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nachts die einsamen Visionen Wolfgang Hohlbeins von einer Software in Text verwandelt werden. Die Technik erkennt die Stimme des Autors und überträgt sie Wort für Wort, Buchstabe für Buchstabe in die digitale Textverarbeitung.

      1982 ist das noch Zukunftsmusik. Nachdem “Märchenmond” den Preis gewonnen hatte, wurden Heike und Wolfgang Hohlbein zum Ueberreuter Verlag nach Wien eingeladen und nach einer Phase des Kennenlernens erfuhren die Hohlbeins bis ins Detail, wie es ihr Manuskript zum Sieg geschafft hatte. Abgesehen davon, dass es inhaltlich der mit Abstand beste Text war, stach er auch dank seines Umfangs heraus. Er fiel immer auf. Man konnte ihn nicht rasch in den Lektoratsstuben prüfen, so wie die anderen am Wettbewerb teilnehmenden Texte. Also nahm ihn eine zuständige Lektorin übers Wochenende mit nach Hause und las ihn ganz. Sie war auf Anhieb begeistert von Kim, der in das Land Märchenmond kommt, um seiner kranken Schwester zu helfen. Sie verliebte sich sofort in die Fabulierlust Wolfgang Hohlbeins. Sie ahnte, welches Potential in diesem noch völlig unbekannten Autor steckte.

      Die Lektorin las “Märchenmond” in einem Rutsch, also genau so, wie er geschrieben wurde. Und schon stand der Sieger fest.

      Das war der Durchbruch für den damals 30-Jährigen Autor aus Neuss. Das Erstlingswerk ist heute ein Longseller und moderner Klassiker der deutschen Fantasy-Literatur. Im Erscheinungsjahr 1983 erhielt “Märchenmond” den Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar. Es folgten weitere Preise (der Preis der Leseratten und die Aufnahme in die Empfehlungsliste der renommierten, von Hans-Joachim Gelberg herausgegebenen Jugendzeitschrift “Der bunte Hund”) sowie Übersetzungen in fast vierzig Sprachen.

      Wenig Reflexion, viel Handlung

      Immer noch wird “Märchenmond” oft mit Michael Endes “Unendlicher Geschichte” verglichen. Wolfgang Hohlbein wehrt sich dagegen. Er habe nicht die Absicht gehabt, sich so tiefschürfende Gedanken in “Märchenmond” zu machen wie Michael Ende in seinen Romanen. Ihm sei es von Anfang an um das packende Abenteuer gegangen. Wenig Reflexion, viel Handlung. Er wollte einen Schmöker schreiben. Es sei schon möglich, dass Impulse von Michael Ende ausgegangen sind, aber “Märchenmond” sei doch ganz anders und verzaubere auf eigene Weise die Leser. Damit erfülle “Märchenmond” die erste und wichtigste Aufgabe von Fantasy.

      “Märchenmond” erzählt die Geschichte von Kim. Wie so oft bei Wolfgang Hohlbein beginnt es dramatisch und steigert sich langsam weiter. Das ist möglich, weil nach dem ersten Knalleffekt in der realen Welt die phantastische Fortsetzung in anderen Phantasie-Welten stetige Steigerungen möglich machen. Auf Seite zehn, dreißig oder spätestens siebzig bricht das Irreale in Wolfgang Hohlbeins Romanen ein: Phantastisches, Erschreckendes, Verzauberndes oder schlichtweg Unbegreifliches und Überforderndes. Jetzt geht es hin und her zwischen Diesseits und Jenseits. Was ist da schon Wirklichkeit? Im Alltag ist sie jedenfalls oft unbefriedigend. Daher das Bedürfnis, sie in Büchern auszudehnen.

      Der Auftakt in “Märchenmond” ist erschreckend und berührend: Nach einer Blinddarmoperation wacht Kims kleine Schwester nicht mehr aus der Narkose auf. Sie liegt im Koma. Die Stimmung in der Familie ist gedrückt, als Kim an diesem Abend ins Bett geht. Da sieht er in einer Ecke seines Zimmers plötzlich einen alten Mann. Der Alte erklärt Kim, seine Schwester werde im Land Märchenmond vom bösen Boraas gefangen gehalten. Mit einem Raumgleiter aus einem Science Fiction Roman macht sich Kim auf, um seine Schwester zu retten. Doch er hat Pech und landet mitten im Reich von Boraas, auf der besetzten Seite des friedlichen Märchenlandes. Unter großen Gefahren gelingt es Kim, vor Boraas zu fliehen, und in der Verkleidung eines feindlichen schwarzen Ritters gelangt er mit Boraas Armee über das Schneegebirge nach Märchenmond. Dort erfährt er, dass er zunächst den König des Regenbogens suchen muss, der noch weit hinter dem Ende der Welt lebt. Zusammen mit seinen neuen Freunden macht sich Kim auf seinen abenteuerlichen Weg. Das Wagnis findet ein glückliches Ende, aber natürlich lässt sich der Faden später wieder aufnehmen.

      Die Welt hinter den Träumen

      „Märchenmond“ wird bald zu einer eigenen Hohlbein-Welt, ist aber keine typische Serie. Mit über vier Millionen verkauften Exemplaren allein im deutschsprachigen Raum haben sich die drei seit 1982 veröffentlichten Märchenmond-Romane an die Spitze deutscher Fantasy-Literatur gesetzt. In “Märchenmonds Kinder” verschärft sich der Kampf Gut gegen Bösen: Es sind die Kinder, die verschwinden. Sie gehen fort und kommen nicht wieder - oder sie legen sich zum Schlaf nieder und sind nicht mehr da, wenn die Sonne aufgeht. Niemand weiß, was mit ihnen geschieht. Auf Kim ruht die Hoffnung. Er soll den verschwundenen Kindern helfen. Als Kim Märchenmond betritt, fühlt er schon die tiefgreifende Veränderung, von der diese Welt hinter den Träumen erfasst ist. Auch seine Freunde sind davon betroffen. In jedem von ihnen scheinen die dunklen Seiten der Seele die Oberhand zu gewinnen. Gemeinsam mit Rangarig, dem Golddrachen, und Priwinn, dem Prinzen der Steppenreiter, macht sich Kim auf den Weg zur gläsernen Burg. Es wird eine Reise durch verwüstetes Land und viele Gefahren. Rangarig wird von einem Eisendrachen schwer verletzt, und Kim wird von den Zwergen gefangen genommen. Tief unter der Erde muss er nun in ihrer Schmiede Sklavendienste leisten. Ein Entkommen scheint unmöglich. Doch Kim hat versprochen, all seine Kraft und Klugheit einzusetzen, um Märchenmond zu retten.

      Diese Geschichten fesseln Millionen Leser. Wolfgang Hohlbeins Feuerwerk der Fantasie blendet die Leser in den Märchenmond-Welten mit vielen überraschenden Einfällen. Es reicht nicht, den jeweiligen Plot zu lesen, aber er vermittelt doch die Route der Helden und die Form der Spannungsbögen, die von einem Geheimnis zum nächsten, von einem Kampf zum anderen, von einem Rätsel zum folgenden die Leser mitnehmen in paradiesische und höllische Welten, die so anders sind als die draußen vor der Haustür.

      In “Märchenmonds Erben” kehrt Kim in ein sehr verändertes Märchenmond-Land zurück. Dessen Bewohner glauben nicht mehr an die Träume und Magie und zwischen den Generationen ist ein erbitterter Kampf entbrannt. Kim bittet Themistokles um Hilfe, doch der Zauberer hat seine Kräfte in eine Glaskugel gebannt, die verloren gegangen ist. Die Suche nach dieser Glaskugel wird für Kim und seine Gefährten zu einem Wettlauf mit der Zeit, denn ohne die magischen Kräfte wird Märchenmond sterben. Dass das nicht geschehen darf, weiß auch “Die Zauberin von Märchenmond”. Ausgerechnet im langweiligen Crailsfelden – dem Schauplatz, in dem sich auch Vlad mit seiner „Wolf-Gäng“ aufhält (eine Buchreihe, auf die hier später eingegangen wird) - muss Rebekka mit ihren Eltern Urlaub machen. Aber dann öffnet sie in einem alten verfallenen Haus eine Tür. Rebekka gerät in eine magische Welt: Märchenmond. Das Reich der Träume und Legenden hat sich schon wieder verändert. Überall herrschen Düsternis und Verfall: Gorywynn, die gläserne Hauptstadt, scheint ausgestorben. Bei ihrer verzweifelten Suche nach dem Rückweg trifft Rebekka auf den Gräuel, ein geheimnisvolles Zwergenwesen, das eine schreckliche Nachricht für sie hat: Der Untergang Märchenmonds steht bevor - und nur sie kann es retten. Und sie tut es. So kann parallel dazu ein neues Märchenmond-Universum entstehen.

      Magischer Virus

      Die Märchenmond-Kinderbuchreihe “Drachenthal” umfasst fünf Bände. Sie spielen alle sowohl in dem durchaus irdischen Internat Drachenthal, als auch in dem etwas verrückten Gegenstück auf Märchenmond.

      “Eltern sind schrecklich!” Das meint Rebekka im ersten Band “Die Entdeckung”, als sie erfährt, dass sie ins Internat muss. Doch kaum ist sie in Schloss Drachenthal angekommen, traut sie ihren Augen nicht: Elfen flitzen zwischen den Blumen herum, ein Einhorn galoppiert durch den Schulwald und dann ist da noch der geheimnisvolle Peer, den außer ihr niemand sehen kann. Hat das alles vielleicht mit dem Internat Märchenmond zu tun, von dem Rebekka träumt und mit dem alten Magier Themistokles? Als Rebekka versucht, das Geheimnis um Schloss Drachenthal zu lösen, beginnt das fantastische Abenteuer, in dem Themistokles einen Haufen rabaukenhafter Drachen, Kobolde, Riesenspinnen und anderer Absonderlichkeiten unterrichtet. Rebekka, die zwischen beiden Welten hin und her irrt, gerät von der einen unglaublichen Situation in die nächste.

      In “Das Labyrinth” ist Rebekka schließlich überzeugt: “Märchenmond gibt es wirklich”. Sie kennt ja Peer Andermatt, der vor langer

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