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Malleus Proletarum - Der Proletenhammer. Marcello Dallapiccola
Читать онлайн.Название Malleus Proletarum - Der Proletenhammer
Год выпуска 0
isbn 9783844250473
Автор произведения Marcello Dallapiccola
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Doch der Luis konterte sogleich in entrüstetem Tonfall: „Mit Neandertalern pflege ich keinen Kontakt, Bertl! Beim Wiggerl weiß man ja teilweise nicht mal, ob er einen überhaupt erkennt; geschweige denn, ob er sich etwas länger als drei Minuten merken kann – und vor allem kann man sich bei ihm nie sicher sein, dass es ihm nicht gleich wieder auszuckt und er auf einen losgeht – nein, nein, den brauch' ich nicht in meiner Nähe! Ich bin froh, wenn ich nix mit dem zu tun hab'!”
„Der Wiggerl, also bitte…”, sah sich sogar Frasther gezwungen, dem Luis Recht zu geben. Der Bertl drückte seinen Tschick aus und sagte nichts mehr.
„Was is'n heut eigentlich, Luis, dass du gestern am Telefon so ein Theater gemacht hast?“, wechselte Frasther das Thema.
„Ich hab doch kein Theater gemacht! Ich hab' nur gesagt, dass ich dich heut brauche“, protestierte der Luis. „Wir müssen wo hinfahren und da solltest du dabeisein, das ist alles.“
„Und wo müssen wir da genau hin?”, erkundigte sich Frasther.
„Schon 'n Stückchen, so knapp zwei Stunden Weg – aber wenn wir gleich mal loszischen, sind wir rechtzeitig zum Abendessen wieder da. Sollten wir auch, denn ich muss meine Runde fahren in der Nacht, die Weiber sind nervös. Also, wie sieht’s aus, bist du abmarschbereit?”
„Sobald ich ein Bier in der Kralle habe”, antwortete Frasther und schüttete sich den letzten Schluck Kaffee in den Schlund.
Der Prag-Luis öffnete den Kühlschrank und warf Frasther einige Dosen Bier zu, die dieser geschickt auffing. „Wo ist denn meine Jacke, verflucht nochmal…?”, raunzte er auf, als er feststellte, dass er die Dosen nirgends verstauen konnte.
„Die hast du sicher im Wagen gelassen, bei dem ganzen Wirbel gestern Nacht…”, keifte der Luis.
Frasther konnte sich langsam wieder etwas besser an einige Szenen erinnern, wie er mit dem Luis zusammen den rotzbesoffenen Bertl mitsamt seiner Gipshaxe in die Villa hineingehievt hatte. War wirklich eine Mords-Party gewesen, zumindest für ihn und den Bertl, grinste er in sich hinein.
„Ich kann mich an kein' Wirbel erinnern, verdammt. Als ich aufgewacht bin, hab' ich mich zuerst mal gefragt, wo ich überhaupt bin und wie's mich hierher verschlagen hat…”, gab Bertl, dem das Ganze eigentlich wurscht war, zurück.
Als sie sich auf den Weg nach draußen machten, spuckte er keine großen Töne mehr, denn das Humpeln auf Krücken kostete ihn immer noch einiges an Anstrengung – besonders angesichts des massiven Katers, der langsam aber sicher seine Klauen nach ihm ausstreckte.
Auf den ersten Blick sah es wirklich ziemlich wüst aus: Die Reifenspuren von Bertls schwerem, japanischen Schrotthaufen hatten tiefe, dunkelbraune Furchen durch den Rasen gezogen. Frasther hatte es in der Nacht wirklich geschafft, vor lauter besoffen die doch recht breite Einfahrt zu verpassen, so thronte die Karre jetzt inmitten der Überreste einiger Blumenbeete.
Die Szenerie wirkte irgendwie so, als ob ein Geheimkommando der Staatspolizei das Haus eines Dissidenten gestürmt und absichtlich soviel Verwüstung wie nur möglich angerichtet hatte. Der Prag-Luis schnaubte, sagte jedoch nichts, der Bertl staunte mit offenem Mund über seine vor Dreck starrende Karre. Natürlich musste Frasther die Blechbüchse für den gehandicapten Bertl aus dem Beet herausmanövrieren; der Luis schaute mit feuerrotem Kopf zu, wie Frasther durch die Blumen trampelte und in stoischer Gelassenheit in der Karre Platz nahm. Nach Frasthers Logik musste man jetzt, da die Beete ohnehin schon kaputt waren, auch nicht mehr auf das sich darin befindliche Grünzeug aufpassen. Es folgte ein mehrere Minuten dauerndes Manöver, während dem die Räder des öfteren durchdrehten und weitere Blumenerde in der Gegend herumspritzte. Als die Karre wieder auf sicherem Asphalt stand, stieg der Bertl ein und dampfte ab; Frasther machte sich daran, die Bier in seiner wiedergefundenen Jacke zu verstauen.
Schnaubend ging der Luis zur Garage und drückte auf einen dieser neumodischen, elektronischen Schlüssel; ein Motor summte los, hob das Garagentor und gab den Blick auf Luis’ Transporter frei.
„Scheiße!“, brüllte der Luis so wild, dass der arg verkaterte Frasther zusammenzuckte.
„Was'n los?“
„Na, die Karre – ich kann doch nicht mit einem Van zu einem Geschäftstermin fahren!“
„Geschäftstermin?“, wunderte sich Frasther
Daraufhin erklärte ihm der Luis, weshalb er vor dem Bertl nicht hatte auspacken wollen: Der Luis war wie vereinbart beim Herrbert im Beisl gewesen und dieser hatte ihm die Adresse eines vertrauenswürdigen Waffenhändlers gegeben. Da würden sie jetzt hinfahren, um sich mit dem Kerl mal zu unterhalten; deshalb hatte der Luis ja auch unbedingt Frasther dabei haben wollen, denn wie sähe denn das aus, wenn jemand wie er ohne Gorilla zu einem Geschäftstermin erscheinen würde.
„Und wo is' jetzt das Problem? Wir werden den Van doch eh brauchen, um die Waffen zu transportieren – oder willst' das im Benz machen?“, hakte Frasther, der keinen Zusammenhang zwischen all diesen Informationen sah, nach.
„Na, man fährt nicht mit einem Van zu so einem wichtigen Treffen! Da braucht man ein anständiges Auto, man kann doch nicht erwarten, von einem Geschäftsmann Ernst genommen zu werden, wenn man mit einem Lieferwagen vorfährt!“, entrüstete sich der Luis. „Und vor allem fahre ich doch nicht selber mit heißer Ware durch die Gegend! Nein, mein Guter, heute wird nur über Preis und Ware verhandelt – wenn wir uns dabei einig werden, dann können wir uns Gedanken darüber machen, wie wir die Ware hierher bekommen.“
Frasther verkniff es sich, den Kopf über dieses komplizierte Vorgehen zu schütteln. „Fahr'n wir halt beim Zurnl vorbei, der hat deinen Benz sicher schon repariert!“, schlug er stattdessen pragmatisch vor.
„Und dann haben wir den Transporter an der Tanke stehen?!?“
„Is' doch egal, dort wird er wenigstens nicht geklaut und nix, und wenn wir zurückkommen, dann holen wir ihn! Mann, kannst du kompliziert sein…“, erklärte Frasther leicht genervt.
Wenige Minuten später saßen sie im Transporter. Es musste so gegen Mittag herum sein, der Himmel zeigte die übliche ungute, gräuliche Industrieabgasfärbung und auf der Straße waren jede Menge Autos unterwegs, die es allesamt nicht besonders eilig zu haben schienen. Der Prag-Luis zündete sich einen Tschick an und kurbelte das Fenster einen Spalt breit auf. Frasther riss sich eine Bierdose auf und ließ sich genussvoll den ersten Schluck des Tages die Gurgel hinunterrinnen. Das tat vielleicht gut! Schon in wenigen Minuten würde er sich wieder wie ein Mensch fühlen, dachte er und nahm gleich noch einen großen Schluck.
So fuhren sie schweigend bis zur Tankstelle, wo sie ein breit grinsender Zurnfried hinter dem Verkaufstresen in Empfang nahm. Der Luis wollte die Arbeit nicht einmal begutachten – Frasthers Versicherungen, dass die Reparatur garantiert in Ordnung wäre, reichten ihm vollauf – bevor er, ohne mit der Wimper zu zucken, ein abenteuerliches Sümmchen für die schnelle Behebung des Schadens hinblätterte. Dann erklärte Frasther dem Chef der Tanke kurz die Lage, nämlich dass sie mit dem reparierten Ersatzbenz zu einem geschäftlichen Termin mussten und daher den Van ein wenig bei ihm stehen lassen würden; Zurnfried versprach, Luis' Transporter wäre bei ihm an der Tanke so sicher wie in Abrahams Schoß.
Frasther kaufte sich noch ein Bier und eine Packung Tschick für die lange Fahrt, bevor sie im Ersatzbenz Platz nahmen. Die Mechaniker hatten tatsächlich ein kleines Wunder bewirkt: „Sieht ja wirklich aus, als ob nie was gewesen wär'“, brummte der Luis, sichtlich zufrieden.
„Hab' ich doch gesagt – wenn's wer draufhat, dann diese Jungs hier“, bestätigte Frasther.
Der Luis grunzte zufrieden und fuhr los, während Frasther sich erst ein Bier aufriss und sich danach einen Tschick ansteckte.
„Wohin fahren wir jetzt genau?”, versuchte er sich in aufmunternder Konversation.
Der Luis drückte ihm eine Visitenkarte in die