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du dir wünschst, soll dir zu Füßen gelegt werden«, versicherte er.

      »Auch ein Glas warme Milch?«, fragte sie patzig. In ihren großen dunklen Augen loderte Hass.

      »Willst du dich über mich lustig machen?«, fragte er misstrauisch, stand auf und setzte sich in einen Sessel ihr gegenüber. Kein Lächeln lag nun mehr auf seinen Lippen, forschend schaute er sie an. »Übrigens, Philip bringt uns gleich das Frühstück, das ich heute mit dir allein einnehmen wollte. Du hast doch nichts dagegen?«

      Am liebsten hätte sie abgelehnt, doch sie erinnerte sich rechtzeitig an Maria Santos’ mahnende Worte. Maria hatte ihr geraten, den Grafen nicht zu herablassend zu behandeln, denn auch ein verliebter Mann hatte lichte Momente.

      Silvia lachte plötzlich, als sie an Marias Ausdrucksweise dachte.

      »Du lachst wieder? Da bin ich ja beruhigt. Aber nun sag schon: Was war das mit der Milch?«

      Silvia wurde der Antwort enthoben, denn Philip schob einen Servierwagen herein. Der Diener deckte den Tisch vor der offenen Balkontür.

      »Haben Sie noch einen Wunsch, Herr Graf?«

      »Danke, nein.«

      »Sagen Sie bitte meinen Freunden, dass ich heute Morgen mit dem Grafen auf dem Zimmer frühstücke!«, rief Silvia ihm nach.

      »Sehr wohl, Contessa.« Als Philip die Suite verließ, rümpfte er die Nase. Er hatte noch niemals jemanden so lauthals mit einem Diener reden hören.

      Gerhard hingegen hatte den Diener schon wieder vergessen. Der junge Graf schenkte seiner Geliebten Kaffee ein.

      »Ich wollte heute Morgen ein Glas Milch, aber Amanda weigerte sich, es mir zu bringen«, erklärte Silvia und hielt die langen Wimpern gesenkt.

      »Ich …, ich habe mich ausgesprochen schlecht behandelt gefühlt. So etwas passiert einem nicht einmal in einem drittklassigen Hotel.«

      »Hm …, ich kenne Amanda nur freundlich«, antwortete er überrascht. »Warum hat sie denn abgelehnt? Oder ging sie weg, ohne eine Begründung zu nennen?«

      Gerhard merkte, wie das Blut schneller durch die Adern floss. Seine Wangen färbten sich dunkelrot. Sicher, Amanda war schon viele Jahre auf Pallenberg, und sie war aus seiner Kindheit und Jugend nicht wegzudenken. Aber durfte sie deswegen der zukünftigen Gräfin einen Wunsch verweigern?

      »Oh, sie …, sie sagte, sie sei nur für Gräfin Ludovica zuständig, dann ging sie«, antwortete Silvia leise, und sie brachte es tatsächlich fertig, ein paar Tränen hervorzuquetschen.

      »Bitte, weine nicht«, bat er weich, stand auf, ging zu ihr und küsste die Tränen von ihren Wangen. »Ich werde versuchen, das zu ändern. Allerdings hat Amanda recht. Sie ist die Zofe meiner Tante und steht nicht auf meiner Lohnliste. Ich habe ihr nichts zu befehlen. Trotzdem möchte ich, dass du höflich behandelt wirst.«

      Der junge Graf griff in die Brusttasche seines Hemdes und holte ein Schmuckkästchen hervor. Er legte es auf Silvias Damastserviette und stand auf.

      »Es sollte ein Morgengruß sein, um dich zu erfreuen«, sagte er leise. »Ich hoffe, Amanda hat dich nicht zu sehr verärgert. Nimm es an, Liebling, denn es soll dir meine Liebe beweisen. Mich entschuldige bitte, ich möchte kurz mit Tante Ludovica reden.«

      Noch bevor Silvia antworten konnte, hatte der Graf das Zimmer verlassen.

      Sie lächelte siegessicher, als sie das kleine schwarze Lederkästchen betrachtete. Sie war erfahren in derartigen Geschenken, und sie fragte sich nur noch, welchen Stein der Ring wohl haben mochte.

      Silvia de Mirandola ließ das Kästchen aufschnappen. Ein Entzückensruf entschlüpfte ihr, als sie den Ring betrachtete, der auf weißem Samt gebettet lag.

      Glutrot schimmerte ein Rubin in den ersten Strahlen der Morgensonne. »Wunderbar«, flüsterte Silvia andächtig und nahm den Ring aus dem Etui. Sie schob ihn über den Ringfinger, streckte den Arm aus und betrachtete das Schmuckstück.

      Der Rubin war in Platin gefasst, das hatte Silvia mit einem Blick erkannt. Jetzt beschäftigte sie die Frage, was er wohl wert sein mochte.

      Sie konnte es nicht genau sagen, aber er musste – ihren Erfahrungen nach – ein Vermögen gekostet haben.

      »Ich werde heute besonders lieb zu ihm sein«, sagte sie selbstgefällig, und ein sinnliches Lächeln glitt über ihr Gesicht. O ja, Silvia verstand es, mit Männern umzugehen. Und ihre Schönheit machte ihr fast jede Eroberung leicht.

      Gerhard von Permont hatte Silvia inzwischen aus seinen Gedanken gestrichen. Der junge Graf bebte vor Zorn, als er das Speisezimmer im Haupttrakt betrat.

      Gräfin Ludovica hatte sich entschlossen, die Mahlzeiten wie üblich wieder im Speisezimmer einzunehmen. Die alte Dame saß allein am Tisch. Amanda saß abseits und las ihr aus der Tageszeitung vor.

      »Amanda, was haben Sie sich meinem Gast gegenüber herausgenommen?«, fuhr Gerhard sie barsch an.

      »Guten Morgen, mein Junge«, sagte seine Tante gelassen. Sie kannte die Geschichte bereits und wusste, warum Gerhard so zornig war. »Seit wann lässt du die Höflichkeitsformen außer Acht?«

      »Seit wann verweigern Dienstboten die Arbeit?«, schrie er, außer sich vor Zorn. Gerhard stand leicht vornübergeneigt da, seine Hände umklammerten eine Stuhllehne, sein Blick ging zwischen seiner Tante und der Zofe hin und her.

      Amanda wich dem Blick des Schlossherrn nicht aus. Sie fühlte sich nicht schuldig, denn sie wollte lieber das Schloss verlassen, als für eine Frau wie Silvia zu arbeiten.

      »Amanda, lassen Sie mich bitte allein mit diesem …, diesem … Wüterich«, bat die Gräfin.

      Die Zofe wich dem Blick des Grafen nicht aus, als sie hocherhobenen Hauptes an ihm vorbeiging.

      »Bitte, setz dich«, sagte die Gräfin, immer noch sehr höflich. Sie deutete auf einen Stuhl gegenüber. »Auch eine Tasse Kaffee?«

      »Ich will keinen Kaffee, sondern eine Erklärung«, antwortete er aufbrausend. Trotzdem setzte er sich und zog ein Zigarettenetui aus der Tasche. »Darf ich rauchen?«

      »Sicher. Gib mir bitte auch eine.«

      Gerhard kam der Bitte nach und gab seiner Tante Feuer.

      »So, nun können wir miteinander reden«, sagte Tante Ludovica. »Unhöflichkeiten und Schreiereien verbitte ich mir. Wir sind hier nicht auf einem Jahrmarkt.«

      »Danke für den Hinweis«, murrte er.

      »Ich kenne die Geschichte, lieber Neffe«, fuhr Tante Ludovica fort. Sie sprach sehr langsam und bedacht. Gerhard wurde den Verdacht nicht los, dass Amandas Verhalten für Tante Ludovica ein himmlisches Vergnügen gewesen war.

      »Und?«

      »Ich muss Amanda recht geben. Sie ist meine Zofe und für nichts anderes zuständig«, erklärte die alte Dame gelassen. »Und meine Zofe soll der Contessa Milch holen? Ich bitte dich, Gerhard, wir haben genügend Personal für dererlei Aufgaben.«

      »Wäre deiner Amanda ein Zacken aus der Krone gefallen, wenn sie die Milch geholt hätte?«

      »Sicher nicht, aber jetzt werde ich dir etwas sagen.« Tante Ludovica wurde lauter. »Amanda will gehen, wenn sie noch einmal zu anderen Zwecken herangezogen werden soll. Soll ich eine Zofe gehen lassen, mit der ich sage und schreibe zweiundzwanzig Jahre lang zufrieden gewesen bin?«

      »Es gibt auch andere Zofen, die …«

      »Schweig«, unterbrach sie ihn schroff. Es tat schrecklich weh, Gerhard in dieser Verfassung sehen zu müssen. Tante Ludovica betrachtete ihn lange. War das noch der gleiche Gerhard, der sie vor drei Wochen verlassen hatte? Die alte Dame schauderte unter seinem kalten entschlossenen Blick.

      Tante Ludovica stand auf. Die Hand, die nach dem Gehstock griff, zitterte. »Ich habe Pallenberg bis heute als meine Heimat betrachtet. Vielleicht habe ich mich geirrt – lassen wir das dahingestellt sein. Noch habe ich

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