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Herzog von Alençon,« murmelte La Hurière, seine Büchse senkend.

      »Mordi! ein Sohn von Frankreich!« brummte Coconnas, einen Schritt zurückweichend.

      Der Herzog von Alençon warf einen Blick um sich her. Er sah Margarethe, die Haare aufgelöst, schöner als je, an die Mauer gelehnt, von Männern umgeben, Wuth in den Augen, Schweiß auf der Stirne, Schaum an dem Munde.

      »Elende!« rief er.

      »Rettet mich, mein Bruder!« sprach Margarethe erschöpft, »sie wollen mich ermorden!««

      Eine Flamme zog über das bleiche Antlitz des Herzogs hin.

      Obgleich er ohne Waffen war, ging er doch, ohne Zweifel unterstützt durch das Bewußtsein seines Ranges, mit geballten Fäusten auf Coconnas und seine Gefährten los, welche erschrocken vor den Blitzen, die aus seinen Augen hervorsprangen, zurückwichen.

      »Werdet Ihr auch einen Sohn von Frankreich tödten?« sprach er.

      Dann, da sie immer mehr zurückwichen:

      »Oho! mein Kapitän der Garden, kommt hierher, und man hänge mir alle diese Schurken!«

      Mehr erschrocken bei dem Anblicke dieses unbewaffneten jungen Menschen, als er es wohl bei einer Compagnie von Lanzknechten gewesen wäre, hatte Coconnas bereits die Thüre erreicht. La Hurière eilte mit Hirschläufen die Treppe hinab. Die Soldaten drängten sich und warfen sich in den Flur nieder, um so schnell als möglich zu entfliehen. Sie fanden die Thüre zu eng im Vergleiche mit ihrem großen Verlangen, außen zu sein.

      Mittlerweile hatte Margarethe instinktartig ihre Damastdecke auf den jungen Mann geworfen und sich von ihm entfernt.

      Als der letzte Mörder verschwunden war, wandte sich der Herzog von Alençon um.

      »Meine Schwester!« rief er, als er Margarethe ganz mit Blut besprengt sah, »solltest Du verwundet sein?«

      Und er stürzte auf seine Schwester mit einer Unruhe zu, die seiner Zärtlichkeit Ehre gemacht hätte, hätte man seine Zärtlichkeit nicht beschuldigt, sie wäre größer, als sie sich für einen Bruder geziemte.

      »Nein,« sagte sie, »ich glaube nicht, oder wenn ich es bin, so bin ich es nur leicht.«

      »Aber dieses Blut,« versetzte der Herzog, mit seinen zitternden Händen über den ganzen Körper von Margarethe hinstreifend, »dieses Blut, woher kommt es?«

      »Ich weiß es nicht, »antwortete die junge Frau, »einer von den Elenden hat Hand an mich gelegt; vielleicht war er verwundet.«

      »Hand an meine Schwester gelegt!« rief der Herzog. »Oh! wenn Du mir ihn nur mit dem Finger gezeigt hättest, wenn Du mir gesagt hättest, welcher es war, wenn ich wüßte, wo ich ihn finden sollte!…«

      »Stille!« sprach Margarethe.

      »Und warum dies?« sagte Franz.

      »Weil, wenn man Euch zu dieser Stunde in meinem Zimmer sehen würde …«

      »Kann ein Bruder nicht seine Schwester besuchen, Margarethe?«

      Die Königin heftete auf den Herzog von Alençon einen so starren und dabei so drohenden Blick, daß der junge Mensch zurückwich.

      »Ja, ja, Margarethe, Du hast Recht,« sagte er, »ich begebe mich in meine Wohnung. Aber Du kannst nicht diese ganze furchtbare Nacht allein bleiben. Soll ich Gillonne rufen?«

      »Nein, nein, Niemand, gehe Franz, gehe auf dem Wege zurück, auf dem Du gekommen bist.«

      Der junge Prinz gehorchte, und kaum war er verschwunden, als Margarethe, einen Seufzer vernehmend, der hinter ihrem Bette hervorkam, nach der Thüre des geheimen Ganges lief und dann nach der andern Thüre eilte, die sie ebenfalls und zwar in dem Augenblick verschloß, wo ein Haufen von Bogenschützen und Soldaten, welche andere im Louvre wohnende Hugenotten verfolgten, wie ein Orkan am äußersten Ende des Corridors vorüberbrauste.

      Nachdem sie aufmerksam um sich hergeschaut hatte um zu sehen, ob sie auch gewiß allein wäre, kehrte sie nach dem Platze hinter ihrem Bette zurück, hob die Damastdecke auf, welche den Körper von La Mole den Blicken des Herzogs von Alençon entzogen hatte, schleppte mit aller Anstrengung die träge Masse in das Zimmer, setzte sich, als sie sah, das der Unglückliche noch athmete, nieder, legte sein Haupt auf ihren Schooß und sprengte ihm Wasser in das Gesicht, um ihn wiederzubeleben.

      Jetzt erst, als das Wasser den Schleier von Staub, Pulver und Blut entfernt hatte, der das Antlitz des Verwundeten bedeckte, erkannte Margarethe in ihm den schönen Edelmann, der voll Leben und Hoffnung drei oder vier Stunden vorher sie um ihren Schutz bei dem König von Navarra gebeten und den, sie selbst in Träume versenkend, geblendet von ihrer Schönheit verlassen hatte.

      Margarethe stieß einen Schrei des Schreckens aus, denn was sie jetzt für den Verwundeten fühlte, war nicht mehr Mitleid allein, es war Theilnahme. Der Verwundete war für sie in der That nicht mehr ein einfacher Fremder, es war ein Bekannter. Unter ihrer Hand erschien das schöne Antlitz von La Mole bald völlig wieder, aber bleich und vom Schmerze verzogen. Mit einem tödtlichen Schauer und beinahe eben so bleich als er selbst, legte sie die Hand auf sein Herz; sein Herz schlug noch. Dann streckte sie die Hand nach einem Riechfläschchen aus, das auf einem nahen Tische lag, und, ließ ihn davon einathmen.

      La Mole öffnete die Augen.

      »Oh, mein Gott!« murmelte er, »wo bin ich?«

      »Gerettet! beruhigt Euch, gerettet!« sprach Margarethe.

      La Mole wandte mühsam seinen Blick nach der Königin, verschlang sie einen Moment mit den Augen und stammelte:

      »Oh! wie schön seid Ihr!«

      Und wie geblendet schloß er alsbald die Augen abermals und seufzte.

      Margarethe stieß einen leichten Schrei aus, der junge Mann erbleichte, wenn es möglich war, noch mehr, und sie glaubte einen Augenblick, dieser Seufzer wäre der letzte gewesen.

      »Oh mein Gott! mein Gott!« sprach sie, »habe Mitleid mit ihm.«

      Zur selben Zeit klopfte man heftig an die Flurthüre.

      Margarethe stand, La Mole unter den Schultern haltend, halb auf.

      »Wer ist da?« rief sie.

      »Madame, Madame, ich bin es!« rief eine Frauenstimme, »ich, die Herzogin von Nevers.«

      »Henriette!« rief Margarethe, »oh, dabei ist keine Gefahr! Es ist eine Freundin, hört Ihr, mein Herr?«

      La Mole strengte alle seine Kräfte an und erhob sich auf ein Knie.

      »Versucht es, Euch zu halten, während ich öffne,« sagte die Königin.

      La Mole stützte seine Hand auf den Boden, und es gelang ihm, im Gleichgewicht zu bleiben. Margarethe machte einen Schritt nach der Thüre, aber sie blieb plötzlich, bebend vor Schrecken, stille stehen.

      »Ach, Du bist nicht allein?« rief sie, das Geräusch von Waffen vernehmend.

      »Nein, ich werde von zwölf Wachen geleitet, die mir mein Schwager Herr von Guise, gelassen hat.«

      »Herr von Guise!« murmelte La Mole, »oh! der Mörder! der Mörder!«

      »Stille!« sagte Margarethe, »nicht ein Wort!«

      Und sie schaute rings um sich her, um zu sehen, wo sie ihn verbergen könnte.

      »Einen Degen, einen Dolch!« murmelte La Mole.

      »Um Euch zu vertheidigen? Vergeblich! Habt ihr nicht gehört? sie sind zu zwölf, und Ihr seid allein.«

      »Nicht um mich zu vertheidigen, sondern um nicht, lebendig in ihre Hände zu fallen.«

      »Nein, nein,« sprach Margarethe, »nein, ich werde Euch retten. Ah! Dieses Cabinet, kommt, kommt!«

      La Mole strengte sich noch einmal an und schleppte sich, unterstützt von Margarethe, bis in das Cabinet. Margarethe schloß die Thüre hinter ihm, steckte den Schlüssel in ihre Tasche und flüsterte ihm durch das Täfelwerk zu: »Keinen Schrei, keine Klage, keinen Seufzer, und Ihr seid gerettet!«

      Dann

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