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wir heim.«

      »Könnten wir zuvor noch einen Abstecher nach Steinhausen machen?« fragte Cornelia und sah ihren Mann bittend an. »Ich möchte mich bei Dr. Daniel unbedingt bedanken.«

      Günter bemerkte, wie wichtig das für seine Frau war, und so stimmte er ohne langes Zögern zu. Eine halbe Stunde später erreichten sie die stattliche Villa, die ein wenig außerhalb Steinhausens am Hang stand. Die Vormittagssprechstunde war gerade zu Ende, doch Dr. Daniel hielt sich noch in seinem Sprechzimmer auf, und als die Empfangsdame ihm über die Gegensprechanlage den unerwarteten Besuch meldete, kam er dem jungen Ehepaar erfreut entgegen.

      »Das ist eine nette Überraschung«, meinte er, während er erst Cornelia, dann Günter die Hand reichte. »Wie fühlen Sie sich, Frau Schalk?«

      Cornelia strahlte über das ganze Gesicht. »Ausgezeichnet, Herr Doktor. Die Operationsnarbe macht mir zwar noch leichte Beschwerden, aber Professor Thiersch sagt, das wäre ganz normal, und ich hätte mich ohnehin sehr schnell erholt.«

      Dr. Daniel nickte. »Das scheint mir auch so.«

      »Und stellen Sie sich vor, ich werde später auch Kinder haben können«, sprudelte Cornelia gleich noch hervor.

      »Das freut mich«, erklärte Dr. Daniel, und man merkte ihm an, wie ehrlich er diese Worte meinte. »Hoffentlich erfahre ich dann auch etwas über den Familienzuwachs.«

      Cornelia nickte. »Mit Sicherheit. Wissen Sie, Herr Doktor, in den letzten drei Wochen habe ich einen guten Gynäkologen schätzengelernt. Wenn meine Freundin mich nicht überredet hätte, zu Ihnen zu kommen… wer weiß, wie mein Leben dann heute aussehen würde. Und ich glaube, künftig werde ich den Weg von München nach Steinhausen immer auf mich nehmen, wenn eine frauenärztliche Untersuchung ansteht.«

      Dr. Daniel lächelte. »Das ist natürlich ein großes Kompliment für mich.«

      »Und wenn wir erst mal ein Kind haben, dann könnte ich mich durchaus mit dem Gedanken an einen Umzug anfreunden«, fügte Günter Schalk hinzu. »Dieses Steinhausen ist ein ganz beschaulicher Ort, an dem wir uns sicher wohl fühlen würden.«

      »Bestimmt«, bekräftigte Dr. Daniel. »Ich selbst habe es jedenfalls niemals bereut, daß ich meine schleswig-holsteinische Heimat mit Bayern vertauscht habe.«

      Cornelia warf einen Blick auf ihre elegante Armbanduhr. »So, jetzt wollen wir Sie aber nicht mehr länger von ihrer verdienten Mittagspause abhalten, Herr Doktor.« Sie reichte ihm voller Herzlichkeit die Hand. »In drei Wochen etwa werde ich zur Nachuntersuchung kommen.«

      Dr. Daniel nickte. »Sollten Sie aber vorher irgendwelche Beschwerden haben – was ich nicht annehme –, dann können Sie jederzeit kommen.«

      Cornelia lächelte. »Danke, Herr Doktor – für alles.«

      *

      Es war früher Abend, als es bei Rainer und Anke Bergmann klingelte.

      »Gleichgültig, wer es ist – schick ihn weg«, bat Rainer. »Ich will niemanden sehen.«

      Mit einem tiefen Seufzer stand Anke auf, um die Tür zu öffnen. Sie wußte, wer davorstehen würde, und sie wußte auch, daß sie die beiden Männer nicht einfach wegschicken konnte, wo sie selbst es gewesen war, die sie hergebeten hatte.

      »Guten Abend, Herr Doktor, grüß dich, Wolfgang«, erklärte Anke und blieb dabei zögernd in der geöffneten Tür stehen.

      Dr. Daniel ahnte den Grund. »Er will uns nicht sehen, oder?«

      Anke nickte. »Das heißt… Rainer weiß gar nicht, daß Sie und Wolfgang hier sind. Er will überhaupt niemanden sehen.«

      »Davon werden wir uns nicht abhalten lassen«, meinte Dr. Metzler. »Rainer ist auf dem besten Weg, in eine tiefe Depression zu rutschen, und das müssen wir um jeden Preis verhindern.«

      Doch Anke zögerte noch immer. »Er kann manchmal so jähzornig sein, und ich… ich habe ein bißchen Angst vor seiner Reaktion, wenn…«

      »Keine Sorge, Frau Bergmann«, fiel Dr. Daniel ihr sanft ins Wort. »Wolfgang und ich werden schon mit ihm fertig. Und Wolfgang hat auch vollkommen recht: Rainer muß endlich geholfen werden.«

      Anke nickte ein wenig halbherzig, dann ließ sie die beiden Männer eintreten. Im selben Moment kam Rainer aus dem Wohnzimmer, weil er die Stimmen im Flur gehört hatte.

      »Ich habe doch gesagt, daß ich niemanden sehen will!« brauste er auf, dann wandte er sich plötzlich ab und fügte leise hinzu: »Ich ertrage keine Vorwürfe mehr.«

      »Deswegen sind wir ja auch gar nicht gekommen«, meinte Dr. Daniel, während er Rainer fürsorglich ins Wohnzimmer zurückbegleitete.

      »Sie vielleicht nicht, aber er!« widersprach Rainer und deutete dabei auf Dr. Metzler.

      Schuldbewußt senkte der junge Arzt den Kopf. Er wußte genau, was Rainer meinte.

      »Ich habe nach dem Unfall falsch reagiert«, gab Dr. Metzler offen zu. »Ich habe dir ungerechtfertigte Vorwürfe gemacht, aber ich habe auch gesagt, daß es mir leid tut. Und ich gedenke nicht, einen solchen Fehler zweimal zu machen. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur sagen, daß ich an diesem Tag eine Ausnahmesituation erlebte. Ich sah einen Mann sterben, der überlebt hätte, wenn der Krankenwagen früher eingetroffen wäre. Ich fühlte mich hilflos, und ich mußte an den Tag denken, an dem mein Vater auf nahezu die gleiche Weise starb.«

      »Ja, und auch daran gibst du die Schuld meinem Vater und mir«, erklärte Rainer mit offener Bitterkeit in der Stimme.

      »Dir nicht«, berichtigte Dr. Metzler sofort. »Und ich gebe dir auch an diesem Unfall keine Schuld, Rainer. In einem stehe ich aber zu meinem Wort: So etwas darf nie wieder geschehen!«

      Mit brennenden Augen sah Rainer ihn an. »Das heißt, daß du mich zwingen wirst, die CHEMCO zu schließen.«

      »Nein, das wird er nicht«, mischte sich Dr. Daniel ein. »Mit einer Schließung der CHEMCO wäre niemandem geholfen. Ein solcher Schritt würde lediglich dazu führen, daß eine Menge Leute arbeitslos wären und versuchen würden, in einem anderen Chemiewerk unterzukommen. Wolfgang und ich wollten das Übel bei der Wurzel packen – zumindest hier in Steinhausen. Ich bin nämlich ebenfalls der Meinung, daß ein weiterer unnötiger Todesfall verhindert werden muß, und deshalb haben wir den Bau einer Klinik beantragt.«

      Überrascht sah Rainer den Arzt an. »Sie haben… was?«

      »Du hast richtig gehört«, meinte Dr. Metzler. »Wir wollen eine Klinik in Steinhausen bauen. Ich selbst träume davon, seit mein Vater damals tödlich verunglückt ist, und jetzt habe ich es in der Hand, diesen Traum wahr werden zu lassen. Und Robert unterstützt mich nach Kräften, aber…« Er stockte, weil er Rainer nicht auch noch mit diesen Problemen belasten wollte. Er litt unter dem Unfall in seiner Firma ohnehin schon genug.

      »Was aber?« hakte Rainer nach. Plötzlich waren seine Depressionen vergesssen. Eine Klinik in Steinhausen. Ja, das wäre vielleicht tatsächlich eine Lösung.

      Sowohl Dr. Daniel als auch Dr. Metzler bemerkten den Stimmungsumschwung bei Rainer. Sie tauschten einen kurzen Blick, dann ergriff Dr. Daniel das Wort.

      »Also schön, Rainer, wir werden Ihnen alles erzählen«, erklärte er. »Wir haben uns bereits vor einer guten Woche mit dem Bürgermeister in Verbindung gesetzt und schließlich sogar eine außerordentliche Gemeinderatssitzung beantragt.«

      Rainer winkte ab. »Das Ergebnis dieser Sitzung kann ich mir vorstellen. Immerhin sitzt mein Vater im Gemeinderat. Ihr Antrag wurde natürlich abgelehnt.«

      Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Nicht ganz. Die Gemeinde wäre sogar bereit, uns ein Grundstück zur Verfügung zu stellen – vorausgesetzt, wir können die Finanzierung des Klinikbaus sichern.«

      »Was unmöglich sein dürfte«, vermutete Rainer.

      Dr. Metzler nickte. »Robert hat zwar etliche Rücklagen aus dem Erbe seiner Frau, die er zur Verfügung stellen könnte. Einen Teil des

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