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für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RiVASt)64

      F.Richterrecht65 – 67

       Ausgewählte Literatur

A. Einleitung

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      Eine ähnliche dualistische Klassifikation wird vorgenommen, soweit zwischen einem (deskriptiven) soziologischen und einem (normativen) juristischen Rechtsquellenbegriff unterschieden wird.[2] Der hiermit angesprochene Aspekt der Normativität deutet zugleich darauf hin, dass sich Rechtsquellen im engeren Sinne und solche im weiteren Sinne zumindest durch ein unterschiedliches Maß an Bindungswirkung – möglicherweise sogar durch die Existenz einer Bindungswirkung – unterscheiden. Eine Abstufung der Normativität liegt auch derjenigen Klassifikation zugrunde, die zwischen Rechtsquellen (i.e.S.) und bloßen Rechtserkenntnisquellen trennt[3] und die vor allem im Bereich des Europäischen Rechts zum Tragen kommt (vgl. dazu unten Rn. 21). Rechtserkenntnisquellen umfassen zwar nicht sämtliche Rechtsquellen im soziologischen Sinne, da diese auch ökonomische und politische Entscheidungsbeeinflussungen implizieren können. Allerdings gibt es durchaus Überschneidungen, denn die Rechtserkenntnisquellen und die Rechtsquellen im soziologischen Sinne erfassen beide auch juristische Hilfsmittel zur Auslegung und Anwendung rechtlicher Normen (wie z.B. die wissenschaftliche Literatur oder eine gefestigte Rechtsprechung).[4]

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      Eine Darstellung der Rechtsquellen des Strafverfahrensrechts hat jedenfalls Rechtsquellen im engeren Sinne (u.a. das Verfassungsrecht und die formellen Gesetze) einzubeziehen. Hierfür spricht bereits der Umstand, dass die Rechtsanwendung im Bereich des Strafverfahrensrechts jedenfalls[5] dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt unterliegt.[6] Allerdings sollen im Folgenden weitere rechtliche Aspekte, die die Entscheidungsprozesse beeinflussen, nicht von vornherein ausgeblendet werden. Legt man hier deshalb ein Verständnis zugrunde, das auch Rechtserkenntnisquellen umfassen kann, so sind neben dem Verfassungsrecht (dazu B, Rn. 4 ff.) und den formellen Gesetzen (dazu C, Rn. 8 ff.) vor allem auch europarechtliche Normen (dazu D, Rn. 45 ff.), Verwaltungsvorschriften (dazu E, Rn. 57 ff.) und schließlich das Richterrecht (dazu F, Rn. 65 ff.) zu berücksichtigen. Insbesondere in den drei zuletzt genannten Normbereichen wird die Frage der Einordnung als Rechtsquelle oder als Rechtserkenntnisquelle näher zu beleuchten sein – ein Aspekt, der unter anderem mit der Frage der Bindungswirkung gegenüber dem jeweiligen Rechtsanwender zusammenhängt.

B. Verfassungsrecht

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      Das Grundgesetz[7] besitzt in mehrfacher Hinsicht strafverfahrensrechtliche Bedeutung[8]: Allgemein begründen die in Art. 1–18, Art. 19 Abs. 4 und Art. 104 GG normierten Grundrechte einen Zulässigkeitsmaßstab für strafverfahrensrechtliche Eingriffe, so etwa für strafprozessuale Ermittlungsmaßnahmen.[9] Bei Fragen der Gerichtsverfassung sind unter anderem die Gewährleistungen des Rechts auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG zu berücksichtigen.[10] Strafverfahrensrechtliche Bedeutung können auch die sonstigen Verfassungsbestimmungen über die Rechtsprechung (Art. 92 ff. GG) – insbesondere der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)[11] oder der Grundsatz ‚ne bis in idem‘ (Art. 103 Abs. 3 GG)[12] – entfalten.[13]

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      Darüber hinaus lassen sich verschiedene strafprozessuale Rechte, Prinzipien und Institute nennen, die nicht explizit einfachgesetzlich normiert sind, die jedoch aus den verfassungsrechtlichen Bestimmungen des Grundgesetzes abgeleitet werden:

Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit (‚nemo tenetur se ipsum accusare‘), der seine Grundlage im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und im allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) findet.[14]
Gebot eines fairen Strafverfahrens (‚fair trial‘), das in Art. 6 Abs. 1 EMRK ausdrücklich verbrieft ist[15], dessen Ausprägungen im deutschen Strafverfahrensrecht üblicherweise aber aus dem Rechtsstaatsprinzip[16] (Art. 20 Abs. 3 GG) bzw. aus einer Gesamtschau verschiedener verfassungsrechtlicher Bestimmungen[17] (teils in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK[18]) abgeleitet werden.[19]

      Vor dem Hintergrund dieser mannigfaltigen strafverfahrensrechtlichen Bedeutung des Grundgesetzes wird das Strafprozess- bzw. Strafverfahrensrecht zutreffend als konkretisiertes[20] oder angewandtes[21] Verfassungsrecht charakterisiert.

II. Landesverfassungsrecht

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      Auch in einigen Landesverfassungen finden sich spezifisch strafverfahrensrechtliche Bestimmungen.[22] Zu nennen sind etwa folgende Regelungen:

In der Verfassung des Freistaates Bayern[23]: Recht auf einen gesetzlichen Richter (Art. 86 Abs. 1 S. 2), Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft (Art. 89), Öffentlichkeitsgrundsatz (Art. 90), Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1), Recht auf Verteidigung (Art. 91 Abs. 2).
In der Verfassung von Berlin[24]: Recht auf Beistand eines Verteidigers (Art. 9 Abs. 1), Unschuldsvermutung (Art. 9 Abs. 2).
In der Verfassung des Landes Brandenburg[25]: Recht auf einen gesetzlichen Richter (Art. 52 Abs. 1 S. 2), Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 52 Abs. 3), Anspruch auf ein faires und zügiges Verfahren (Art. 52 Abs. 4 S. 1), nemo-tenetur-Grundsatz (Art. 52 Abs. 5), Unschuldsvermutung (Art. 53 Abs. 2), Grundsatz ‚ne bis in idem‘ (Art. 53 Abs. 3), Recht auf Verteidigung (Art. 53 Abs. 4).
In der Verfassung der Freien Hansestadt Bremen[26]: Recht auf einen gesetzlichen Richter (Art. 6 Abs. 1), Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 3).
In der Verfassung des Landes Hessen[27]: Regelung zur Untersuchungshaft, zur Hausdurchsuchung und zu Eingriffen in das Postgeheimnis (Art. 19 Abs. 1), Rechtsgarantien bei Festnahme (Art. 19 Abs. 2), Recht auf einen

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