erwiderte Dr. Scheibler seinen Blick. »Das heißt, daß ich irgendwann wieder an eine große Klinik wechseln möchte.«

      »Das ist doch wirklich nicht zu fassen!« brauste Dr. Metzler auf. »Da wird Ihnen trotz Ihres unmöglichen Verhaltens wieder eine Stellung angeboten, und Sie danken es auf diese Weise. Mein lieber Freund, Sie haben nur Glück, daß ich auf dem Land großgeworden bin. Deshalb zählt für mich ein Handschlag nämlich mehr als jeder schriftliche Vertrag. Wäre das nicht so, dann würde ich mein Angebot von vorhin auf der Stelle zurückziehen und Sie zum Teufel schicken.«

      »So war das nicht gemeint«, beteuerte Dr. Scheibler. »Es ist nur… ich habe meine Ziele, und die möchte ich nicht völlig aus den Augen verlieren – auch wenn es im Moment nicht gut um mich steht.«

      Es war ein vernichtender Blick, mit dem Dr. Metzler ihn jetzt musterte.

      »Dann weiß ich ja wenigstens Bescheid«, erklärte er, und dabei schwang in seiner Stimme ein eigenartiger Unterton mit. »Sie werden die Waldsee-Klinik also nur so lange mit Ihrer Anwesenheit beehren, bis Gras über die Sache gewachsen ist.«

      Dr. Scheibler senkte den Kopf.

      »So ungefähr«, gab er ehrlich zu, dann sah er Dr. Metzler bittend an. »Seien Sie mir nicht böse. Es ist nicht so, daß ich undankbar bin. Ich weiß es sehr zu schätzen, daß Sie mir helfen, aber an der Waldsee-Klinik sehe ich nun mal keine Aufstiegsmöglichkeiten. Sie werden Chefarzt sein, und Sie sind nur wenig älter als ich. Bitte, versuchen Sie, mich zu verstehen. Ich will nicht mein Leben lang…«

      »Sparen Sie sich jedes weitere Wort«, unterbrach Dr. Metzler ihn. »Es ist gut, daß ich Ihre Einstellung jetzt kenne.« Er sah Dr. Scheibler mit durchdringendem Blick an. »Für Sie zählt nur die Karriere, aber nicht der Kranke.«

      Heiße Verlegenheit stieg in Dr. Scheibler hoch. Nahezu dieselben Worte hatte auch Rabea einmal gebraucht – und das war noch gar nicht so lange her. Und als er jetzt dem eisigen Blick seines neuen Chefarztes begegnete, da konnte er sich ausmalen, daß die Zusammenarbeit mit Dr. Metzler alles andere als erfreulich für ihn sein würde.

      *

      »Mein lieber Robert, da hast du mir ja was eingebrockt«, erklärte Dr. Metzler ärgerlich.

      Unmittelbar nachdem Dr. Scheibler seine Fahrt nach München angetreten hatte, hatte Wolfgang die Villa seines Freundes Dr. Daniel wieder betreten.

      »Der Kerl will hier nur abwarten, bis Gras über die Sache gewachsen ist, dann wird er der Waldsee-Klinik den Rücken kehren, um weiter an seiner Karriere zu arbeiten«, fuhr Dr. Metzler fort.

      Doch damit konnte er Dr. Daniel nicht aus der Ruhe bringen.

      »Abwarten, Wolfgang«, meinte der. »Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Mag sein, daß Dr. Scheibler jetzt wirklich so denkt, aber ich bin sicher, daß er es sich bald anders überlegen wird. Ich habe gespürt, daß er sich hier wohlfühlt. Stell dir vor, er war am Freitag beim Gröber-Hof oben, und heute hat er mir gegenüber offen zugegeben, daß er noch nie eine so tiefe Zufriedenheit gefühlt hat wie da droben.«

      »Ich hasse es, wenn man bei einem Menschen nicht weiß, woran man ist«, knurrte Metzler. »Und ich fürchte, zwischen diesem Scheibler und mir werden noch einige Male ganz gehörig die Fetzen fliegen.«

      Dr. Daniel grinste. »Du bist ja doch ein Hitzkopf, Wolfgang – genauso wie früher.«

      »Nein, ich kann mich sogar sehr gut beherrschen, sonst hätte ich den Burschen heute schon umgewuchtet, nachdem er mir kaltlächelnd erklärte, daß er nicht auf Dauer hierbleiben will.«

      »Übertreibst du da nicht ein bißchen?« fragte Dr. Daniel ruhig. »Schau mal, Wolfgang, der Junge ist siebenunddreißig und sieht sich momentan am Ende seiner Karriere. Das kann er nicht einfach so hinnehmen. Er will Oberarzt werden und irgendwann auch Chefarzt. Dazu wird er aber niemals Gelegenheit haben, wenn du ihm als Chefarzt vor der Nase sitzt.«

      »Wer sagt denn überhaupt, daß ich Chefarzt der Waldsee-Klinik sein werde?« fragte Dr. Metzler.

      Dr. Daniel zuckte die Schultern. »Das wolltest du doch immer.«

      »Ja, schon, aber…«

      »Was ist los, Wolfgang? Bekommst du plötzlich Angst vor deiner eigenen Courage?« Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Dazu ist es jetzt zu spät. In ein paar Monaten wird die Klinik stehen, und dann mußt du beweisen, was du kannst.«

      Dr. Metzler seufzte. »Ich habe keine Angst, Robert, aber… na ja, lassen wir das Ganze erst mal auf uns zukommen.«

      *

      Dr. Metzler war noch keine fünf Minuten weg,

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