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war ehrgeizig; Margarethe hatte beinahe die Gewißheit eines Königreiches in ihrer Vermählung mit Heinrich von Bourbon gesehen. Navarra, auf der einen Seite von Frankreich, aus der andern von Spanien gezerrt, welche Fetzen für Fetzen endlich die Hälfte seines Gebietes weggerissen hatten, konnte, wenn Heinrich von Bourbon die Hoffnungen verwirklichte, die sein Muth bei den seltenen Gelegenheiten erregt hatte, wo es ihm sein Schwert zu ziehen vergönnt gewesen war, ein wahres Königreich mit den Hugenotten als Unterthanen werden. Mit ihrem so scharfen und erhabenem Geiste hatte Margarethe Alles dies in der Ferne gesehen und berechnet. Verlor sie Heinrich, so verlor sie nicht nur einen Gemahl, sondern auch einen Thron.

      Sie war gerade in diese Betrachtungen versunken, als sie an der Thüre des geheimen Ganges klopfen hörte; sie bebte, denn es kamen nur drei Personen durch diese Thüre: der König, die Königin Mutter und der Herzog von Alençon. Sie öffnete halb die Thüre des Cabinets, empfahl mit dem Finger Gillonne und La Mole Stillschweigen und schloß dem Besuche auf.

      Dieser Besuch war der Herzog von Alençon.

      Der junge Mann war am Tage vorher verschwunden. Einen Augenblick war Margarethe Willens gewesen, ihn um seine Vermittelung zu Gunsten des Königs von Navarra zu bitten; aber ein furchtbarer Gedanke hatte sie zurückgehalten Die Heirath war gegen sein Gutheißen geschlossen worden. Franz haßte Heinrich, und hatte die Neutralität für den Bearner nur in der Ueberzeugung beobachtet, Heinrich und seine Gemahlin wären einander fremd geblieben. Ein Zeichen der Theilnahme von Margarethe, ihrem Gatten gegeben, konnte folglich, statt ihn zu beseitigen, einen von den drei Dolchen, von denen er bedroht war, seiner Brust näher bringen.

      Margarethe bebte deßhalb, als sie den jungen Prinzen gewahr wurde, mehr als sie bei dem Anblick von Karl IX. oder der Königin Mutter gebebt hätte. Wenn man ihn sah, hätte man nicht glauben sollen, es ginge etwas Ungewöhnliches in der Stadt oder im Louvre vor: er war mit seiner gewöhnlichen Eleganz gekleidet. Seine Kleider und seine Wäsche strömten die Wohlgerüche aus, welche Karl IX. verachtete, von denen aber der Herzog von Anjou und er beständig Gebrauch machten. Nur ein geübtes Auge, wie das von Margarethe, konnte bemerken, daß er trotz seiner ungewöhnlichen Blässe und trotz des leichten Zitterns, welches das Ende seiner so schönen und frauenartigen gepflegten Hände bewegte, in seinem Innersten ein freudiges Gefühl verschloß.

      Sein Eintritt war wie sonst. Er näherte sich seiner Schwester, um sie zu küssen. Aber statt ihm die Wangen zu reichen, wie sie es Karl IX. oder dem Herzog von Anjou gethan haben würde, verbeugte sie sich und bot ihm die Stirne.

      Der Herzog stieß einen Seufzer aus und drückte seine erbleichenden Lippen auf die Stirne, welche ihm Margarethe darbot.

      Dann setzte er sich und fing an seiner Schwester blutige Geschichten von der Nacht zu erzählen: den langsamen und furchtbaren Tod des Admirals, den raschen Tod von Téligny, der von einer Kugel durchbohrt in demselben Augenblick seinen Geist ausgehaucht hatte. Er hielt inne, sprach sachte, gefiel sich in den gräuelhaften Einzelheiten dieser Nacht mit der ihm und seinen Brüdern eigenthümlichen Blutgier.

      Als er endlich Alles gesagt hatte, schwieg er.

      »Nicht wahr, mein Bruder, nicht allein, um mir dies zu erzählen, besucht Ihr mich?« fragte Margarethe.

      Der Herzog von Alençon lächelte.

      »Ihr habt mir noch etwas Anderes mitzutheilen?«

      »Nein,« antwortete der Herzog, »ich warte.«

      »Worauf wartet Ihr?«

      »Habt Ihr mir nicht gesagt, theuere, vielgeliebte Margarethe,« sprach der Herzog seinen Stuhl dem seiner Schwester nähernd, »diese Heirath mit dem König von Navarra werde wider Euern Willen vollzogen?»

      »Ja, allerdings. Ich kannte den Prinzen von Bearn nicht, als man mir ihn zum Gemahl vorschlug.«

      »Und habt Ihr mir nicht, seitdem Ihr ihn kennt, bestätigt, daß Ihr keine Liebe für ihn fühltet?«

      »Ich sagte es Euch allerdings.«

      »War es nicht Eure Meinung, diese Heirath würde Euer Unglück machen?«

      »Mein lieber Franz,« sprach Margarethe, »wenn eine Heirath nicht die höchste Glückseligkeit ist, so ist sie beinahe immer der tiefste Schmerz.«

      »Nun, meine liebe Margarethe, wie ich Euch sagte, ich erwarte …«

      »Was erwartet Ihr? sprecht.«

      »Daß Ihr mir Eure Freude kundgebt.«

      »Worüber soll ich mich freuen?«

      »Ueber die unerwartete Gelegenheit, die sich Euch bietet, Euere Freiheit wieder zu erlangen.«

      »Meine Freiheit!« versetzte Margarethe, welche den Prinzen nöthigen wollte, seinen Gedanken bis zum Schlusse auszusprechen.

      »Allerdings, Euere Freiheit; Ihr sollt von dem König von Navarra geschieden werden.«

      »Geschieden?« sagte Margarethe, die Augen auf den jungen Prinzen heftend.

      Der Herzog von Alençon suchte den Blick seiner Schwester auszuhalten, aber bald wandten sich seine Augen verlegen von ihr ab.

      »Geschieden?« wiederholte Margarethe, »wie so, mein Bruder? Es wäre mir sehr lieb, wenn Ihr mich in den Stand setzen, die Frage gründlich in Betracht ziehen zu können. Wie gedenkt man uns zu scheiden?«

      »Heinrich ist ein Hugenott,« murmelte der Herzog.

      »Allerdings, aber er hatte kein Geheimnis aus seiner Religion gemacht, und man wußte dies, als man uns verheirathete.«

      »Ja, aber seit Eurer Verheirathung, meine Schwester,« sagte der Herzog, dessen Antlitz unwillkührlich einen Strahl der Freude beleuchtete, »was hat Heinrich gethan.«

      »Das wißt Ihr besser, als irgend Jemand, Franz, da er seine Tage beinahe immer in Eurer Gesellschaft bald auf der Jagd, bald beim Maillespiele, bald beim Ballschlagen zugebracht hat.«

      »Ja, seine Tage allerdings,« versetzte der Herzog, »seine Tage, aber eine Nächte?«

      Margarethe schwieg und es war an ihr, die Augen niederzuschlagen.

      »Seine Nächte?« fuhr der Herzog von Alençon fort, »seine Nächte?»

      »Nun?« fragte Margarethe, welche wohl fühlte, daß sie etwas antworten mußte.

      »Nun, er brachte sie bei Frau von Sauves zu.«

      »Woher wißt Ihr dies?« rief Margarethe.

      »Ich weiß es, weil ich ein Interesse dabei hatte, es zu erfahren,« antwortete der junge Prinz erbleichend, und die Stickerei an seinem Aermel zerknitternd.

      Margarethe fing an, das zu begreifen, was Catharina ganz leise zu Karl IX. gesagt hatte; aber sie stellte sich, als bliebe sie in ihrer Unwissenheit.

      »Warum sagt Ihr mir das, mein Bruder?« erwiederte sie mit einer vortrefflich gespielten schwermüthigen Miene. »Etwa um mich daran zu erinnern, daß Niemand mich liebt und an mir hängt eben so wenig die Menschen, welche die Natur mir als Beschützer verliehen hat, als derjenige, welchen die Kirche mir zum Gemahl gab?«

      »Ihr seid ungerecht,« sprach lebhaft der Herzog von Alençon, und rückte seinen Stuhl noch näher zu Feind seiner Schwester, »ich liebe Euch und beschütze Euch.«

      »Mein Bruder,« sagte Margarethe ihn fest anschauend, »Ihr habt mir etwas im Auftrage der Königin Mutter zu sagen?«

      »Ich! Ihr täuscht Euch, meine Schwester, das ich schwöre ich. Was bringt Euch zu diesem Glauben?«

      »Zu diesem Glauben bringt mich der Umstand, daß Ihr die Freundschaft, die Euch mit meinem Gemahle verband, abbrecht, daß Ihr die Sache des Königs von Navarra verlaßt.«

      »Die Sache des Königs von Navarra?« versetzte der Herzog von Alençon ganz verblüfft.

      »Ja, allerdings. Hört, Franz, sprechen wir offenherzig. Ihr habt zwanzigmal zugestanden, Ihr könntet Euch nicht Einer ohne den Andern erheben, ja nicht einmal aufrecht erhalten. Dieses Bündnis …«

      »Ist unmöglich geworden, meine Schwester,« unterbrach

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