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Die Rechte des Verletzten im Strafprozess. Klaus Schroth
Читать онлайн.Название Die Rechte des Verletzten im Strafprozess
Год выпуска 0
isbn 9783811445161
Автор произведения Klaus Schroth
Серия Praxis der Strafverteidigung
Издательство Bookwire
1. Der Verletztenbeistand
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Die größte Gruppe von Zeugen, die in der Praxis den Rat und den Beistand eines Rechtsanwaltes erbitten, sind die nebenklageberechtigten und sonstigen durch Straftaten Verletzte. Der Zeuge, der zugleich „Verletzter“ ist, hat die Schutz- und Mitwirkungsrechte aus den §§ 406d – 406l StPO. Die seit dem „Opferschutzgesetz“ aus dem Jahr 1986 immer wieder ergänzt worden sind. Der Verletztenbeistand ist nunmehr namentlich im § 406f StPO aufgeführt. Der Umfang des Akteneinsichtsrechts des Verletzten, seine anwaltliche Vertretung sowie deren Rechte haben ihre Regelung in §§ 406e, 406f, 406g, 406h, 406i, 406j und 406k StPO gefunden, wobei § 406f StPO für den „normalen“ Verletzten gilt und § 406h StPO für den nebenklageberechtigten Verletzten. Das Akteneinsichtsrecht nach § 406e StPO ist für Verletze, Nebenklagebefugte und Nebenkläger gemeinsam geregelt. Es gelten die gleichen Versagungsgründe, aber auch das gleiche uneingeschränkte Akteneinsichtsrecht nach Abschluss der Ermittlungen wie für den Beschuldigten. Die Erhebung der Nebenklage kann noch weitergehende Rechte für den Verletztenzeugen eröffnen. Überdies konstituiert § 406h StPO eine Hinweispflicht der Strafverfolgungsbehörden auf die Befugnis des Zeugen auf Hinzuziehung eines Beistands. Durch das „3. Opferrechtsreformgesetz“ wurde jüngst die Regelung des § 406g StPO eingefügt, wonach der Verletzte sich des Beistands eines psychosozialen Prozessbegleiters bedienen kann. Des Weiteren wurden verschiedene Rechte durch die Einführung des § 406l StPO auf Angehörige und Erben des Verletzten übertragen. Die speziellen Rechte des Verletzten und des anwaltlichen Verletztenbeistands sind ausführlich in Teil 5 dargestellt.
Teil 4 Die Pflichten und Rechte des Zeugen, insbesondere des Verletztenzeugen – Der anwaltliche Zeugenbeistand › II. Zeugenrechte › 2. Der gewählte Zeugenbeistand
2. Der gewählte Zeugenbeistand
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Neben denjenigen Zeugen, die nebenklageberechtigt oder Verletzte im Sinne der §§ 406d – 406l StPO sind, suchen häufig auch solche Zeugen einen Rechtsanwalt auf, denen es in erster Linie darum geht, zu erfahren, ob und in welchem Umfang sie Zeugnisverweigerungs- oder Auskunftsverweigerungsrechte haben. Auch diese Zeugen haben das Recht auf fachkundige Hilfe durch einen Rechtsanwalt, der als gewählter oder beigeordneter Zeugenbeistand auftreten kann[9].
Seit der Neuregelung des § 68b Abs. 1 und 2 StPO im Rahmen des „2. Opferrechtsreformgesetz“ ist klargestellt, dass Zeugen bei allen Vernehmungen, also auch schon bei Vernehmungen durch die Polizei, einen anwaltlichen Beistand hinzuziehen können, sofern dies nicht die geordnete Beweiserhebung beeinträchtigt.
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Das Recht, einen Zeugenbeistand hinzuzuziehen, besteht auch außerhalb des Strafverfahrens, nämlich auch im Rahmen von Ordnungswidrigkeitenverfahren, Disziplinarverfahren und berufsrechtliche Verfahren.[10]
Teil 4 Die Pflichten und Rechte des Zeugen, insbesondere des Verletztenzeugen – Der anwaltliche Zeugenbeistand › II. Zeugenrechte › 3. Die Beiordnung eines Zeugenbeistands gem. § 68b Abs. 2 StPO
3. Die Beiordnung eines Zeugenbeistands gem. § 68b Abs. 2 StPO
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Für viele Zeugen in der Praxis durchaus relevant ist die Möglichkeit, sich beim Vorliegen schutzwürdiger Interessen nach § 68b Abs. 2 StPO einen Rechtsanwalt als Zeugenbeistand beiordnen zu lassen[11]. Die danach erfolgende Bestellung eines Zeugenbeistands ist allerdings subsidiär zu anderen Regelungen, nach denen dem Zeugen anwaltliche Hilfe zuteilwerden kann. Dies ergibt sich aus der Formulierung des Gesetzes, das vom „Zeugen, der bei seiner Vernehmung keinen anwaltlichen Beistand hat“ spricht. Wenn der Zeuge Nebenkläger ist und als solcher einen gewählten oder bestellten Nebenklägervertreter oder nach § 406f Abs. 1, § 406h StPO bereit einen gewählten oder bestellten Verletztenbeistand hat, kommt § 68b Abs. 2 StPO nicht in Betracht. Hat der Zeuge schon einen anwaltlichen Beistand gewählt, ist eine Beiordnung nach § 68b Abs. 2 StPO ebenfalls nicht mehr möglich.[12] Ob er für die Kosten der rechtsanwaltlichen Beistandsleistung selbst aufkommen muss oder nicht, ist dabei unerheblich.[13] Nicht ausgeschlossen ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts, wenn dem Zeugen zuvor lediglich eine Vertrauensperson i.S.v. § 406f Abs. 2 S. 1 StPO beistand.[14]
Neben dem dargestellten Fehlen eines Zeugenbeistands bedarf es der Unfähigkeit des Zeugen, die Zeugenbefugnisse selbst wahrzunehmen. Dem liegt zugrunde, dass ein Zeuge grundsätzlich in der Lage ist, seine Rechte und Pflichten alleine wahrzunehmen und eine Unterstützung ausschließlich in besonderen Situationen geboten ist[15]. Dies ist etwa der Fall, wenn der Zuge aufgrund seiner Minderjährigkeit überfordert oder als erwachsener psychisch beeinträchtigt ist, aufgrund möglicher Repressalien durch den Angeklagten als gefährdet anzusehen oder auch aufgrund eines etwaigen Auskunftsverweigerungsrechts zu schützen ist[16].
Die Beiordnung eines Zeugenbeistands nach § 68b Abs. 2 StPO ist während des gesamten Strafverfahrens möglich. Im Ermittlungsverfahren betrifft die Beiordnung vor allem die richterliche und wegen der generellen Verweisung in § 161a Abs. 1 S. 2 bzw. § 163 Abs. 3 S. 1 StPO, auch die staatsanwaltliche und polizeiliche Zeugenvernehmung. Ergeben sich die Voraussetzungen für die Beiordnung erst in der Hauptverhandlung – etwa, wenn der Zeuge nach einer den Beschuldigten belastenden Aussage im Ermittlungsverfahren von diesem bedroht wird – so kann auch erst dann die Beiordnung erfolgen. Sie ist zwar von Amts wegen zu prüfen, kann aber auch beantragt werden.[17] Die daraufhin ergehende Entscheidung bezüglich der Beiordnung ist unanfechtbar[18], auch wenn ein zurückweisender Beschluss ergeht.[19]
Neben der eigentlichen Vernehmung umfasst die Beiordnung aber auch alle in untrennbarem sachlichem und zeitlichem Zusammenhang stehende Tätigkeiten, etwa die Beratung vor oder nach der Vernehmung.[20] Bevor der Zeuge vernommen wird, muss der Beistand mindestens die Gelegenheit haben, den Gegenstand der Aussage zu erfahren, um diesen mit dem Zeugen besprechen und die bei der Vernehmung auszuübenden Befugnisse mit ihm erörtern zu können. Auch nach Abschluss der Vernehmung muss noch Zeit für die Beratung über etwaige Rechtsbehelfe oder Ansprüche mitumfasst sein. Kommt es im Anschluss zu einer weiteren Vernehmung, bedarf es einer neuerlichen Beiordnung.[21]
Anmerkungen
Beulke Strafprozessrecht, Rn. 196a; Ein Überblick über den Zeugenschutz insgesamt findet sich bei Jung GA 1998, 313.
Vgl. SK-StPO/Rogall Vor § 48 Rn. 71 ff.
Insbesondere von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung.
Dazu gehören Personen, die bei Erfüllung ihrer Zeugenpflichten mit einem Angriff auf ihre Rechtsgüter oder auf Rechtsgüter einer ihnen nahe stehenden Person zu rechnen haben, wie z.B. V-Leute; Beulke Strafprozessrecht Rn. 196a.
Zschockelt/Wegner NStZ 1996, 305; Wegner ZRP 1997, 404; Franke StraFo 2000, 295.