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Erwachen. Andreas Nass
Читать онлайн.Название Erwachen
Год выпуска 0
isbn 9783742796394
Автор произведения Andreas Nass
Жанр Языкознание
Серия Krisheena — Tor zum Abyss
Издательство Bookwire
»Auf ein baldiges Wiedersehen.« Ich schenkte meinem Gastgeber ein warmes Lächeln.
»Auf ein baldiges Wiedersehen, Prinzessin Crish.«
Im Flur wartete Fearghus und führte mich zum Ausgang.
»War Euer Besuch vom gewünschten Erfolg, Prinzessin?«
»Leider nein. Aber mit ein wenig Glück werde ich Schattenlaute treffen und erfahren, wonach ich suche.«
»Hoffentlich könnt Ihr das«, wünschte der junge Mann anteilnehmend. Ich sah mich auf unserem Weg nach allen Seiten um, konnte aber Schattenlaute nicht entdecken. Vermutlich hatte er schon längst die Zunft verlassen. Ob er auch den Scharlachroten Tempel verlassen hatte? Weit konnte er nicht gereist sein – es sei denn, er benutzte Magie für seine Reisen.
Am Ausgang angelangt verabschiedete ich mich von meinem Führer. Doch bevor ich zurück zu meiner Unterkunft ging, konzentrierte ich mich auf die Kräfte des Abyss. Ein kurzer Psalm in Verbindung mit einer ausholenden Geste erschuf eine geisterhafte Hand, die in Höhe meines Kopfes neben mir schwebte. Ich gab ihr die Beschreibung von Schattenlaute, woraufhin sie mir mit emporgehobenen Daumen den Empfang der Anweisungen bestätigte. Sie flog um die Ecke des Gebäudes und würde, sollte sie den Gesuchten finden, diesen durch Handzeichen zu mir führen.
Was wusste dieser geheimnisumwobene Barde? Unser Treffen auf den Stufen der Bardenzunft war kein Zufall, da war ich mir sicher.
3. Kapitel
Kurz nach dem Verlassen der Bardenzunft hatte ich den Eingang zu meinen neuen, privaten Gemächern erreicht und gab den dortigen Wachen den Befehl, Schattenlaute einzulassen. Für meinen Gast ließ ich durch die Dienerschaft Speisen und Getränke auftischen. Elyabel und Malia wurden für den Empfang zurechtgemacht und ansprechend gekleidet. Yana blieb in ihrem Studierzimmer. Sie wollte scheinbar nicht gestört werden.
Inmitten der Vorbereitungen bemerkte ich, dass der magische Handschuh mit der darin aufbewahrten Querflöte weiter weg lag als ich ihn vorher abgelegt hatte. Hinter dem Podest einer Büste lugte eine Schwanzspitze hervor. Ich nahm einen schweren Kerzenständer auf und schlug zu. Imphraziel schrie schmerzhaft auf.
»Hände und Schwänze weg von meinem Handschuh!«, forderte ich und entriss ihm mein Eigentum. Imphraziel hielt seinen Schwanz so, dass dieser abgeknickt herabhing. Bei seinem mitleiderregenden Anblick verrauchte mein Zorn. Ich nahm das Häufchen Elend auf meine Arme und tröstete es für den ›gebrochenen‹ Schwanz.
»Kennst du jemanden namens Schattenlaute?«
»Ja.«
»Er kommt gleich zu Besuch.«
»Ich kann nichts Schlechtes über ihn sagen.«
»Warum betonst du das so, Imphraziel?« Er antwortete nicht sondern zeigte lediglich zur Tür. Ich drehte meinen Kopf in die Richtung und sah dort einen in schwarzem Leder gekleideten Mann stehen.
»Sie schlägt mich«, jammerte Imphraziel im verzweifelten Versuch einer Entschuldigung – für was auch immer – und verschwand.
Schattenlaute musterte mich von oben bis unten. »Eine etwas anmaßende Weise, wie du mich gerufen hast. Ich darf dich doch duzen?«
»Ich lege keinen Wert auf Formalitäten, zumindest nicht dir gegenüber. Und so sind auch meine Methoden unkonventionell. Bitte, setz dich … möchtest du etwas trinken?«
»Ja.« Er setzte sich lässig auf einen Sessel und streckte die Beine aus. Auf meinen Wink hin reichten ihm die Dienerinnen ein Glas und schenkten Wein ein. »Danke.«
»Hast du einen weiteren Namen, mit dem ich dich anreden kann?« Ich schickte die beiden jungen Frauen mit einer Geste hinaus.
»Nenn mich einfach Schattenlaute.« Er fixierte mich. »Was für ein amouröses Abenteuer sollte das werden?«
»Oh, vielleicht wird aus unserer Begegnung wirklich ein Abenteuer – das hängt davon ab, ob du mir gefällst.«
»Nein, ob du MIR gefällst«, betonte er anmaßend.
»Tatsächlich?«, gab ich pikiert zurück. »Na denn, der einzige Grund, warum ich dich zu mir gebeten habe, liegt an einem Gegenstand, den ich erhalten habe.« Ich zog den Handschuh an und schnippte mit den Fingern. Die hervorgebrachte Querflöte reichte ich Schattenlaute. »Ich möchte mehr über die Querflöte erfahren. Sind dir Geschichten über sie bekannt? Oder Lieder?«
»Ich weiß, was es ist – darf ich?« Er setzte auf mein Nicken hin das Instrument an seine Lippen und spielte einen einzelnen Ton. Eine schattenhafte Ranke löste sich kurz aus dem Holz. Ich war neidisch.
»Was weißt du über die Flöte?«
»Diese Information hat ihren Preis.«
»Ich biete ein amouröses Abenteuer.«
Er winkte ab. »Das bekomme ich an jeder Ecke.«
»Von derlei Abenteuern spreche ich nicht.« Mit weicher, verführerischer Stimme verlieh ich meinem Angebot Nachdruck. »Ich rede von einem Abenteuer, was dem Gegenstand in seiner Einzigartigkeit entspricht.«
»Du überschätzt dich.«
»Wenn du das so siehst«, vermerkte ich unterkühlt, »dann nenne mir deine Forderung.«
»Du wirst mir einen Sohn schenken. Zu einem Zeitpunkt, den ich noch bestimmen werde.«
Ich prustete, aufgebracht und amüsiert zugleich. »So, so, DU willst einen Sohn.« Es war eine Feststellung.
»Ich werde alt – sieht man das nicht?« Spott lag in seiner Stimme.
»Zu deinem Glück nicht.«
»Sag: Ich verspreche es dir, Schattenlaute.«
»Ich kann nur versprechen, was auch in meiner Macht liegt. Und für das Geschlecht des Kindes ist der Samengeber verantwortlich, nicht meine Fruchtbarkeit. Ich bin fähig, ein Kind zu gebären. Bist du fähig, einen Sohn zu zeugen?«
»Oh, deine Fruchtbarkeit weiß sehr wohl das Geschlecht zu beeinflussen. Ich erwarte Offenheit von dir, den rechten Samen lass dann meine Sorge sein. Also, ich höre?«
Gefesselt vom Anblick der Querflöte in den Händen dieses mysteriösen Mannes blitzten Gedankenbilder durch meinen Kopf. Das Flüstern des Frühlingswindes. Irgendwie …
Zwinkernd vertrieb ich ein pochendes Ziehen in meinen Schläfen. Bevor ich antwortete, wog ich den Handel ab.
Was immer sich Schattenlaute von einem Kind mit mir versprach, der gemeinsame Nachwuchs konnte für mich sogar von Vorteil sein. Der Barde verfügte über Einfluss und Wissen – und er war nicht unansehnlich, wenngleich narzisstisch und anmaßend. Und ich wünschte mir ein Kind – warum nicht mit ihm? Erneut erwischte ich mich dabei, wie meine Hand über den Bauch fuhr, wo einst eine Frucht reifte … meine Entscheidung war gefallen.
»Ich verspreche es dir, Schattenlaute.«
»Alle Hintertüren ausgenommen«, forderte er.
»Selbstverständlich«, bekräftigte ich und hob wegen seines Misstrauens beleidigt mein Kinn.
»Gut«, er sah auf die Querflöte und drehte sie in seinen Händen. »Das ist das Instrument des Tashna’kam. Die Legenden besagen, er habe es weggeworfen, als er die Feenwälder verließ und sich hinab in den Abyss begab.«
»Tashna’kam stammt aus den Feenwäldern?«
»Natürlich, von den dort lebenden Nachtfaunen.«
»Ich bin nicht so bewandert in den Feenwäldern und deren Einwohnern.«
»Tashna’kam ist der König der Satyrn,