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wie ein rosa hauchendes Importprodukt aus einer REM-Phase. Eng verschlungen lagen die beiden noch im Bett. Da löste sich Lisa abrupt aus der Umarmung und drehte sich auf den Rücken.

      „Jemand muss meine Romanfiguren aus dem Buch gezogen haben, zumindest ihre geistige Essenz!“ Sie starrte zur Decke. Alwin war plötzlich hellwach. Er rüttelte Lisa, bis sie tief einatmete. Dann begann sie sich zu strecken, ihre Körperlänge verdoppelte sich dabei für eine Zehntelsekunde wie ein in die Länge gezogenes Schwimmkrokodil aus Gummi.

      „Guten Morgen, Liebling, gut geschlafen?“, fragte sie verträumt, ohne zu wissen was sie ein paar Sekunden vorher gesagt hatte.

      „Natürlich, du hoffentlich auch. Na ja, dann ist ja alles klar!“, meinte Alwin und tat so, als wüßte er wovon er sprach.

      „Was ist klar?“

      „Du hast mir gerade erklärt, was mit deinen Romanfiguren passiert ist!“. Ihr Mann stützte seinen Kopf auf und sah Lisa an, als käme er gerade von einer Lehrerfortbildung. Er wiederholte ihre in Trance zitierten Sätze wortgetreu. Entgegen seinen Erwartungen fragte seine Frau nicht nach, sondern hüpfte aus dem Bett, zog sich an und zwinkerte ihm zu. „Wir machen heute etwas ganz Besonderes! Wir fahren mit einem Zug – aber erst nachdem wir geflogen sind.“

      „Wunderbare Idee, mal ganz etwas anderes“, dehnte Alwin die Worte begeistert, versuchte zu lächeln und rappelte sich hoch.

      Zehn Stunden später saßen sie in einem exklusiven Pub in Glasgow, nahe der Einkaufsmeile. Zur Feier des Tages bestellte Lisa den teuersten Whisky. Sie sog an dem Glas als wollte sie das ganze Wasser von Loch Ness zuzüglich eines Seeungeheuers verschlucken.

      „Ich bin mir sicher, wir finden dieses Nichtige Reich. Dort sind alle Randfiguren versammelt. Sie brauchen mich, ich muss ihnen helfen!“ Ihre Worte klangen bestimmt.

      Ach ja, und wer könnte deiner Meinung nach irgendein Interesse daran haben, Randfiguren von einem unveröffentlichten Buch in ein Nichtiges Reich zu versetzen?“ Alwin hoffte, seine Frau würde nicht zu laut antworten. Ihr Gespräch war gut mitzuhören.

      „Weiß ich doch nicht! Tasache ist, dass sich dieses Nichtige Reich aller Wahrscheinlichkeit nach irgendwo über den Wolken von Schottland befindet!“

      „Na, gut, dann nehmen wir ein Kleinflugzeug und suchen dort oben…“, brummte Alwin mit gesenkter Stimme und lächelte einer elegant gekleideten Dame am Nebentisch zu. Brüskiert wandte sich diese jedoch ab.

      Lisa ignorierte die Szene und meinte nur unwirsch, „Du weißt genau, wir müssen auf einen poetischen Hinweis warten, um zu wissen, wo dieses Reich ist…!“

      Alwin lehte sich vor und flüsterte beinahe. „Natürlich…! Über uns hast du ja auch in deinem Buch geschrieben. Wir befinden uns aber nicht in einem Nichtigen Reich oder?“

      Lisa verzog ihren Mund und antwortete todernst:„Warum wir nicht in diesem Reich sind? Nun, vielleicht waren wir einfach resistent genug, dem kinetischen Sog zu widerstehen, aber gezogen hat es in meinem Bauch auch öfters! Ich könnte allerdings nicht sagen, ob ein magischer Kreis dahinter steckt oder nicht! Aber wenn du kneifst… Wir können uns auch Sauerstofflaschen besorgen, in Unterwasserhöhlen abtauchen, bei nicht mehr als drei Meter Sichtweite nach Nessi suchen, um ihr eine Weihnachtskarte zu überreichen. Wäre das ein sinnvolleres Projekt?!“

      „Nein, denn es ist Anfang August… Lisa, schrei bitte nicht so! Vielleicht solltest du den Whisky doch nicht austrinken!“ Alwin blickte nervös um sich.

      „Wieso, es verstärkt mein pantheistisches Erbe. Obwohl ich zugeben muss, noch nie ein so wunderbares Wesen wie Jesus kennen gelernt zu haben…!“

      Die Krokodilledertasche mit Dame am Nachbartisch stierte zu ihnen herüber.

      „Ja, Sie haben richtig gehört! Ich habe noch nie ein so wunderbares Wesen wie Jesus kennen gelernt. Sie etwa?“

      Das angesprochene elegante Gegenüber wandte sich voll Ennui dem herbei gewunkenen Kellner zu. Lisa hatte ihre Frage aber durchaus ernst gemeint und hätte sich über eine ehrliche Antwort gefreut. Mit eisiger Miene richtete die Dame ein paar Worte an den Kellner.

      Als dieser vor Alwin und Lisa erschien, schenkte er ihnen einen übertrieben freundlichen Blick. „Sie haben nach der Rechnung verlangt?“

      „Also, das ist ein Service! Ich wusste gar nicht, dass hier die Wünsche der Gäste bereits fünf Minuten im Voraus erahnt werden!“ Lisa schenkte dem Pinguin in seinem Frack ebenfalls einen überaus freundlichen Blick und dessen Lächeln gefror zu Polareis. Alwin bezahlte rasch. In solchen Situationen konnte es leicht vorkommen, dass Lisa, überfallen von jäher Verzweiflung über die menschliche Spezies, in wochenlang anhaltende Schwermut versinken konnte. Nachdem sie das Pub verlassen hatten, hängte sie sich bei ihrem Mann ein. Schweigend bummelten sie durch die Straßen, da noch etwas Zeit war, bevor der Zug abfuhr. Aus den Auslagen der Geschäfte drängte sich ihnen alles Glück der Welt in schrillen Farben auf. Lisa war froh, als sie in etwas abgelegenere Straßen kamen.

      „Lass uns doch diese Treppe hier hoch gehen!“

      Die Köpfe zweier langohriger Katzen waren auf den Steinboden vor der ersten Treppe gemalt. Lisa schüttlelte energisch den Kopf. „Nein, das ist kein poetischer Hinweis!“

      Trotzdem stiegen die beiden den schmalen Aufgang hoch. Oben angekommen, empfing sie ein wunderbarer Blick über Glasgow. Ziegeldächer und Hausfassaden glänzten trotz des bewölkten Himmels in protzigem Rot, höhere Häuser, Türme und Kirchturmspitzen streckten sich vereinzelt aus dem Dächermeer.

      „Alwin, wir Menschen wissen so wenig…“, sagte Lisa unvermittelt und sah ihrem Mann in die Augen.

      „Das ist mir klar seit ich dich kenne…“

       Kapitel 8 Zu heiß für viel PS

      Wie immer herrschte rege Betriebsamkeit. Jeder der Angestellten wusste, was er zu tun hatte. So auch Walter. Am liebsten drückte er in seiner Vorstellung die rechte Schulter Roys zu Boden – nein, nicht nur zu Boden, sondern noch tiefer: hinunter zu den Zawosars. Doch Roy, der schräg vor ihm am Computer arbeitete, schien nichts davon zu bemerken.

      „Hast du die Position der SEPEs, die über die Grenze geflogen ist, schon registriert?“, hörte Walter die Stimme seines Kollegen.

      „Natürlich!“, antwortete er, ohne sich umzublicken, denn er hatte nur einen Blick für Roys Schulter.

      „Okay, dann setzen wir die PS auf die noch ausständigen SEPE an!“

      „Natürlich!“

      Eine Stunde später hörte Walter den Kollegen hinter sich fluchen.

      „Verdammt, die PS sind nicht südseetauglich!“

      Lerry, Kat und Maracella wanderten nachdenklich am Strand entlang. Wenn sie nur wenigstens, wie ganz normale Menschen, Alwin und Lisa anrufen hätten können!

      „Was ist denn das?“, rief Kat plötzlich. Nach einer Sekunde allgemeinen Unbehagens gingen die drei vorsichtig weiter.

      „Vielleicht ein toter Hai?“, meinte Lerry unsicher.

      „Ist der Hai überhaupt tot?“, fragte Maracella ängstlich.

      „Das Ding ist weder tot noch ein Hai!“, resümierte Kat als sie näherkamen. „Es wird von der Brandung bewegt – schaut eher aus wie ein Teil von einem Schiffswrack, vielleicht eine eiserne Tür!“

      „Oder wie ein ausrangierter Roboter!“. Lerrys Stimme klang aufgeregt, als er mit Kat das schwarze Metallstück aus den Wellen zog.

      „Schon wieder etwas Geheimnisvolles!“, rief Maracella voller Erwartung. „Ob das auch etwas mit der Botschaft auf dem Korken zu tun hat?“

      Kat und Lerry bezweifelten es. Am nächsten Tag fanden sie noch mehr Metallstücke.

      

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