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»es ist Euch nichts begegnet, nicht wahr, Madame?«

      »Nein,« sprach Margarethe und zog den Mantel fest zusammen, daß man die Blutflecken, mit denen ihr Gewand besprengt war, nicht sehen konnte.

      »Desto besser; aber da mir der Herr Herzog von Guise zwölf Wachen, um mich nach seinem Hotel zurückzuführen, gegeben hat, und da ich keines so großen Geleites bedarf, so überlasse ich sechs davon Euerer Majestät. Sechs Wachen des Herzogs von Guise sind in dieser Nacht mehr werth, als ein ganzes Regiment Garden des Königs.«

      Margarethe wagte es nicht, dieses Anerbieten auszuschlagen. Sie ließ die sechs Mann in dem Flur sich aufstellen, und umarmte dankend die Herzogin von Nevers, welche mit den andern sechs Wachen nach dem Hotel des Herzogs von Guise zurückkehrte, das sie in Abwesenheit ihres Gemahls bewohnte.

       IX.

      Die Schlächter

      Coconnas war nicht entflohen, er hatte seinen Rückzug genommen. La Hurière war nicht entflohen, er war weggelaufen. Der Eine war auf die Weise des Tigers, der Andere auf die des Wolfes verschwunden. So kam es, daß La Hurière sich bereits auf der Place Saint-Germain-l’Auxerrois befand, als Coconnas erst den Louvre verließ.

      Als La Hurière sich mit seiner Büchse allein sah, mitten unter den Menschen, welche vorüberliefen, unter den Kugeln, welche pfiffen, und den Leichnamen, die theils ganz, theils in Stücken zu den Fenstern herausfielen, fing er an Furcht zu bekommen, und suchte kluger Weise nach seinem Gasthofe zurückzukehren. Als er aber durch die Rue d’Averon in die Rue de l’Arbre-Sec ausmündete, fiel er in eine Truppe von Schweizern und Chevauxlegers, welche unter dem Befehle von Maurevel standen.

      »Nun!« rief dieser, der sich selbst den Namen Todtschläger des Königs gegeben hatte, »Ihr seid schon fertig, Ihr kehrt zurück, Herr Wirth? Was Teufels habt Ihr mit unserem piemontesischen Edelmann gemacht? Es wird ihm doch kein Unglück widerfahren sein? Das wäre Schade, denn er ging gut an das Werk.«

      »Ich denke nicht,« versetzte La Hurière, »ich hoffe, er wird uns wieder einholen!«

      »Woher kommt Ihr?«

      »Aus dem Louvre, wo man uns, wie ich bekennen muß, ziemlich hart empfangen hat.«

      »Wer dies?«

      »Der Herr Herzog von Alençon. Ist er nicht bei der Sache?«

      »Monseigneur, der Herr Herzog von Alençon ist bei nichts, was ihn nicht persönlich berührt; schlagt ihm vor, seine zwei älteren Brüder als Hugenotten zu behandeln, und er wird dabei sein, vorausgesetzt, daß sich die Sache abmachen läßt, ohne daß er dadurch gefährdet wird. Aber geht Ihr nicht mit diesen braven Leuten, Meister La Hurière?«

      »Wohin gehen sie?«

      »Oh, mein Gott! in die Rue Montorgueil; es wohnt dort einer meiner Bekannten, ein hugenottischer Geistlicher; er hat eine Frau und sechs Kinder. Diese Ketzer zeugen ungeheuer. Das wird interessant sein.«

      »Und Ihr, wohin geht Ihr?«

      »Oh! ich, ich gehe einer Privat-Angelegenheit nach.«

      »Geht nicht ohne mich,« sprach eine Stimme, welche Maurevel beben machte. »Ihr kennt die guten Orte und ich will dabei sein.«

      »Ah! das ist unser Piemontese,« sagte Maurevel.

      »Es ist Herr von Coconnas,« versetzte La Hurière. »Ich glaubte, Ihr würdet mir folgen.«

      »Pest! dazu reißt Ihr zu schnell aus; und dann habe ich mich ein wenig von der geraden Linie abgewendet, um ein abscheuliches Kind, das: »Nieder die Papisten! Es lebe der Admiral!« rief, in den Fluß zu werfen. Leider muß ich glauben, daß der Bursche zu schwimmen verstand. Wenn man diese elenden Parpaillots ersäufen will, so muß man sie wohl in das Wasser werfen, wie die Katzen, ehe sie hell sehen.«

      »Ah! Ihr sagt, Ihr kommt vom Louvre. Euer Hugenott hatte sich dahin geflüchtet?« fragte Maurevel.

      »Mein Gott, ja.«

      »Ich habe ihm eine Pistolenkugel im Augenblick, wo er seinen Degen im Hofe des Admirals aufhob, zugesandt, aber ich weiß nicht, wie es kam, ich fehlte ihn.«

      »Ich habe ihn nicht gefehlt,« sagte Coconnas, »ich stieß ihm meinen Degen in die Rippen, daß die Klinge fünf Zoll lang von der Spitze an feucht war. Auch sah ich ihn in die Arme von Frau von Margarethe fallen, eine schöne Frau, bei Gott! Doch ich gestehe, es würde mir nicht leid thun, wenn ich wüßte, er wäre todt. Dieser Bursche sieht aus, als hätte er einen sehr zanksüchtigen Charakter, und als wäre er fähig, mir sein ganzes Leben hindurch zu grollen. Aber sagtet Ihr nicht, Ihr würdet irgendwohin gehen?«

      »Es liegt Euch also daran, mit mir zu kommen?«

      »Es liegt mir daran, nicht auf dieser Stelle zu bleiben. Ich habe erst drei oder vier getödtet, und wenn ich mich erkälte, thut mir meine Schulter weh. Vorwärts, vorwärts!«

      »Kapitän,« sagte Maurevel zu dem Anführer der Truppe, »gebt mir drei Mann, und fertigt Euren Geistlichen mit dem Reste ab.«

      Drei Schweizer trennten sich von den Uebrigen und stießen zu Maurevel. Die zwei Truppen marschirten jedoch neben einander bis zu der Höhe der Rue Tirechappe. Hier schlugen die Chevauxlegers und die Schweizer den Weg nach der Rue de la Tonnellerie ein, während Maurevel, Coconnas, La Hurière und die drei Mann der Rue de la Ferronnerie folgten und durch die Rue Trousse-Vache in die Rue Saint-Avoye zogen.

      »Aber wohin des Teufels führt Ihr uns?« sprach Coconnas, den dieser weite Marsch ohne ein Ziel zu langweilen anfing

      »Ich führe Euch zu einem zugleich glänzenden und nützlichen Unternehmen; nach dem Admiral, nach Téligny, nach den hugenottischen Prinzen konnte ich Euch nichts Besseres anbieten. Habt also Geduld! Unser Geschäft ist in der Rue du Chaume, und wir sind in einem Augenblick dort.«

      »Sagt mir,« fragte Coconnas, »ist die Rue du Chaume nicht in der Nähe des Temple?«

      »Ja; warum?«

      »Es wohnt dort ein alter Gläubiger unserer Familie, ein gewisser Lambert Mercandon, an den ich von meinem Vater hundert Rosenobles zu bezahlen beauftragt bin, welche ich zu diesem Behufe in meiner Tasche habe.«

      »Wohl,« sagte Maurevel, »es ist eine schöne Gelegenheit, Euch Eurer Schuld zu entledigen.«

      »Wie dies«

      »Heute ist der Tag, an dem man seine alten Rechnungen ordnet. Ist Euer Mercandon ein Hugenott?«

      »Oh, oh!« rief Coconnas, »ich verstehe, er muß es sein.«

      »Stille, wir sind an Ort und Stelle.«

      »Wem gehört dieses große Hotel mit dem Pavillon auf die Straße?«

      »Es ist das Hotel Guise.«

      »In der That,« sprach Coconnas, »ich mußte nothwendig hierher kommen, da ich unter der Patronschaft des großen Heinrich in Paris erscheine. Aber Mordi! in diesem Quartier ist Alles sehr ruhig, mein Lieber. Wenn man nicht zuweilen das Geräusch eines Büchsenschusses hören würde, müßte man glauben, man wäre in der Provinz. Der Teufel solle mich holen, alle Welt schläft.«

      Das Hotel Guise schien in der That so ruhig, als in gewöhnlichen Zeiten. Alle Fenster waren geschlossen, und ein einziges Licht glänzte hinter dem Laden an dem Hauptfenster des Pavillon, der die Aufmerksamkeit von Coconnas bei seinem Eintritt in die Straße auf sich gezogen hatte.

      Etwas jenseits des Hotel Guise, das heißt an der Ecke der Rue du Petit-Chantier und der des Quatre-Fils, hielt Maurevel stille.

      »Hier ist die Wohnung desjenigen, welchen wir suchen.«

      »Das heißt die Wohnung desjenigen, welche Ihr sucht,« sprach La Hurière.

      »Insofern Ihr mich begleitet, suchen wir ihn.«

      »Wie! dieses Haus, das einen so guten Schlaf zu schlafen scheint?«

      «Allerdings. Ihr, La Hurière, benützt das ehrliche Gesicht, das Euch die Natur irrthümlicher Weise verliehen habt, und klopft an dieses Haus. Gebt Eure Büchse Herrn von Coconnas; er schielt schon eine Stunde darnach.

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