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Schloß führte, hin und her gingen. Sie gewann die Herrschaft über ihre Sinne erst wieder, als der Ruf ihres Gatten ihr Ohr traf.

      »Diana! … Diana!«

      Hatte die Kunde von dem gewaltsamen sündigen Tod Erik Truwors Diana niedergeworfen, oder war es nur die Wucht aller dieser Ereignisse und Nachrichten, die so plötzlich auf sie einstürmten? Lord Horace wußte es nicht, aber er fühlte, daß die nächsten Minuten ihm die Klarheit darüber bringen müßten.

      Diana vernahm den Ruf und schrak auf. Schmerzzerrissen, mit verstörten Augen blickte sie ihren Gatten an. Wie einen Unbekannten.

      »Horace! … Horace!«

      Das war der Ruf einer Seele aus tiefster Not.

      »Horace … du! … du!«

      Lord Maitland legte die Arme um Dianas Leib. Er fühlte ihr Herz an seiner Brust in wilden Schlägen toben. Er fühlte, wie ihre Glieder zitterten und bebten.

      »Diana … was …«

      Behutsam und fürsorglich führte Lord Maitland Diana zu der Bank zurück. Er wollte sprechen und kam nicht dazu. Sein Weib hing an seinem Hals, umschlang ihn mit den Armen, als ob sie ihn erdrücken … als ob sie ihn nie wieder lassen wolle.

      Ein frohes Leuchten kam in seine Augen.

      »Diana?« halb Frage, halb Jubel lag in dem einen Wort. Er versuchte es, die Arme, die ihn so fest umschlungen hielten, sanft zu lösen, ihr Gesicht zu sich zu erheben. Sie widerstand ihm. Nur noch fester umschlangen ihre Arme seinen Nacken, nur noch enger preßte sie ihr Herz an das seine.

      Und da wußte Lord Maitland: Sie war sein und immer sein gewesen. Mit frohen Augen blickte er zu der strahlenden Morgensonne empor, Diana fest in den Armen.

      So saßen sie eng umschlungen, vergaßen die Welt um sich, vergaßen die Zeit, die rastlos verstrich. Bis der Sonnenglanz sich trübte, ein Schatten auf ihre leuchtenden Gestalten fiel. Der Schatten Atmas, der dicht vor ihnen stand. Die Gegenwart Atmas brachte sie in Raum und Zeit zurück.

      »Wo ist Jane Bursfeld?«

      Wie ein kaltes Wehen strich es über ihre glühenden Herzen.

      »Jane?« … Diana sprang auf.

      »Arme Jane! Ich will Euch zu ihr führen.«

      Langsam und zögernden Schrittes ging sie vor den beiden Männern nach der Blutbuche hin, bei der sie Jane wußte. Bei dem Klang der nahenden Schritte blickte Jane empor. Ihre Augen wanderten von dem einen zum anderen. Dann erkannte sie Atma, sprang auf und lief ihm entgegen.

      »Atma! Atma! Du … du hier?«

      Glück und Freude strahlten auf ihren Mienen.

      »Atma, du bist hier? Wo ist Silvester? Wo hast du Silvester? .. Wann kommt er? .. Wann holt er mich?«

      Atma stand unbeweglich. Mit beiden Armen hatte er die Gestalt Janes aufgefangen, als sie ihm entgegenlief. Sie hing an seinem Halse. Er hielt sie nur noch mit der Linken umschlungen. Drückte die Linke fest auf ihr Herz, während er mit der Rechten das zarte blonde Haupt auf seine Schulter niederzog, ihr langsam über Stirn und Augen strich. Langsam, wie schwere Tropfen fielen die Worte von seinen Lippen: »Silvester … dein Mann … ist tot.«

      Jane zuckte zusammen. Regungslos lag sie da im Arm Atmas, ließ sich von ihm zu der Bank führen, saß immer noch in seinem Arm neben ihm.

      »Silvester Bursfeld ist tot.«

      In der Stille des Herbstmorgens drangen die Worte bis an das Ohr Dianas, die sich an den Arm ihres Gatten klammerte.

      Und noch ein drittes Mal wiederholte Atma die traurige Kunde, während seine Linke das stockende Herz Janes zusammenpreßte.

      »Silvester Bursfeld, dein Gatte, ist tot.«

      Jane Bursfeld hörte die Worte, ohne zu weinen, zu klagen. Langsam hob sie ihr blasses Haupt, starrte in den sonnigen Himmel, blickte, sann und hörte, was Atma sprach.

      Von der letzten Stunde Silvesters sprach Atma. Wie ihm der letzte große Wurf gelungen. Wie er seine Entdeckung zur höchsten Vollendung gebracht.

      Die starre Unbewegtheit Janes wurde durch ein leises Zittern erschüttert.

      Weiter sprach Atma. Daß Silvester dahingegangen sei, die letzte Botschaft Janes im Herzen. Wie sie ihn fanden, im Tode noch ein Lächeln auf den Lippen, den Depeschenstreifen in den erstarrten Händen.

      Jane hörte es, und ihr starrer Blick leuchtete auf. Ihre Lippen zuckten noch, ihre Mienen wurden ruhiger.

      Atma sprach, und langsam ließ der Druck seiner Hand auf ihr tief und gleichmäßig pochendes Herz nach.

      »Sein Name und sein Ruf leben in deinem Schoß fort. Sorge für Silvester, indem du für sein Kind sorgst und lebst …«

      Er ließ seine Arme sinken. Frei stand Jane vor ihm. Doch sein gewaltiger Einfluß wirkte weiter. All ihr Fühlen, alle ihre Gedanken konzentrierte er auf das keimende Leben in ihrem Schoß.

      Ein Lächeln trat auf ihre Züge. Ihr Antlitz gewann die zarte Röte wieder. So schritt sie an Soma Atma vorbei. So an Lord Horace und Lady Diana vorüber dem Schloß zu.

      In den Armen Atmas hatte sie das Furchtbare des ersten Schmerzes überstanden. Ihr künftiges Leben, ihre ganze Zukunft war dem Erben Silvesters, dem Erben der Macht geweiht.

      Diana Maitland sah Jane auf das Haus zugehen. Sie zitterte unter dem Eindruck der Szene. Sie hatte gefürchtet, Jane weinen, Jane niederbrechen, Jane sterben zu sehen. Und sah sie ruhig und gefaßt fortschreiten.

      Sie fühlte die eigenen Knie wanken und stützte sich fester auf den Arm ihres Gatten.

      Atma schritt langsam Jane Bursfeld nach. Er kam an Lady Diana und Lord Horace vorüber. Sein Schritt verzögerte sich. Er blieb stehen.

      Sein Blick umfaßte die Gestalt Dianas, wie er vorher auf der Janes geruht hatte. Voll öffneten sich seine Lippen. Glanz strahlte aus seinen Blicken. Langsam sprach er … stockend, abgerissen, wie von einer fremden Macht getrieben:

      »Gesegnet ist das Haus. Die Erben zweier Geschlechter werden in seinen Mauern geboren … Sorgt für sie! … Hütet sie! … Sie tragen die Zukunft … das Schicksal bestimmt sie zu … Großem …!«

      Er ging weiter …

      »Diana! Was sagte der Inder? … Was meinte er … Zwei Erben!«

      Diana Maitland hatte den Blick zu Boden gerichtet. Lord Horace zwang sie mit sanfter Gewalt, den Kopf zu erheben, ihn anzusehen.

      »Zwei Erben! Diana! Was meinte Atma?«

      »Er sah und sagte, was ist.«

      »Diana!«

      »Horace!«

      Es waren nur zwei Worte, zwei kurze Namen. Aber in ihnen lag ihre Zukunft.

      So zärtlich und behutsam führte Lord Horace Lady Diana dem alten Stammschloß der Maitlands zu, als habe er den kostbarsten Schatz im Arm.

      Dreifach hatte das Schicksal Glossin getroffen. Ehrlos, machtlos und mittellos mußte er die Staaten verlassen. Zu spät begriff der sonst so Schlaue, daß die Zeit für die Methoden und die Moral der Gewaltherrschaft vorüber war, daß Männer mit anderen Grundsätzen das Regierungssteuer ergriffen hatten.

      Aus der Macht war er gestoßen, die zwanzig Jahre sein Element war, ohne die er nicht leben und atmen zu können glaubte. Die Millionen, die er in den Jahren der Macht errafft und an sich gebracht hatte, waren ihm genommen. Gerade so viel blieb ihm nach den Worten und dem Willen William Bakers, daß er bei England nicht zu betteln brauchte, um sein Leben zu fristen.

      So kam er nach England zurück. Am Morgen nach jener Sturmnacht, in der die empörten Patrioten ihn aus Washington verjagten. Nur noch ein Gefühl hielt den Willen zum Leben in ihm aufrecht, fesselte ihn an das Leben. Seine Liebe zu Jane Bursfeld.

      Jane war im Hause

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