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Eine Karotte wird mit dem Messer grob zerkleinert, es entstehen ungleiche Stücke, es besteht noch Unsicherheit bei der Handhabung des Messers.

      2 Feinkoordination: Eine Karotte wird exakt zerkleinert, das Messer wird routiniert benutzt.

      3 Stabilisierende Feinkoordination: Auch andere Gemüsesorten werden exakt zerkleinert.

      Beispiel für motorisches, manuelles Lernen: Zutaten für Zopf bereitstellen (Mehl abwiegen, Wasser abmessen usw.), Teig kneten, Zopf formen und dabei Routine entwickeln.

      Analytisch-verstehendes Lernen – Lernen durch Fragen, Erläutern, Zerlegen und Vergleichen: Dieser Ansatz gehört zu den kognitivistischen Lerntheorien und beinhaltet auch Begriffs- und Regellernen.

      Beispiel für analytisch-verstehendes Lernen: Zopf mit und ohne Ei bestrichen backen und die verschiedenen Resultate vergleichen (Zopf glänzt, glänzt nicht)

      Eidetisches, mentales Lernen – Lernen durch Vorstellen und Nachdenken: Dieser Zugang ist rein kognitiv. Angeleitet durch Fragen, Diskussionen und Nachdenken werden Erkenntnisse gewonnen.

      Beispiel für eidetisches, mentales Lernen: Wie muss die Arbeitsorganisation aussehen, dass der selbst gebackene Zopf rechtzeitig zum geplanten Brunch auf der Wohngruppe essbereit ist?

      Emotional-affektives Lernen – Lernen durch Erleben und Erfühlen: Dieser Zugang gehört zu den sozialen Lerntheorien – durch Erlebnisse werden Lernerkenntnisse emotional eingebettet.

      Beispiel für emotional-affektives Lernen: Die Klient*innen besuchen einen Bauernhof und beschäftigen sich damit, woher die Eier für den Zopf stammen. Sie sehen die Hühner und dürfen selbst Eier einsammeln. Dieses Erlebnis ermöglicht einen anderen emotionalen Bezug, als wenn sie die Eier einfach im Laden kaufen.

      Sozial-affektives Lernen – Lernen durch gemeinsames Handeln, Reflektieren und Erleben: Auch dieser Zugang gehört zu den sozialen Lerntheorien. Gemeinsames Handeln in der Gruppe, sich als Team erleben, aber auch etwas für jemanden anderen tun ermöglichen viele soziale Erfahrungen, die in den Alltag integriert und für diesen genutzt werden können.

      Beispiel für sozial-affektives Lernen: Gemeinsam einen Zopf backen, gemeinsam am Frühstückstisch den Zopf geniessen, Ideen für Zopfvarianten entwickeln (Speckzopf, Rosinenzopf, Zimtzopf usw.).

      Schritt 6: Analyse und Konklusion durchführen

      Analysieren Sie die Ausgangslage für die Lernsituation: Beziehen Sie lebensweltliche Fragen Ihrer Klient*innen mit ein und klären Sie die individuellen Voraussetzungen bezüglich Kenntnissen, Fertigkeiten und Teilkompetenzen, die Ihre Klient*innen mitbringen und auf denen sie aufbauen können. Nehmen Sie eine lösungsorientierte Haltung ein und fokussieren Sie auf vorhandene Stärken. Diese Analyse bildet die Basis für Schritt 7, die Sequenzierung.

      Schritt 7: Sequenzierung gestalten

      Abbildung 2: Visualisierung der unterschiedlich grossen Lernstufen bei gleichem Ziel (eigene Darstellung, R. Luginbühl)

      Wichtig ist, dass Sie Lernschritte in geeigneten Lernstufen schaffen. Diese Lernstufen können, wie auf dem Bild ersichtlich, unterschiedlich sein. Die eine Treppe zeigt kurze, steile Stufen, die schnell aufeinander folgen. Die Stufen der anderen Treppen sind weniger steil und viel länger – bis das Lernziel, hier symbolisch oben an der Treppe, erreicht wird, braucht die lernende Person also wesentlich länger. Das heisst: Sie definieren einzelnen Lernschritte und stellen sicher, dass Ihre Klient*innen diese erreichen können. Wir gross die einzelnen Stufen sind, ist individuell verschieden und hängt von den Kompetenzen der Klient*innen ab. Ebenso individuell ist der Einsatz der einzelnen Lernzugänge. Es kann sein, dass Sie einer fitten Jugendlichen etwas in wenigen Schritten erklären können (kognitive Lerntheorie) und sie das Gehörte gleich umsetzt. Es kann aber auch sein, dass sie einen Lernschritt mit einem Klienten lange einüben müssen (behavioristischer Zugang), bis der nächste erfolgen kann. Die Aufgabenstellung für die einzelnen Lernschritte muss allenfalls auch sprachlich angepasst werden, sodass die Klient*innen mit einer Textanleitung, mit Piktogrammen oder mit einem Audiozugang arbeiten können. Die richtige Sequenzierung ist demnach die Hauptarbeit bei der Planung von Lernsituationen.

      Wir geben Ihnen in der Folge auf S. 34–35 ein Beispiel, wie eine spezifisch gestalteten Lernsituation aussehen kann. Natürlich werden Sie mit zunehmender Routine und Praxis auch mehr Übung im Erkennen, Durchdenken und Gestalten von Lernsituationen erlangen. Eine schriftliche Planung wird nicht immer nötig sein, aber die strukturierte Vorgehensweise hilft Ihnen, dass Sie sich der Komplexität der Lernsituationen bewusst werden und für Ihre Klient*innen passende Lernschritte finden.

      Schritt 8: Lernsituation reflektieren

      Evaluation und Reflexion sind wichtige Teile eines Lernprozesses. Es geht darum, immer wieder den Blick auf Lernerfolge zu legen und gemeinsam neue, weitere Lernschritte zu finden. Stellt sich ein Lernschritt als zu gross heraus oder verändern sich die Rahmenbedingungen, muss das Lernsetting angepasst werden. Auch die selbstkritische Reflexion der Berufsfachleute ist wichtig: Was hat sich weshalb bewährt? Was war handlungsleitend? Gibt es Aspekte, die angepasst werden sollten? In der Alltagsrealität kommt es immer wieder zu unerwarteten Situationen, Störungen oder Änderungen der Kontexte. Versuchen Sie den «roten Faden» nicht zu verlieren und trotzdem agil und pragmatisch zu bleiben. Im Sinne der Lösungsorientierung geht es oft auch darum auszutesten, was funktioniert, und dort Schritt für Schritt anzuknüpfen. Klappt etwas nicht, dann beharren Sie nicht darauf, sondern orientieren Sie sich am Motto von Steve de Shazer: «Wenn etwas funktioniert, mach mehr davon. Wenn das, was du tust, nicht funktioniert, dann mach etwas anders.» Wesentlich ist, dass die Alltagsarbeiten möglichst positive Emotionen hervorrufen und nicht in Frust enden. Und manchmal müssen die Berufsfachleute ihre eigenen Ansprüche drosseln, ganz nach der Devise: «Wenn es keine perfekte Lösung gibt, nehme ich von den schlechteren die Beste.» Würdigen und feiern Sie Erfolge mit den Klient*innen, aber auch im Team, und betrachten Sie Misserfolge nicht als Versagen, sondern als Rückmeldung, was neu und anders angegangen werden könnte.

      Beispiel einer spezifisch gestalteten Lernsituation

      Sie arbeiten in einer stationären Einrichtung für Kinder aus prekären Familienverhältnissen. Die Institution hat eine zentrale Küche. Die Kinder auf Ihrer Gruppe beklagen sich oft über das Essen, das ihnen nicht schmeckt. Food Waste ist auf Ihrer Gruppe ein Thema, die Kinder werfen Essen schnell weg.

Vorgehen zum Planen einer spezifisch gestalteten Lernsituation
1 . Grundhaltung reflektieren: Es ist für Kinder wichtig, dass sie die Wertigkeit von Lebensmitteln erfahren. Indem sie selbst mit Lebensmitteln arbeiten, reflektieren sie ihren Umgang mit Lebensmitteln. Konkrete, sichtbare Resultate erhöhen die Motivation. Auch kleine Kinder können, wenn gut sequenziert, einen ganzen Arbeitsablauf lernen.
2 . Lernfelder erkennen: Es gibt eine eingerichtete Küche mit Backofen. Am Freitagnachmittag sind die Kinder auf der Gruppe, bevor sie am Samstagmorgen für das Wochenende abreisen. Es gibt ein kleines Budget für Gruppenaktivitäten.
3 . Lernsituation auswählen: Brot backen mit Kindern im Vorschulalter, Gruppengrösse: 4–6 Kinder. Richtziel: Am Beispiel Brotbacken lernen die Kinder den respektvollen Umgang mit

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