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Ausdruck in ihren Augen. »Was sagen Sie dazu, Herr Gray?« forschte sie.

      Dorian zögerte einen Augenblick. Dann warf er den Kopf zurück und lachte. »Ich stimme mit Harry immer überein, Frau Herzogin.«

      »Auch wenn er unrecht hat?«

      »Harry hat nie unrecht, Frau Herzogin.«

      »Und macht Sie seine Philosophie glücklich?«

      »Glück habe ich nie gesucht. Wer braucht Glück? Ich habe Vergnügen gesucht.«

      »Und gefunden, Herr Gray?«

      »Oft. Zu oft.«

      Die Herzogin seufzte. »Ich suche Frieden,« sagte sie, »und wenn ich jetzt nicht gehe und mich anziehe, habe ich ihn heut abend nicht.«

      »Lassen Sie mich Ihnen ein paar Orchideen holen, Frau Herzogin!« rief Dorian, sprang auf und ging ins Gewächshaus hinunter.

      »Du flirtest ganz schändlich mit ihm«, sagte Lord Henry zu seiner Kusine. »Du solltest dich lieber in acht nehmen. Er kann sehr faszinieren.«

      »Wenn er es nicht könnte, gäb's keinen Kampf.«

      »Also Griechen kämpfen gegen Griechen?«

      »Ich bin auf seiten der Trojaner. Sie kämpften für ein Weib.«

      »Sie wurden besiegt.«

      »Es gibt ärgere Dinge als Gefangenschaft«, erwiderte sie.

      »Du galoppierst mit verhängtem Zügel.«

      »Das Tempo macht Leben«, war die Antwort.

      »Ich will mir das heut abend in mein Tagebuch schreiben.«

      »Was?«

      »Daß ein gebranntes Kind das Feuer liebt.«

      »Ich bin noch nicht einmal versengt. Meine Flügel sind unberührt.«

      »Du gebrauchst sie zu allem, nur nicht zur Flucht.«

      »Der Mut ist von den Männern zu den Frauen gewandert. Das ist ein neues Erlebnis für uns.«

      »Du hast eine Rivalin.«

      »Wen?«

      Er lachte. »Lady Narborough«, flüsterte er. »Sie betet ihn an.«

      »Du machst mir Angst. Die Beschwörung des Altertums ist für uns Romantiker stets gefährlich.«

      »Romantiker! Du hast alle Methoden der Wissenschaft.«

      »Männer haben uns erzogen.«

      »Aber nicht erklärt.«

      »Gib uns eine Definition unseres Geschlechtes«, forderte sie ihn heraus.

      »Sphinxe ohne Geheimnisse.«

      Sie sah ihn lächelnd an. »Wie lange Herr Gray wegbleibt«, sagte sie. »Wir wollen ihm helfen. Ich habe ihm noch nicht einmal die Farbe meines Kleides angegeben.«

      »Pah! Du mußt dein Kleid seinen Blumen anpassen, Gladys.«

      »Das wäre eine zu frühe Übergabe.«

      »Die romantische Kunst beginnt mit dem Höhepunkt.«

      »Ich muß mir die Möglichkeit des Rückzuges offen halten.«

      »Wie die Parther?«

      »Sie fanden Schutz in der Wüste. Mir wäre das nicht möglich.«

      »Man läßt den Frauen nicht immer die Wahl«, entgegnete er; aber kaum hatte er den Satz zu Ende gesprochen, als von dem äußersten Winkel des Gewächshauses her ein unterdrücktes Stöhnen kam, dem das dumpfe Geräusch eines schweren Falles folgte. Alles sprang auf. Die Herzogin stand regungslos da vor Schreck. Mit ängstlichen Augen stürzte Lord Henry durch die wehenden Fächer der Palmen und fand Dorian Gray in einer todesähnlichen Ohnmacht am Boden liegend, mit dem Gesicht auf den kühlen Fliesen.

      Er wurde sofort in den blauen Salon gebracht und auf ein Sofa gelegt. Nach einer kurzen Weile kam er wieder zu sich und sah sich verstört um.

      »Was, ist geschehen?« fragte er. »Ach! jetzt fällt mir's ein. Bin ich hier sicher, Harry?« Er begann zu zittern.

      »Mein lieber Dorian,« antwortete Lord Henry, »es war ein Ohnmachtsanfall. Weiter nichts. Du mußt dich wohl übermüdet haben. Komm lieber nicht zum Diner hinunter. Ich werde dich vertreten.«

      »Nein, ich will herunterkommen«, sagte er und mühte sich, auf den Füßen zu stehen. »Ich komme lieber herunter! Ich darf nicht allein sein.«

      Er ging in sein Zimmer und zog sich um. Als er bei Tisch saß, war in seinem Gehaben eine wilde, übermütige Lustigkeit, aber hin und wieder überlief ihn ein Angstschauer, wenn er sich erinnerte, daß er, gegen die Fensterscheiben des Gewächshauses gepreßt, das lauernde Gesicht James Vanes wie ein weißes Tuch erblickt hatte.

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