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so wird sie über­müthig, und in eu­rer Er­ha­ben­heit ist Bos­heit. Ich ken­ne euch.

      In der Bos­heit be­geg­net sich der Über­müthi­ge mit dem Schwäch­lin­ge. Aber sie miss­ver­ste­hen ein­an­der. Ich ken­ne euch.

      Ihr dürft nur Fein­de ha­ben, die zu has­sen sind, aber nicht Fein­de zum Ver­ach­ten. Ihr müsst stolz auf eu­ern Feind sein: dann sind die Er­fol­ge eu­res Fein­des auch eure Er­fol­ge.

      Auf­leh­nung – das ist die Vor­nehm­heit am Scla­ven. Eure Vor­nehm­heit sei Ge­hor­sam! Euer Be­feh­len sel­ber sei ein Ge­hor­chen!

      Ei­nem gu­ten Kriegs­man­ne klingt »du sollst« an­ge­neh­mer, als »ich will«. Und Al­les, was euch lieb ist, sollt ihr euch erst noch be­feh­len las­sen.

      Eure Lie­be zum Le­ben sei Lie­be zu eu­rer höchs­ten Hoff­nung: und eure höchs­te Hoff­nung sei der höchs­te Ge­dan­ke des Le­bens!

      Eu­ren höchs­ten Ge­dan­ken aber sollt ihr euch von mir be­feh­len las­sen – und er lau­tet: der Mensch ist Et­was, das über­wun­den wer­den soll.

      So lebt euer Le­ben des Ge­hor­sams und des Krie­ges! Was liegt am Lang-Le­ben! Wel­cher Krie­ger will ge­schont sein!

      Ich scho­ne euch nicht, ich lie­be euch von Grund aus, mei­ne Brü­der im Krie­ge! –

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Vom neuen Götzen

      Ir­gend­wo giebt es noch Völ­ker und He­er­den, doch nicht bei uns, mei­ne Brü­der: da giebt es Staa­ten.

      Staat? Was ist das? Wohl­an! Jetzt thut mir die Ohren auf, denn jetzt sage ich euch mein Wort vom Tode der Völ­ker.

      Staat heisst das käl­tes­te al­ler kal­ten Un­ge­heu­er. Kalt lügt es auch; und die­se Lüge kriecht aus sei­nem Mun­de: »Ich, der Staat, bin das Volk.«

      Lüge ist’s! Schaf­fen­de wa­ren es, die schu­fen die Völ­ker und häng­ten einen Glau­ben und eine Lie­be über sie hin: also dienten sie dem Le­ben.

      Ver­nich­ter sind es, die stel­len Fal­len auf für Vie­le und heis­sen sie Staat: sie hän­gen ein Schwert und hun­dert Be­gier­den über sie hin.

      Wo es noch Volk giebt, da ver­steht es den Staat nicht und hasst ihn als bö­sen Blick und Sün­de an Sit­ten und Rech­ten.

      Die­ses Zei­chen gebe ich euch: je­des Volk spricht sei­ne Zun­ge des Gu­ten und Bö­sen: die ver­steht der Nach­bar nicht. Sei­ne Spra­che er­fand es sich in Sit­ten und Rech­ten.

      Aber der Staat lügt in al­len Zun­gen des Gu­ten und Bö­sen; und was er auch re­det, er lügt – und was er auch hat, ge­stoh­len hat er’s.

      Falsch ist Al­les an ihm; mit ge­stoh­le­nen Zäh­nen bei­sst er, der Bis­si­ge. Falsch sind selbst sei­ne Ein­ge­wei­de.

      Sprach­ver­wir­rung des Gu­ten und Bö­sen: die­ses Zei­chen gebe ich euch als Zei­chen des Staa­tes. Wahr­lich, den Wil­len zum Tode deu­tet die­ses Zei­chen! Wahr­lich, es winkt den Pre­di­gern des To­des!

      Viel zu Vie­le wer­den ge­bo­ren: für die Über­flüs­si­gen ward der Staat er­fun­den!

      Seht mir doch, wie er sie an sich lockt, die Viel-zu-Vie­len! Wie er sie schlingt und kaut und wie­der­käut!

      »Auf der Erde ist nichts Grös­se­res als ich: der ord­nen­de Fin­ger bin ich Got­tes« – also brüllt das Unt­hier. Und nicht nur Lang­geohr­te und Kurz­ge­äug­te sin­ken auf die Kniee!

      Ach, auch in euch, ihr gros­sen See­len, raunt er sei­ne düs­te­ren Lü­gen! Ach, er er­räth die rei­chen Her­zen, die ger­ne sich ver­schwen­den!

      Ja, auch euch er­räth er, ihr Be­sie­ger des al­ten Got­tes! Müde wur­det ihr im Kamp­fe, und nun dient eure Mü­dig­keit noch dem neu­en Göt­zen!

      Hel­den und Ehren­haf­te möch­te er um sich auf­stel­len, der neue Göt­ze! Ger­ne sonnt er sich im Son­nen­schein gu­ter Ge­wis­sen, – das kal­te Unt­hier!

      Al­les will er euch ge­ben, wenn ih­r ihn an­be­tet, der neue Göt­ze: also kauft er sich den Glanz eu­rer Tu­gend und den Blick eu­rer stol­zen Au­gen.

      Kö­dern will er mit euch die Viel-zu-Vie­len! Ja, ein Höl­len­kunst­stück ward da er­fun­den, ein Pferd des To­des, klir­rend im Putz gött­li­cher Ehren!

      Ja, ein Ster­ben für Vie­le ward da er­fun­den, das sich sel­ber als Le­ben preist: wahr­lich, ein Her­zens­dienst al­len Pre­di­gern des To­des!

      Staat nen­ne ich’s, wo Alle Gift­trin­ker sind, Gute und Schlim­me: Staat, wo Alle sich sel­ber ver­lie­ren, Gute und Schlim­me: Staat, wo der lang­sa­me Selbst­mord Al­ler – »das Le­ben« heisst.

      Seht mir doch die­se Über­flüs­si­gen! Sie steh­len sich die Wer­ke der Er­fin­der und die Schät­ze der Wei­sen: Bil­dung nen­nen sie ih­ren Dieb­stahl – und Al­les wird ih­nen zu Krank­heit und Un­ge­mach!

      Seht mir doch die­se Über­flüs­si­gen! Krank sind sie im­mer, sie er­bre­chen ihre Gal­le und nen­nen es Zei­tung. Sie ver­schlin­gen ein­an­der und kön­nen sich nicht ein­mal ver­dau­en.

      Seht mir doch die­se Über­flüs­si­gen! Reicht­hü­mer er­wer­ben sie und wer­den är­mer da­mit. Macht wol­len sie und zu­erst das Brech­ei­sen der Macht, viel Geld, – die­se Un­ver­mö­gen­den!

      Seht sie klet­tern, die­se ge­schwin­den Af­fen! Sie klet­tern über ein­an­der hin­weg und zer­ren sich also in den Schlamm und die Tie­fe.

      Hin zum Thro­ne wol­len sie Alle: ihr Wahn­sinn ist es, – als ob das Glück auf dem Thro­ne säs­se! Oft sitzt der Schlamm auf dem Thron – und oft auch der Thron auf dem Schlam­me.

      Wahn­sin­ni­ge sind sie mir Alle und klet­tern­de Af­fen und Über­heis­se. Übel riecht mir ihr Göt­ze, das kal­te Unt­hier: übel rie­chen sie mir alle zu­sam­men, die­se Göt­zen­die­ner.

      Mei­ne Brü­der, wollt ihr denn er­sti­cken im Duns­te ih­rer Mäu­ler und Be­gier­den! Lie­ber zerbrecht doch die Fens­ter und springt in’s Freie!

      Geht doch dem schlech­ten Ge­ru­che aus dem Wege! Geht fort von der Göt­zen­die­ne­rei der Über­flüs­si­gen!

      Geht doch dem schlech­ten Ge­ru­che aus dem Wege! Geht fort von dem Damp­fe die­ser Men­schen­op­fer!

      Frei steht gros­sen See­len auch jetzt noch die Erde. Leer sind noch vie­le Sit­ze für Ein­sa­me und Zwei­sa­me, um die der Ge­ruch stil­ler Mee­re weht.

      Frei steht noch gros­sen See­len ein frei­es Le­ben. Wahr­lich, wer we­nig be­sitzt, wird um so we­ni­ger be­ses­sen: ge­lobt sei die klei­ne Ar­muth!

      Dort, wo der Staat auf­hört, da be­ginnt erst der Mensch, der nicht über­flüs­sig ist: da be­ginnt das Lied des No­thwen­di­gen, die ein­ma­li­ge und un­er­setz­li­che Wei­se.

      Dort, wo der Staat auf­hör­t, – so seht mir doch hin, mei­ne Brü­der! Seht ihr ihn nicht, den Re­gen­bo­gen und die Brü­k­ken des Über­menschen? –

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Von den Fliegen des Marktes

      Flie­he, mein Freund, in dei­ne Ein­sam­keit! Ich sehe dich be­täubt vom Lär­me der gros­sen Män­ner und zer­sto­chen von den Sta­cheln der klei­nen.

      Wür­dig

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