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kon­ve­nie­ren?«

      »Ge­wiss! Ich bin Ih­nen sehr dank­bar.«

      »Wird denn der Kerl bis nach Russ­land ge­lau­fen sein?« rief die alte Schank da­zwi­schen.

      »Ich hof­fe«, schloss Fräu­lein Schank mit kla­gen­der Stim­me, »du wirst dich dort ein­le­ben.« Trä­nen tra­ten ihr in die Au­gen, und sie um­arm­te Rosa. »Gott be­hü­te dich! Ich habe ge­tan, was ich konn­te.«

      Als Rosa der al­ten Schank die Hand küs­sen woll­te, hielt die­se sie fest. »Adieu, lie­be Stre­ber, ma­chen Sie sich nichts dar­aus, dass er Ih­nen durch­ge­gan­gen ist. Die Ro­sa­lie ließ auch so ei­ner sit­zen. Wir war­ten auf den Kerl heu­te noch. Wie heißt er doch – Ro­sa­lie? – Dei­ner? Du musst das wis­sen.«

      »Mut­ter!« fuhr Fräu­lein Schank ge­reizt auf, »Rosa Herz ist’s – Rosa Herz.«

      »Ach Gute! Ich weiß wohl, was ich sage. Ich ken­ne eure schmut­zi­gen Ge­schich­ten ganz ge­nau, nur der Name ist mir ent­fal­len. Du hast aber dei­ne Heim­lich­kei­ten; das kenn ich schon!«

      So­mit war es ent­schie­den, Rosa reis­te ab. Wei­nend pack­te Ag­nes die Kof­fer. Um den Zug zu er­rei­chen, muss­te Rosa um neun Uhr abends die Stadt ver­las­sen. Der Post­wa­gen hielt vor der Türe, und der Haus­knecht band die Kof­fer auf. Ag­nes nahm Rosa noch ein­mal in die Arme und flüs­ter­te ihr gute Leh­ren ins Ohr: »– und dann, Kind, nimm dich in acht. Die Rus­sen sind gott­lo­se Leu­te, und du weißt, wie hübsch du bist. War­te, bis ei­ner dich recht lieb hat und bis du ihn auch lieb­ha­ben kannst, dann hei­ra­te ihn. Aber war­te; glau­be mir, Kind, das ist bes­ser.«

      »Ja, Ag­nes, das ist bes­ser.«

      Der Ge­dan­ke, sie könn­te noch ein­mal je­mand recht lieb­ha­ben, mach­te die­ses lie­bes­durs­ti­ge Frau­en­herz für einen Au­gen­blick ganz warm, und Rosa lä­chel­te.

      Als sie aber im Wa­gen saß und durch die Stadt fuhr, wein­te sie doch. Sie beug­te sich vor, um noch einen Blick auf das Stück Le­ben zu wer­fen, mit dem sie nun vollends ab­schloss.

      Über dem Rat­haus hing der Mond. Der Markt­platz war so hell be­schie­nen, dass man die Pflas­ter­stei­ne hät­te zäh­len kön­nen. An den Häu­sern ent­lang trip­pel­te eine zier­li­che Ge­stalt mit ei­nem breit­ran­di­gen gel­ben Stroh­hut. Sie mach­te ei­ni­ge Schrit­te und schau­te sich um, ging wei­ter und schau­te sich wie­der um. War das nicht Ma­ri­an­ne Schulz? Ja! Und ihr auf dem Fuß folg­te breit­schult­rig und be­hä­big Her­weg Koll­hardt.

      ENDE

Wellen

       Vous êtes tous les deux téné­breux et dis­crets:

       Hom­me, nul n’a son­dé le fond de tes abî­mes,

       O mer, nul ne con­naît tes ri­ches­ses in­ti­mes,

       Tant vous êtes ja­loux de gar­der vos se­crets.

       Bau­de­lai­re

      Erstes Kapitel

      Die Ge­ne­ra­lin von Pa­li­kow und Fräu­lein Mal­wi­ne Bork, ihre lang­jäh­ri­ge Ge­sell­schaf­te­rin und Freun­din, ka­men in das Wohn­zim­mer. Sie woll­ten sich ein we­nig er­ho­len. Die Ge­ne­ra­lin setz­te sich auf das Sofa, das frisch mit ei­nem blan­ken, schwarz und ro­ten Kat­tun be­zo­gen war. Sie war sehr er­hitzt und lös­te die Hau­ben­bän­der un­term Kinn. Das lila Som­mer­kleid knis­ter­te leicht, die wei­ßen Haar­ku­chen an den Schlä­fen wa­ren ver­scho­ben und sie at­me­te stark. Sie schwieg eine Wei­le und schau­te mit den ein we­nig her­vor­ste­hen­den grell­blau­en Au­gen kri­tisch im Zim­mer um­her. Das Zim­mer war weiß ge­tüncht, we­nig schwe­re Mö­bel stan­den an den Wän­den um­her und über die Bret­ter des Fuß­bo­dens war Sand ge­streut, der in der Abend­son­ne glit­zer­te. Es roch hier nach Kalk und See­moos.

      »Hart«, sag­te die Ge­ne­ra­lin und leg­te ihre Hand auf das Sofa.

      Fräu­lein Bork neig­te den Kopf mit dem leicht er­grau­ten Haar auf die lin­ke Schul­ter, blick­te schief durch die Glä­ser ih­res Knei­fers auf die Ge­ne­ra­lin, und das bräun­li­che Ge­sicht, das aus­sah wie das Ge­sicht ei­nes klu­gen äl­te­ren Herrn, lä­chel­te ein nach­denk­li­ches, ver­zei­hen­des Lä­cheln. »Das Sofa«, sag­te sie, »na­tür­lich, aber man kann es nicht an­ders ver­lan­gen. Für die Ver­hält­nis­se ist es doch sehr gut.«

      »Lie­be Mal­wi­ne«, mein­te die Ge­ne­ra­lin, »Sie ha­ben die An­ge­wohn­heit, al­les ge­gen mich zu ver­tei­di­gen. Ich grei­fe das Sofa gar nicht an, ich sage nur, es ist hart, das wird man doch noch dür­fen.«

      Fräu­lein Bork er­wi­der­te dar­auf nichts, sie lä­chel­te ihr ver­zei­hen­des Lä­cheln und schau­te schief durch ih­ren Knei­fer jetzt zum Fens­ter hin­aus auf den klei­nen Gar­ten, der da­vor lag. Salat und Kohl wuch­sen dort recht küm­mer­lich, Son­nen­blu­men stan­den da mit großen schwar­zen Her­zen und über al­le­dem lag ein leich­ter blon­der Staub­schlei­er. Da­hin­ter der Strand grell oran­ge in der Abend­son­ne, end­lich das Meer un­deut­lich von all dem un­ru­hi­gen Glan­ze, der auf ihm schwamm, von den zwei re­gel­mä­ßi­gen wei­ßen Stri­chen der Bran­dungs­wel­len um­säumt. Und ein Rau­schen kam her­über ein­tö­nig, wie von ei­nem schläf­ri­gen Takt­stock ge­lei­tet.

      »Wer­den sie auch heu­te Abend alle satt wer­den?« be­gann die Ge­ne­ra­lin wie­der. »Die Rei­se macht hung­rig.« – »Ich den­ke«, er­wi­der­te Fräu­lein Bork, »da sind die Fi­sche, die Kar­tof­feln, die Erd­bee­ren, und We­dig hat sein Beefs­teak.«

      »So, so«, mein­te die Ge­ne­ra­lin, »üb­ri­gens der Jun­ge wird es im Le­ben nicht leicht ha­ben, wenn er im­mer sein Beefs­teak ha­ben muss.«

      Fräu­lein Bork zuck­te mit den Ach­seln und sag­te ent­schul­di­gend: »Er ist so zart.« Aber das är­ger­te die Ge­ne­ra­lin: »Ge­wiss, ich gön­ne ihm sein Beefs­teak, Sie brau­chen ihn nicht zu ver­tei­di­gen. Nur fin­de ich, lie­be Mal­wi­ne, dass Sie kei­nen rech­ten Sinn ha­ben für das, was man all­ge­mei­ne Be­mer­kun­gen nennt.« Dann schwie­gen die bei­den Da­men wie­der.

      Drau­ßen von der Holz­ve­ran­da tön­te Lärm her­über, Teller­ge­klap­per und hohe Stim­men. Er­nes­ti­ne deck­te dort den Tisch für das Abendes­sen und stritt da­bei mit We­dig. Auch Lolo und Nini wa­ren er­schie­nen, sie lehn­ten an der Holz­brüs­tung der Ve­ran­da schmal und schlank in ih­ren blau­en Som­mer­klei­dern. Der See­wind fuhr ih­nen in das leich­te rote Haar und ließ es hübsch um die Ge­sich­ter mit den fast krank­haft fei­nen Zü­gen

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