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gegen die schöne Mauer seines Nachbarn spielen. Im Vergleich mit einer Villa würde seine Cabane beträchtlich in der öffentlichen Meinung sinken. Diese letzte Rücksicht war so stark, daß er sogleich einen Maurer aus der Nachbarschaft kommen ließ und ihn anwies, es seinem Nachbar gleich zu thun.

      Diese Ausgabe war dem Geiste der Ordnung und Sparsamkeit, der in allen Handlungen des Monsieur Coumbes herrschte, sehr zuwider; aber seine Eigenliebe als Besitzer wußte alle diese Vorwürfe zum Schweigen zu bringen. Er sagte sich, daß eine Mauer seinen Garten viel besser schützen werde, als das Rohr es bisher gethan; daß sie überdies noch den Vorzug habe, das Obst und das Gemüse, welches ihm jetzt nicht fehlen könne, vor den Dieben zu schützen. Und als die vierfache Mauer vollendet war, hatte sie ein so gutes Aussehen, sie war so weiß, so zierlich verstrichen; die Flaschenstücke, womit man den oberen Rand verziert hatte, schimmerten so hübsch in der Sonne, daß Monsieur Coumbes eine lebhafte Erkenntlichkeit gegen den empfand, der mit diesem Bau den Anfang gemacht und ihn zu dieser Ausgabe bestimmt hatte.

      Monsieur Coumbes fuhr also fort zu fischen, zu graben und so gut er konnte glücklich zu sein, und er kümmerte sich nicht weiter um seinen Nachbar, als daß er an die hübschen Partien dachte, die sie in Gesellschaft machen könnten, wenn er vielleicht das Fischen lieben sollte.

      Indessen, als er einige Zeit später einen Blick auf die Arbeiten warf, die einen raschen Fortschritt nahmen, bemerkte er, daß sie von einer Wichtigkeit waren, die er bis dahin nicht hatte vermuthen können, und zum ersten Mal fühlte er einen neidischen Gedanken im Herzen. Aber er beeilte sich, ihn zurückzudrängen. Wenn die Cabane des Nachbarn die grandioseste wurde, so blieb die seinige doch die hübscheste in Montredon. Hatte er je die schöne Fregatte des Königs, welche er mit dem Schatten ihrer Segel das Meer bedecken sah, beneidet, wenn er mit seiner hübschen Jolle manöverirte?

      Er machte sein Herz nicht so leicht von diesen bösen Ideen frei, daß er doch nicht ein geheimes Gefühl der Freude empfinden sollte, als er bemerkte, daß das Gebälk des Hauses eines Nachbarn schwer und massiv sei; daß es mehrere Fuß über das Mauerwerk hinausragte und endlich, daß es durch einen Mangel an richtigem Verhältniß das Gebäude entstellte, welches es bedecken sollte. Aber die Dachdecker, die Tischler und die Maler kamen – diese brachten Dachziegel von neuer Form, jene fügten an alle Etagen Balkons, so zierlich gearbeitet, daß sie Spitzen glichen, die letzteren bemalten die Wände, so daß sie wie reich geäderte tannene Planken aussahen und sie machten ihre Sache so gut, daß nach und nach Harmonie in das Gebäude kam, und daß es ein ländliches aber sehr elegantes Aussehen erhielt.

      Es war eine Sennhütte, und die Sennhütten, die damals noch nicht so gewöhnlich waren, wurden sehr bewundert. Wir wollen indessen nicht behaupten, daß Bewunderung das Gefühl war, welches diese bei Monsieur Coumbes erregte. Er betrachtete sie mit einer Miene der üblen Laune, eine starken Augenbrauen zusammengezogen und seine Lippen zusammengekniffen; und noch einmal hatten seine Vernunft und sein gesunder Sinn einen Kampf gegen die leidenschaftlichen Eingebungen seines Stolzes zu bestehen. Er siegte noch diesmal darüber, aber immer nur beinahe; denn obgleich eine Neugierde lebhaft erregt war, so daß er eifrig wünschte, den Namen des glücklichen Eigenthümers dieser neuen Besitzung zu wissen, konnte er sich nicht entschließen zu gehen und die Arbeiter zu fragen. Es schien ihm, als ob eine Röthe die Furcht hätte verrathen müssen, welche ihm diese künftige Rivalität verursachte. Er war verlegen, unruhig, und sah nur verstohlen die röthlichen Mauern der Cabane an, die ihn nichtsdestoweniger so stolz und glücklich machten.

      Dieser Name beschäftigte ihn ohne Aufhören, ungeachtet der Sorge, die er anwendete, jeden Gedanken zu entfernen, der ihn an die neue Sennhütte erinnerte. Der Zufall übernahm es, ihn davon in Kenntniß zu setzen.

      Das benachbarte Bauwerk war so rasch vorgeschritten, daß noch einige Gemüse den Glanz beurkundeten, der den Garten des Monsieur Coumbes charakterisierte. Der Staub von dem Mörtel und Kalk, den die Maurer durch die Atmosphäre verbreiteten, hatte diese Gemüse auf ärgerliche Weise überzogen, und der Packträger, eine Bürste in der Hand und einen Wassereimer zu seinen Füßen, war beschäftigt, die davon zu befreien.

      Er hörte einen Wagen rollen und diesen Wagen vor den Gitterthor anhalten, welches den Garten des Nachbars schloß.

      Am Morgen hatte er einige Zurüstungen bemerkt, welche andeuteten daß die Arbeiter den neuen Besitzer erwarteten, und da Monsieur Coumbes nicht zweifelte, daß er es sei, so kletterte er auf seinen Stuhl und erhob leise den Kopf über die Mauer, welche die beiden Gebiete trennte. Er sah die Arbeiter im Hofe gruppiert; Einer derselben hatte einen ungeheuren Blumenstrauß in der Hand. Er sah ihn dem Wagen sich nähern und ihn Einem von Denen überreichen, welche ausstiegen.

      Derjenige, welchem man den Blumenstrauß überreichte, war ein Mann von fünfundzwanzig Jahren, sein gekleidet und mit einer offenen und entschiedenen Gesichtsbildung. Drei Freunde begleiteten ihn. Er nahm den Blumenstrauß und legte dagegen ein Trinkgeld in die Hand des Arbeiters. Dieses Trinkgeld mußte befriedigend sein, denn das Gesicht des Mannes ging von der Unbeweglichkeit zur Begeisterung über. Er rief mit entsetzlichem Geschrei: »Es lebe Monsieur Riouffe!« Und seine Kameraden, welche gewiß waren, daß sie es nicht umsonst thun würden, mischten mit wahnsinniger Freude ihren Hurrahruf mit dem seinigen.

      Dieser Name Riouffe war Monsieur Coumbes völlig unbekannt.

      Während die jungen Leute das Haus im Innern in Augenschein nahmen, hatten sich die Arbeiter dem Observationsposten des Monsieur Coumbes gegenüber versammelt, und er sah, wie sie ihr Geld zählten und theilten. Das Trinkgeld betrug fünf Louisdor.

      »Pest!« sagte Monsieur Coumbes, »hundert Franken! Er muß sehr reich sein, dieser Herr, und es wundert mich nicht mehr, daß er so viel für sein Haus ausgegeben hat. Als das meinige fertig war, gab ich, glaube ich, den Arbeitern zehn Franken, und es giebt Viele, die sich rühmen und die nicht so viel geben. Hundert Franken! er besitzt wohl alle Schiffe im Hafen von Marseille, dieser Mann !

      Um so besser, das wird einige Abwechselung in die Nachbarschaft bringen. Und dann ein so reicher Mann, wie dieser, muß seinen Fisch kaufen; und ich bin gewiß, daß dieser nicht kommen wird, um in meinem Wasser zu fischen und die Küste zu verwüsten. Er hat das Ansehen eines wackeren Burschen, heiter, frei und ohne Umstände; er wird Mittagsgesellschaften geben und mich vielleicht einladen. Zum Henker! er muß mich einladen, bin ich nicht sein Nachbar? Ei! ich bin bezaubert, daß es ihm eingefallen ist, sich in Montredon niederzulassen!«

       Sechstes Kapitel

      Sennhütte und Cabane

      Monsieur Coumbes, der sich gänzlich der Aussicht hingab, die seine Einbildungskraft ihm über die Zukunft eröffnete, rieb sich heiter die Hände, als er ein Fenster in dem neuen Hause sich öffnen hörte. Er ließ schnell den Kopf sinken, um bei einem Spionieren nicht ertappt zu werden, und die jungen Leute erschienen auf dem Balkon der Sennhütte. Sie sprachen alle zugleich und mit großem Geräusch.

      »Welche Aussicht!« sagte der Eine; »die schönste Aussicht im ganzen Lande!«

      »Es kann kein Schiff in den Hafen von Marseille fahren, ohne das Feuer unserer Ferngläser zu passiren,« sagte ein Anderer.

      »Ohne die Fische zu rechnen; man darf nur die Hand ausstrecken, um sie zu fangen,« bemerkte ein Dritter.

      »Aber die Plattform, die Plattform, ich sehe die Plattform nicht,« begann der Erste wieder.

      »Habe nur ein wenig Geduld,« sagte der Herr des Hauses; »wenn Ihr eine Plattform haben wollt, so sollt Ihr eine Plattform haben, Ihr sollt eine Molkenanstalt haben, Ihr sollt Alles haben, was Ihr wollt. Habe ich nicht noch mehr für Euch, als für mich selber dieses Häuschen erbauen lassen?«

      »Nur Eins, mein Guter, wirst Du Dir nicht verschaffen können; das sind Bäume.«

      »Bah! Bäume! wozu Bäume?« sagte der, welcher zuerst gesprochen hatte. »Findet man nicht Obst genug in Marseille, und kann man es nicht hierher bringen?«

      »Und wirst Du Dir auch Schatten bringen lassen?«

      »Seid ruhig,« sagte der Besitzer wieder, »Ihr sollt Bäume haben; wir sind nur von der einen Seite abgesondert, und von dieser,« fügte er hinzu, indem er auf das Haus des Monsieur Coumbes deutete, »müssen

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