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und er musste ebenfalls einen Grund haben, mich nicht bei der Gelegenheit zu töten.‹

      ›Ich wollte es nicht aussprechen, Luzius.‹

      ›Vielleicht hat er mich nicht auf diese Weise getötet, weil das nicht bei uns funktioniert, nicht wahr?‹ Damit spielte Luzius darauf an, dass Dämonen keine Seele auf der Materiellen Ebene besaßen. Freilich hatte ihr Tod ebenfalls Folgen: Verbannung auf die Heimatebene.

      ›Aber er hätte dich wegschicken können. Das führt mich zu der Schlussfolgerung: du nützt ihm hier mehr als im Abyss.‹

      ›Vielleicht.‹

      ›Ich habe eine Vermutung – Tashna’kam.‹

      ›Nein, Schwester. Ich hätte gemerkt, wenn sich hier ein Dämonenlord aufhält. Wie kommst du darauf?‹

      ›Ich habe seine Flöte gefunden. In deinem Garten.‹

      Einen Sekundenbruchteil später hatte sich Luzius neben mich teleportiert. Er funkelte mich aufgebracht an.

      »Du hast noch geschlafen«, rechtfertigte ich mich. Seine Augen wurden zu Schlitzen. Ich hielt die Querflöte hoch und lächelte ihn entschuldigend an. Mein einziger Wunsch war, dass er mir den Fund nicht wegnahm. Zunächst sagte er nichts und starrte mich so sehr in den Boden, dass ich das Gefühl hatte, immer kleiner zu werden. Dann wechselte sein Blick kurz auf das Instrument und mein Bruder wirkte nachdenklich auf mich.

      »Ein sehr mächtiger Gegenstand, den du gefunden hast, Crish. Aber vielleicht hast du mit Tashna’kam Recht. Wenn er nicht gesehen werden will, wird er nicht gesehen. Dennoch – es ist nicht so einfach für einen Dämonenlord, die Welt zu betreten. Geschweige denn, einen so mächtigen Dämonen zu beschwören. Wenn das so einfach wäre, hätten wir hier nichts mehr zu tun.«

      Bei der Vorstellung von Kräften, die ein Lord des Abyss entfalten konnte, kam mir ein Gedanke.

      »Das erinnert mich an einen Vorfall in der Schwesternschaft der Nacht, der vielleicht durch die Anwesenheit von Tashna’kam zu erklären ist. Jedoch wäre er dann schon länger hier auf der Materiellen Ebene. Ich habe dir noch nicht davon erzählen können. Es ereignete sich während meines Besuches der Ordensgemeinschaft. Bei dem Vorfall war absolute Dunkelheit und übernatürliche Lust im Spiel. Und ich habe eine Präsenz gespürt, die alles bisher erlebte übertraf.«

      »Wir müssen das überprüfen. Wenn Tashna’kam hier ist, kann er nicht im Abyss sein, richtig?«

      »Richtig. Außer, er kann zwischen den Welten hin und her wechseln – doch das ist nicht möglich.«

      »Richtig.« Luzius machte einen Schritt zur Seite und schnappte sich den im Vorhang versteckten Imphraziel. Er quiekte, während Luzius ihn vom Stoff abstreifte und ihn mit der Hand am Hals festhielt.

      »Du bekommst etwas zu tun, Imphraziel«, betonte mein Bruder amüsiert und befehlend zugleich. »Du wirst in den Abyss reisen und nachsehen, ob Tashna’kam dort ist.«

      »Moment mal! Man kann nicht so einfach in den Abyss reisen.«

      »Richtig«, konstatierte Luzius und brach Imphraziel das Genick. Die dämonische Essenz verlor den Halt in der Materiellen Ebene, löste sich auf und wechselte durch den Ätherraum zurück in ihre Heimat.

      »Es ist nicht leicht, ein Imp zu sein«, schmunzelte ich.

      »Nein, meistens nicht. Ich werde ihn morgen wieder beschwören. Denn ich muss ihn wieder freigeben, nicht wahr?«

      »Ja, das musst du wohl. Ich brauche ihn für den Chaostrank«, leider, fügte ich in Gedanken hinzu.

      Luzius schnupperte.

      »Wonach riecht es hier?«

      »Schattenlaute war da.«

      »Und? Was hat er erzählt, Schwesterchen?«

      »Wir haben über Tashna’kam gesprochen – in Zusammenhang mit der Querflöte. Auch dessen Verlassen der Feenwälder im Zeitalter des Magierkrieges hat er erwähnt. Und dann hat er mir ein Lied gesungen.« Ich sang die Strophen für meinen Bruder. »Dieses Lied hat mir Schattenlaute mit auf den Weg gegeben.«

      »Das kann alles und nichts bedeuten. Wir werden abwarten müssen, was Imphraziel zu sagen hat.«

      »Das fürchte ich auch. In der Hoffnung, einen Hinweis zu bekommen, habe ich versucht, die Flöte zu spielen. Bislang leider ohne nennenswerten Erfolg.«

      »Gut, versuche es weiterhin. Ich werde mich in meine Gemächer zurückziehen. Sei vorsichtig, Schwesterchen.«

      »Das werde ich sein. Soll ich dabei sein, wenn du Imphraziel beschwörst?«

      »Ja, ich werde zu dir kommen, wenn ich ihn rufe.«

      »Pass du auch auf dich auf.«

      »Das werde ich. Einen Tag werde ich Imphraziel geben. Morgen um diese Zeit werde ich ihn zurückrufen.«

      »Dann sehen wir uns spätestens morgen um die gleiche Zeit, Luzius.«

      Luzius teleportierte und ich versetzte meinen Blick in das Studierzimmer. Zu meiner Beruhigung fand ich Yana lebend vor. Sie untersuchte die arkane Matrix des Kristalls. Zumindest deutete ich die Zeichnungen und Gesten von ihr so. Eine Tempelwache befand sich bei ihr.

      Wie versprochen beschäftigte ich mich wieder mit der Flöte. Niemand, so meine Anweisung, durfte mich stören. Die Stunden verstrichen erfolglos. Erst nach dem Abendessen vermochte ich, erneut eine schattenhafte Ranke aus dem Holz zu lösen. Doch die zarte Pflanze verblasste wieder.

      Die Nacht brach an. Hatte Schattenlaute nicht erwähnt, dass die Querflöte in Verbindung mit der Nacht stand? Ich bekämpfte meine innere Anspannung, das Kribbeln in meinen Fingerspitzen konnte ich aber nicht unterdrücken. Als sich gleich mehrere Ranken lösten und sich auf die Umgebung ausstreckten, hatte ich Mühe, nicht staunend den Atem anzuhalten. Die schattenhaften Gebilde flossen ineinander und formten einen Würfel mit mir im Zentrum. Ich spürte einen Sog auf meinen Lungen, als verlangte der Zauber mehr Kraft. Mir ging jedoch die Puste aus, woraufhin die sich schließenden Wände aus Dunkelheit verblassten.

      Der folgende Tag verlief nicht besser und als Luzius wieder erschien, war ich genervt, da ich die Magie der Flöte nicht entfesseln konnte.

      »Schwesterherz«, tröstete Luzius mitfühlend, »du siehst ja gar nicht gut aus.«

      »Die Flöte ist schuld. Tag und Nacht übe ich bereits, und bei dem ersten nennenswerten Erfolg habe ich keine Kraft mehr. Das ist so deprimierend für mich, Luzius.«

      Mein Bruder nahm mich in den Arm und schenkte mir mit seiner Anteilnahme neuen Mut. Dankbar für seine Wärme sah ich zu ihm auf.

      »Und welche Neuigkeiten hast du?«

      »Laana hat alles abgesucht und keine Spuren vom Täter gefunden. Und wenn sie das sagt, ist das gefährlich. Außerdem sagte sie, die Verletzung stamme von einem Meuchelwerkzeug.«

      »Wo du Laana erwähnst: Ich habe mir Gedanken über unsere Halbschwester gemacht. Weißt du, wann sie geboren wurde? Mich interessiert insbesondere, ob sie vor oder nach dem Magierkrieg geboren wurde.«

      »Laana als Tochter der Nymphenkönigin und Arkhmandeo wurde vor dem Magierkrieg geboren. Ihre Zeugung fand vor dem Fall des Nachtfaunes statt und war wohl ein Werkzeug eben diesen Falls und einer der Hauptgründe für den Hass, der zwischen Tashna’kam und Arkhmandeo herrscht. Dieser Vorfall spaltete das Feenreich und brachte ihr gewaltiges Königreich zu Fall. Letztlich trieb der Vorfall Tashna’kam in die Arme der Scharlachroten Königin.«

      »Und im Hintergrund hat die Dona’Donai ihre Fäden gezogen, bevor sie selbst gestürzt wurde.«

      »Die ungeteilte Macht der Herrin wurde zu ihrem eigenen Verhängnis. So lauten die Überlieferungen. Aber das ist lange her. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, unseren Kundschafter dem Abyss zu entreißen. Ich sehe gar keinen Beschwörungskreis?«

      »Oh, den habe ich vergessen.«

      »Na

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