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Eugen verpflichtete den begabten Schüler zum Besuch der Militär-Akademie in Stuttgart. Unter den strengen Vorschriften in dieser Bildungskaserne litt Schiller sieben Jahre. Obgleich den Zöglingen der Karlsschule schöngeistige Literatur zu lesen verboten war, las Schiller viel; unter anderem auch Schubarts Erzählung Zur Geschichte des menschlichen Herzens. Hiervon angeregt und beflügelt vom Hass gegen Karl Eugen, beschloss Schiller: »Wir wollen ein Buch machen, das aber durch den Schinder absolut verbrannt werden muß!« So entstanden Die Räuber. Nach einem beispiellosen Theatererfolg der Uraufführung in Mannheim bekam Schiller wegen unerlaubter Reise dorthin von Karl Eugen vierzehn Tage Arrest. Der Herzog bestimmte: »[…] bei Strafe der Kassation schreibt Er keine Komödien mehr.« Schiller dachte an Schubart, den der Herzog bereits vier Jahre unrechtmäßig gefangen hielt, und floh aus Württemberg.

      In den Räubern verkörpern die feindlichen Brüder Karl und Franz Moor den guten und den bösen Menschen. Karl ist der verlorene Sohn, der nach jugendlich ausschweifenden Studienjahren zu seinem Vater und seiner Braut heimkehren möchte. Franz, wie Shakespeares Richard III., ist der gekränkte Zweitgeborene, der mit kalter Überlegung und zynischer List einen Keil zwischen den gemütvollen Karl und seinen guten Vater treibt. Durch seines Bruders gefälschte Briefe verkennt Karl die Liebe seines Vaters; und von der Enttäuschung niedergeschlagen, zweifelt er gleich an der ganzen Menschheit und ihrer sittlichen Ordnung. Er wird zum Räuberhauptmann, um Gerechtigkeit walten zu lassen, wo immer er kann. Doch die Untaten seiner Bande verstricken ihn in so tiefe Schuld, dass am Ende eine Umkehr unmöglich scheint. Erst nachdem er die List seines Bruders und seinen eigenen tragischen Irrtum eingesehen hat, gewinnt Karl die innere Freiheit, sich im eigenen Untergang von der Räuberbande zu lösen. Karl ist endlich bereit, die unvollkommene irdische Ordnung als Stellvertreterin einer höheren Ordnung anzuerkennen:

      […] da steh ich am Rand eines entsetzlichen Lebens, und erfahre nun mit Zähnklappern und Heulen, daß zwei Menschen wie ich den ganzen Bau der sittlichen Welt zugrund richten würden. Gnade – Gnade dem Knaben, der Dir vorgreifen wollte – […]. Aber noch blieb mir etwas übrig, womit ich die beleidigte Gesetze versöhnen, und die mißhandelte Ordnung wiederum heilen kann. Sie bedarf eines Opfers – eines Opfers, das ihre unverletzbare Majestät vor der ganzen Menschheit entfaltet – dieses Opfer bin ich selbst. […] Ich geh, mich selbst in die Hände der Justiz zu überliefern.

      Karls politisch-revolutionärer Aufbruch gegen die Tyrannen wird mit dem Einlenken in diese fromme idealistische Privatlösung zurückgenommen. »Der Verirrte tritt wieder in das Geleise der Gesetze«, heißt es in Schillers Vorrede.

      Auch in dem republikanischen Trauerspiel von der Verschwörung des Fiesco zu Genua (1783) geht es um einen erhabenen Bösewicht; diesmal um einen historischen aus dem Jahre 1547. Und wieder gilt Schillers Aufmerksamkeit nicht der politischen, sondern der menschlichen Seite des Falles:

      Fiesco, der kraftvolle Tatmensch, möchte Genua vor der Tyrannei des Gianettino Doria bewahren. Hinter der Maske eines leichtlebigen Genießers bereitet er klug berechnend die Verschwörung gegen den alten, patriarchalischen Dogen Andreas Doria und dessen anarchischen Neffen Gianettino vor. Doch der leidenschaftlich entschlossene Republikaner Verrina sieht, dass Fiesco Brutus und Caesar in einer Person ist, sieht, wie dessen angeborene Führernatur zwischen Bürgertugend und persönlichem Ehrgeiz schwankt. – »Ein Diadem erkämpfen ist groß. Es wegwerfen ist göttlich«, sagt sich Fiesco. »Sei frei, Genua, und ich dein glücklichster Bürger!« – Verrina aber ist sicher: »Den Tyrannen wird Fiesco stürzen, das ist gewiß! Fiesco wird Genuas gefährlichster Tyrann werden, das ist gewisser!« Und tatsächlich erliegt Fiesco der Verführung durch die Macht. Spitzfindig spekuliert er: »Wenn auch des Betrügers Witz den Betrug nicht adelt, so adelt doch der Preis den Betrüger. Es ist schimpflich, eine Börse zu leeren – es ist frech, eine Million zu veruntreuen, aber es ist namenlos groß, eine Krone zu stehlen.« Vergeblich warnt Fiescos Gattin Leonore vor den Folgen der Machtanmaßung. Der Anschlag gegen die Dorias ist noch nicht zu Ende geführt, da lässt sich Fiesco zum Herzog ausrufen und wird von Verrina ertränkt. – Diesen Schluss, der mit Verrinas Rückkehr zu Andreas Doria der gescheiterten Verschwörung allen Sinn entzieht, hat Schiller verschiedentlich geändert. In der Mannheimer Fassung entsagt Fiesco der Krone; in einer anderen Fassung stellt sich Verrina nach dem Mord an Fiesco dem Gericht des befreiten Volkes.

      Den Schluss und Höhepunkt der Sturm-und-Drang-Dramatik bildet Schillers bürgerliches Trauerspiel Kabale und Liebe (1784), das zuerst nach der Heldin »Luise Millerin« heißen sollte.

      Ähnlich wie in Lessings Emilia Galotti (vgl. ) scheitern Luise, die bürgerliche Geliebte, und ihr adliger Bräutigam Ferdinand an Standesunterschieden und Hofintrigen; nur, dass hier – kennzeichnend für den Sturm und Drang – die Liebe und der Wunsch nach ihrer freien Entfaltung leidenschaftlicher brennen und dass die zeitgemäße und wirklichkeitstreuere Darstellung in einer revolutionären Anklage gegen den Absolutismus aufflammt.

      Der Stadtmusikant Miller möchte seine Familie schützen, indem er zur Einhaltung der Standesgrenzen auffordert und dem Präsidenten von Walter sagt: »Dero Herr Sohn haben ein Aug auf meine Tochter; meine Tochter ist zu schlecht zu Dero Herrn Sohnes Frau, aber zu Dero Herrn Sohnes Hure ist meine Tochter zu kostbar, und damit basta!« – Luise beugt sich dieser bürgerlichen Denkweise und Moral: »Mein Anspruch war Kirchenraub, und schauernd geb ich ihn auf. […] Ich entsag ihm für dieses Leben. Dann, Mutter – dann, wenn die Schranken des Unterschieds einstürzen – wenn von uns abspringen all die verhaßte Hülsen des Standes – Menschen nur Menschen sind –« Aber Ferdinand glaubt, das Ideal seiner Liebe gegen die Wirklichkeit der Gesellschaft durchsetzen zu können. Mit der großen Gebärde des Genies ruft er:

      Wer kann den Bund zwoer Herzen lösen, oder die Töne eines Akkords auseinanderreißen? – Ich bin ein Edelmann – Laß doch sehen, ob mein Adelbrief älter ist als der Riß [Entwurf] zum unendlichen Weltall? oder mein Wappen gültiger als die Handschrift des Himmels in Luisens Augen: Dieses Weib ist für diesen Mann? […] Ich fürchte nichts – nichts – als die Grenzen deiner Liebe. […] Mir vertraue dich. Du brauchst keinen Engel mehr – Ich will mich zwischen dich und das Schicksal werfen […]. Frei wie ein Mann will ich wählen, daß diese Insektenseelen am Riesenwerk meiner Liebe hinaufschwindeln.

      Doch als Luise zögert, ihre Kindespflicht gegen den Vater zu vergessen und die für sie gottgewollte Ordnung zu zerbrechen, missdeutet Ferdinand diese »kalte Pflicht gegen feurige Liebe«. Sein Zweifel liefert ihn dem Spiel der höfischen Ränke aus. Er wähnt sich von Luise betrogen und – »einst ihr Gott, jetzt ihr Teufel« – vergiftet sie und sich selbst. Die Gewissheit des nahen Todes entbindet Luise von dem Eid, den sie ihren Peinigern gab. Sterbend enthüllt sie ihrem Geliebten, welchem Trug er zum Opfer gefallen ist.

      Die Romane des Sturm und Drang knüpften gern an die Lebensbeschreibungen und die erbaulichen Bekenntnisse aus der pietistisch geprägten Empfindsamkeit an, denn die neue Brief- und Tagebuchform erlaubte den monologisierenden Herzen, die ganze Spannweite zwischen lyrischverhaltenem und dramatisch-brausendem Ausdruck auszuschöpfen. Das beste Beispiel hierfür ist GOETHES Briefroman Die Leiden des jungen Werthers (1774).

      Goethe war 1772 nach Wetzlar gegangen, um dort am Reichskammergericht juristische Erfahrungen zu sammeln. Doch stattdessen verliebte er sich in Charlotte Buff, die bereits verlobt war. Auch Maximiliane La Roche,17 in die sich Goethe anschließend in Ehrenbreitstein verliebte, heiratete bald einen anderen. Als Goethe nun noch erfuhr, dass sich sein Wetzlarer Kollege, Lessings junger Freund Jerusalem, wegen unglücklicher Liebe zu einer verheirateten Frau erschossen habe, entledigte sich der Dichter seines »großen Trübsinns« durch den Roman von Werthers Leiden.

      In ländlicher Umgebung erholt sich Werther von einem Liebeskummer. Er liest Homer und zeichnet nach der Natur. Als er mit Lotte einen Ball besucht und Lotte, von einem Gewitter gefühlvoll gestimmt, den Namen »Klopstock« seufzt, ist Werther überwältigt vom Gleichklang ihrer Herzen. Aber Lotte ist verlobt. Ihr Bräutigam, großzügig zwar gegen Werther, ist ein Pedant, der Selbstmörder verurteilt, statt sie zu bemitleiden. – Werther sucht Ablenkung

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