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      Thomas Hölscher

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1

       2

       3

       4

       5

       6

       7

       8

       9

       10

       11

       12

       13

       14

       15

       16

       17

       18

       19

       20

       21

       22

       23

       24

       25

       26

       27

       28

       29

       30

       31

       32

       33

       34

       35

       36

       37

       Impressum neobooks

      1

      Es war Samstag, der 1. April 1989.

      Der seit einigen Stunden bereits andauernde Regen wollte sich einfach nicht als misslungener Aprilscherz herausstellen; diesen Eindruck machte eher die Umgebung: die Innenstadt von Gelsenkirchen.

      Zumindest empfand es Günter Bremminger so, als er kurz vor 22 Uhr die Kneipe am Wiehagen verließ, sich umsah und die Rückfront des Gelsenkirchener Hauptbahnhofs in sein Blickfeld geriet. Er hatte diese Stadt in der ganzen Zeit, die er nun schon hier wohnte, noch nie gemocht. Schalke 04 schon, aber sonst nichts.

      Wegen des Regens hielt er sich dicht an der Häuserwand, bog dann nach links in die Bochumer Straße und hatte wenig später die unter den Gleisen herführende Passage erreicht.

      Mein Gott! Wie sah es hier aus! Mit einem Anflug von Wehmut dachte er an das alte Bahnhofsgebäude zurück, das sie vor Jahren schon abgerissen hatten. Sie hatten überhaupt alles abgerissen und ihre Zerstörungswut Stadtsanierung genannt: das alte Hallenbad, den ganzen Bahnhofsvorplatz und vor allem das alte Rathaus, in dessem neugotischen Gemäuer später das Polizeipräsidium untergebracht und das ihm immer wie eine misslungene Kopie von Schloss Neuschwanstein vorgekommen war. Der Gedanke an das alte Präsidium machte ihn nun tatsächlich traurig. Natürlich, es war zu klein gewesen, unpraktisch, kalt, aber es war eben noch etwas gewesen. Was nun hier stand, war jedenfalls gar nichts.

      Skeptisch sah Bremminger sich um. Die hell erleuchtete Bahnhofshalle war wie ausgestorben; nur wenige Passanten, zumeist Ausländer, liefen teilnahmslos an ihm vorbei. Einige Penner, die es sich in einer Nische so gut es ging bequem gemacht hatten, sorgten dafür, dass dieser Bau überhaupt einen Zweck erfüllte, und Bremminger wünschte sich aufrichtig, dass die Bahnpolizei diese armen Teufel zufrieden ließ.

      Auch die Toiletten am Ausgang der Passage schien niemand zu benötigen. Nicht mal Schwule, dachte Bremminger mit einem flüchtigen Blick in den gekachelten Gang, aus dem es penetrant nach Desinfektionsmittel roch, und dann musste er plötzlich lachen: Er hatte zwar keine Ahnung davon, aber ein Schwuler, der sich zum Hauptbahnhof in Gelsenkirchen verirrte, war entweder verrückt oder schlecht informiert.

      Am meisten ärgerte ihn die Stadtbahn. In Gelsenkirchen war eine U-Bahn so überflüssig wie ein Kühlschrank am Nordpol. Hunderte von Millionen wurden da für ein Prestigeobjekt in den Sand gesetzt, und gleichzeitig wuchs das Heer der Sozialhilfeempfänger, für die die Stadt kein Geld mehr hatte. Das einzige, was diese nach Geschäftsschluss zumeist ausgestorbenen U-Bahnstationen wirklich brachten, waren Treffs für dubiose Elemente und damit einen Anstieg der Kriminalität. Und das musste Bremminger als Leiter des 1.K. der Gelsenkirchener Kripo schließlich wissen.

      Bremminger seufzte, und dann war er selber erstaunt, wie wehmütig dieser Seufzer geklungen hatte. Es würde wohl doch noch einige Zeit dauern, bis er sich damit abfinden konnte, nur noch Hauptkommissar a.D. zu sein. Bis zum gestrigen Tag war er noch ein richtiger Hauptkommissar gewesen, obschon ihm die Entlassungsurkunde schon vor ein paar Tagen im Rahmen einer

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