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wenn ich sage, Euer Gemahl, täusche ich mich; mit Heinrich von Navarra, sollte ich sagen. Unsere Mutter hat Alles errathen. Ich verband mich mit den Hugenotten, weil ich sie in Gunst glaubte; nun aber tödtet man die Hugenotten, und in acht Tagen werden keine fünfzig mehr, im ganzen Königreich übrig bleiben. Ich reichte die Hand dem König von Navarra, weil er … Euer Gatte war. Nun aber ist er nicht mehr Euer Gatte. Was habt Ihr hierzu zu sagen? Ihr, die Ihr nicht nur die schönste Frau von Frankreich, sondern auch der stärkste Kopf des Landes seid.«

      »Ich habe zu sagen,« versetzte Margarethe, »daß ich unsern Bruder Karl kenne. Gestern sah ich ihn, in einem von den Wuthanfällen, von denen jeder sein Leben um zehn Jahre abkürzt. Ich habe zu sagen, daß sich diese Zufälle leider jetzt sehr häufig wiederholen, weshalb unser Bruder Karl aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr lange leben wird. Ich habe zu sagen, daß der König von Polen so eben gestorben ist und daß man viel davon spricht, an seiner Stelle einen Prinzen des Hauses Frankreich zu wählen. Ich habe endlich zu sagen, daß es, wenn die Umstände sich so darstellen, nicht der geeignete Augenblick ist, Verbündete zu verlassen, welche zur Stunde des Kampfes uns mit der Mitwirkung eines Volkes und mit der Hilfe eines Königreiches unterstützen können.«

      »Und Ihr,« rief der Herzog, »habt Ihr nicht einen noch viel größeren Verrath an mir geübt, indem Ihr einen Fremden Eurem Bruder vorzoget!«

      »Erklärt Euch, Franz, worin und wie habe ich Euch verrathen?«

      »Ihr habt gestern von dem König das Leben von Heinrich von Navarra erbeten.«

      »Nun?« fragte Margarethe mit geheuchelter Naivität.

      Der Herzog stand rasch auf, ging zweimal mit verwirrter Miene im Zimmer umher und nahm dann wieder die Hand von Margarethe.

      Diese Hand war starr und eisig.

      »Gott befohlen, meine Schwester,« sagte der Prinz, »Ihr wolltet mich nicht verstehen. Schreibt nur Euch selbst die Schuld wegen alles Unglücks zu, das geschehen dürfte.«

      Margarethe erbleichte, blieb aber unbeweglich auf ihrer Stelle. Sie sah den Herzog von Alençon weggehen, ohne daß sie ein Zeichen machte, um ihn zurückzuhalten. Kaum hatte sie ihn aber im Corridor aus dem Gesichte verloren, als er wieder zurückkam.

      »Hört, Margarethe,« sagte er, »ich habe vergessen, Euch Eines zu sagen. Morgen zu dieser Stunde ist der König von Navarra todt.«

      Margarethe stieß einen Schrei aus; denn der Gedanke, daß sie das Werkzeug eines Mordes war, verursachte ihr einen Schrecken, den sie nicht überwinden konnte.

      »Und Ihr werdet diesen Tod nicht verhindern?« sagte sie, »Ihr werdet Euren besten, Euren treusten Verbündeten nicht retten?«

      »Seit gestern ist mein Verbündeter nicht mehr der König von Navarra.«

      »Und wer ist es denn?«

      »Der Herzog von Guise. Die Hugenotten zerstörend, hat man Herrn von Guise zum König der Katholiken gemacht.«

      »Und der Sohn von Heinrich II. erkennt einen Herzog von Lothringen als seinen König an?«

      »Ihr habt heute Euern schlimmen Tag, Margarethe, und begreift nichts.«

      »Ich gestehe, daß ich vergebens in Euern Gedanken zu lesen suche.«

      »Meine Schwester, Ihr seid von eben so gutem Hause, als die Frau Prinzessin von Porcian. Von Guise ist nicht unsterblicher, als der König von Navarra. Nun wohl, Margarethe, setzt drei Dinge, drei durchaus mögliche Dinge: erstens, daß Monsieur zum König von Polen gewählt wird; zweitens, daß Ihr mich liebet, wie ich Euch liebe; nun, ich bin König von Frankreich, und Ihr … und Ihr … seid Königin der Katholiken.«

      Margarethe verbarg ihr Haupt in ihren Händen, geblendet von der Tiefe der Pläne dieses Jünglings, dem Niemand am Hofe einen Geist zuzuschreiben wagte.

      »Aber,« fragte sie nach einem Augenblick des Stillschweigens, »Ihr seid also nicht eifersüchtig auf den Herzog von Guise, wie auf den König von Navarra?«

      »Was geschehen ist, ist geschehen,« sprach der Herzog von Alençon mit dumpfer Stimme, »und wenn ich Grund gehabt habe, auf den Herzog von Guise eifersüchtig zu sein, nun wohl, so bin ich es gewesen.«

      »Nur ein Umstand könnte das Gelingen dieses Planes scheitern machen, mein Bruder,« sprach Margarethe aufstehend.

      »Welcher?«

      »Der, daß ich Herrn von Guise nicht mehr liebe.«

      »Und wen liebt Ihr denn?«

      »Niemand.«

      Der Herzog von Alençon schaute Margarethe mit dem Erstaunen eines Menschen an, der seinerseits nicht mehr begreift, und verließ das Gemach, einen Seufzer ausstoßend und mit seiner eisigen Hand seine Stirne pressend, die zu zerspringen drohte.

      Margarethe blieb allein und in Gedanken versunken. Die Lage der Dinge fing an klar und scharf sich vor ihre Augen zu stellen. Der König hatte die Bartholomäusnacht machen lassen. Die Königin Catharina und der Herzog von Guise hatten sie gemacht. Der Herzog von Guise und der Herzog von Alençon verbanden sich, um so viel als möglich Nutzen aus den Verhältnissen zu ziehen. Der Tod des Königs von Navarra war eine natürliche Folge dieser großen Katastrophe. War der König von Navarra todt, so bemächtigte man sich seines Reiches. Margarethe blieb dann Wittwe, ohne Thron, ohne Macht und ohne andere Aussicht, als ein Kloster, wo ihr nicht einmal der traurige Schmerz zu Theil geworden wäre, einen Gemahl zu beweinen, der nie ihr Gatte gewesen war.

      So weit kam sie in ihren Gedanken, als die Königin Catharina sie fragen ließ, ob sie nicht mit dem ganzen Hofe eine Pilgerfahrt nach dem Weißdorn des Cimetière des Innocens machen wollte.

      Der erste Gedanke von Margarethe war, eine Theilnahme an dieser Cavalcade auszuschlagen; aber sie bedachte, daß sie dabei vielleicht Gelegenheit finden würde, etwas Neues über das Schicksal des Königs von Navarra zu erfahren, und dies entschied. Sie ließ also antworten: wenn man ein Pferd für sie bereit halten wollte, so würde sie sehr gerne Ihre Majestäten nach dem Cimetière des Innocens begleiten.

      Fünf Minuten nachher meldete ihr ein Page, wenn sie herabkommen wollte, würde sich der Zug in Marsch setzen. Margarethe machte mit der Hand Gillonne ein Zeichen, um ihr den Verwundeten zu empfehlen, und stieg hinab.

      Der König, die Königin Mutter, Tavannes und die vornehmsten Katholiken waren bereits zu Pferde. Margarethe warf einen raschen Blick auf die Gruppe, welche aus ungefähr zwanzig Personen bestand. Der König von Navarra war nicht dabei, wohl aber Frau von Sauves. Sie wechselte einen Blick mit ihr, und Margarethe begriff, daß die Geliebte ihres Gemahls ihr etwas zu sagen hatte.

      Man begab sich auf den Weg und erreichte die Rue Saint-Honoré durch die Rue de Lastruce. Bei dem Anblick des Königs, der Königin Catharina und der katholischen Häupter scharte sich das Volk zusammen, folgte dem Zuge wie eine steigende Woge und rief: »Es lebe der König! Es lebe die Messe! Tod den Hugenotten!«

      Dieses Geschrei wurde begleitet von dem Schwingen gerötheter Schwerter und rauchender Büchsen, welche andeuteten, wie viel jeder Theil an dem finsteren Ereignisse genommen hatte, das in Erfüllung gegangen war.

      Als man zu der Höhe der Rue des Prouvelles gelangte, begegnete man Menschen, welche einen Leichnam ohne Kopf schleppten; es war der des Admirals. Diese Menschen waren im Begriff, ihn in Montfaucon an den Füßen aufzuhängen.

      Man ritt in den Cimetière des Innocens durch das Thor hinein, das sich der Rue des Chapes gegenüber öffnete. Von dem Besuche des Königs und der Königin Mutter in Kenntniß gesetzt, erwarteten die Geistlichen Ihre Majestäten, um sie anzureden.

      Frau von Sauves benützte den Augenblick, wo Catharina auf die Rede hörte, die man an sie hielt, um sich der Königin von Navarra zu nähern und sie um Erlaubniß zu bitten, ihr die Hand küssen zu dürfen. Margarethe streckte den Arm nach ihr aus. Frau von Sauves näherte ihre Lippen der Hand der Königin und schob ihr, während sie dieselbe küßte, ein kleines zusammengerolltes Papier in den Aermel.

      So rasch und so heimlich auch Frau von Sauves sich zurückgezogen hatte, so war es doch Catharina nicht entgangen. Sie wandte sich in dem Augenblicke um, wo ihre Ehrendame

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