Скачать книгу

fertiggemacht.

      Das war auch der Grund, warum man ein halbes Jahr lang nicht merkte, dass ich unterfordert war, denn ich sprach kein Wort.

      Es war Doktor Jones gewesen, die feststellte, dass ich gar nicht so weit zurück war mit dem Schulstoff. Sie war bis dahin auch die einzige, mit der ich überhaupt redete. Sie merkte schnell, dass ich viel wusste und zu sagen hatte.

      Nach und nach öffnete ich mich ihr und erzählte, dass er mich unterrichtet hatte. Ihm hatte viel an meiner Bildung gelegen und er hatte mich täglich, auch am Wochenende, in Mathematik und Schreiben, Erdkunde und Politik unterwiesen. Auch Kunst, klassische Musik und Tanz hatte er mir nahegebracht. Ich war eine sehr gute Schülerin gewesen. Er hatte mich mit dem heißen Bügeleisen darauf getrimmt keine Fehler zu machen.

      Doktor Jones setzte sich dafür ein, dass man mich in eine höhere Klasse schickte. Aber auch dort wurde ich fertiggemacht. Ich habe nie erfahren, was die anderen Kinder gegen mich hatten und Doktor Jones hat es mir nie erklärt. Aber nachdem mein Schulzeug samt Tasche in Flammen aufging, bekam ich Einzelunterricht.

      Ich hatte also meine starke Abneigung gegen Gruppenunterricht nicht von irgendwo her. Ich glaubte aber, dass es jetzt besser werden würde.

      Nicht, dass ich eine Optimistin wäre, ich hoffte einfach nur, dass es in einer Schule für normale Jugendliche nicht so zuging.

      KAPITEL 3

      Selene – Mondgöttin, folgt Helios am Abend über den Himmel

      Am Montagmorgen nahm mich Delilah in ihrem Auto mit zur Schule. Ich konnte die feindseligen Blicke auf mir spüren, hatte mich aber entschlossen sie zu ignorieren.

      Ich betrachtete lieber die Gegend bis zur Neah-Kah-Nie High-School und versuchte mich nicht auf das quälende Gefühl in meiner Brust zu konzentrieren, das immer stärker wurde, desto näher wir dem Ozean kamen. Doch mein Blick wanderte von selbst immer wieder zum in der Sonne glitzernden Wasser.

      Gedankenverloren schaute ich aus dem Fenster und bekam nicht mit, dass wir die Schule erreichten.

      Erst als Delilah die Fahrertür zuschlug, registrierte ich meine Umgebung.

      »Halt, Delilah. Warte!«, rief ich ihr nach, sie drehte sich widerwillig um, lief aber langsam rückwärts weiter und signalisierte mir damit, dass sie keine Lust hatte, mit mir zu reden oder mit mir zur Schule zu laufen.

      »Bitte, hilf mir. Sag mir wenigstens, wo das Sekretariat ist.«

      Ich konnte sehen, wie sie die Augen verdrehte und ich war mir sicher, dass sie mich hier auf dem großen Parkplatz stehen lassen würde.

      Zu meiner Überraschung winkte sie mich zu sich und als ich bei ihr ankam, sagte sie: »Bis zum Sekretariat bring ich dich. Ab da sollen die sich um dich kümmern.«

      Ihre Blicke waren kühl und sie sprach kein Wort mehr, während wir zum Schulgebäude gingen.

      »Wusstest du, dass man deine Familie wegen dir ausgesucht hat«, setzte ich zu einem Gespräch an.

      »Willst du damit sagen, dass es meine Schuld ist?« Sie funkelte mich böse an.

      »Was? Nein! Man hoffte nur, dass meine Wiedereingliederung besser verlaufen würde, wenn ich eine Gleichaltrige an der Seite hätte. Die mich vielleicht ihren Freunden vorstellt, mich ein bisschen rumführt und…«

      »Deinen Babysitter spielt«, unterbrach mich meine Adoptivschwester.

      Ich schaute ihr etwas verlegen in die grünen Augen und zuckte mit den Schultern.

      »Dann hätte man mich zumindest vorher fragen sollen, ob ich Bock darauf habe, mich mit einer Irren abzugeben! Wir sind da. Bis nach der Schule. Ciao.«

      Sie machte auf dem Absatz kehrt und stolzierte davon.

      Und wieder einmal schaute ich ihr sprachlos hinterher. Das konnte ja noch heiter werden…

      Ich klammerte mich mit beiden Händen an meiner Schultasche fest und spähte durch die Glasscheibe ins Innere des Sekretariats. Eine nett aussehende junge Frau saß hinter ihrem Schreibtisch und tippte in ihren Computer. Neben der Tastatur stand eine große Minnie Mouse Tasse und aus irgendeinem Grund gab mir das die nötige Kraft die Türe aufzudrücken. Es klingelte leise als sie sich öffnete und während ich eintrat, erhob sich die Sekretärin und lächelte mich wissend an.

      »Hallo, ich bin Clara White. Heute ist mein erster Schultag und ich habe noch keine Unterlagen bekommen.« Ich fühlte mich irgendwie blöd, so wie immer, wenn ich mich jemandem vorstellen musste.

      Sie nickte und legte einen Stapel Blätter vor mich.

      »Herzlich willkommen an unserer Schule. Hier sind dein Stundenplan, die Hausordnung und alles Weitere, was du benötigst, um dich bei uns zurecht zu finden. Deinen Schülerausweis trägst du am besten immer bei dir. Ich bin Miss Bishop. Wenn du Hilfe brauchst, kannst du dich gerne an mich wenden.«

      Sie lächelte mich herzlich an und zog meinen Stundenplan aus dem Stapel, den sie zwischen uns auf das Pult gelegt hatte. Sie tippte mit der Spitze ihres Kulis auf das Blatt und ich grinste automatisch. Ihr Kugelschreiber war mit Walt Disney Motiven bedruckt.

      »Deine erste Stunde hast du in Raum 12. Den Gang runter, die zweite Tür rechts. Beeil dich besser, es wird gleich zum Unterricht klingeln.«

      Damit war ich entlassen. Ich raffte mein Zeug zusammen und bedankte mich bei ihr.

      Der Vormittag verlief ereignislos. Die Lehrer waren okay, die Schüler nett, aber nicht übermäßig freundlich und ließen mich die meiste Zeit in Ruhe. Ich hätte nichts gegen die ein oder andere Bekanntschaft gehabt, war aber selbst zu schüchtern, um auf die anderen zuzugehen.

      So kam es, dass ich in der Mittagspause alleine in der Cafeteria stand und da ich nicht den Mut aufbrachte, mich einfach irgendwo dazuzusetzen, endete ich alleine auf einer Bank vor der Cafeteria.

      Ich packte mein Mittagessen aus und dachte an die vergangenen Stunden. Es ging hier tatsächlich anders zu. Viel ruhiger, geradezu langweilig. Ich verbuchte das als ein gutes Omen. In der Nacht, hatte ich schlecht geschlafen und geträumt, dass die Schüler furchtbare Monster mit Fratzen sein würden, die nur darauf warteten, mich aufzufressen.

      Ich richtete gerade meinen Dutt neu, als eine laut tratschende Mädchengruppe über den Rasen Richtung Cafeteria schlenderte. Allen voran meine liebe Adoptivschwester.

      Die Art wie ihr die anderen folgten, erinnerte mich an eine Ente mit ihren Küken. Quak Quak Quak.

      Ich konnte ein paar Gesprächsfetzen aufschnappen, die der Wind zu mir herüber trug, und hörte öfters den Namen Grayson. Ich belauschte sie neugierig.

      Aber als sie in meine Nähe kamen, versuchte ich mich klein zu machen und versteckte mich hinter meiner Brotdose. Delilah entdeckte mich trotzdem.

      »Geht schon mal rein. Ich muss noch kurz telefonieren«, befahl Mama-Ente. Und ihre Babys gehorchten und watschelten brav quakend weiter.

      Delilah wartete bis sie außer Sicht waren und kam dann zu mir rüber stolziert.

      Ein wenig verlegen, als wüsste sie selbst nicht so recht was sie wollte, blieb sie vor mir stehen.

      »Hey, geht’s … äh, geht’s dir gut?« Sie wippte nervös auf und ab.

      Ich nickte. »Ja, alles in Ordnung.«

      »Du wirst nicht fertiggemacht, oder so?«, fragte sie leise. Ihre Stimme hatte einen sonderbaren Ton angenommen.

      Meine Augen wurden groß. »Was? Nein! Warum?«

      »Na, weil du hier ganz alleine sitzt. Ist ja auch egal. Wollte nur mal hören, ob es dir gut geht.«

      Ich schaute sie etwas verblüfft an. Diese Wendung kam unerwartet und ich witterte schon Gefahr, weshalb ich sofort den Schutzpanzer hochfuhr.

      »Nein,

Скачать книгу