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Eolanee. Michael H. Schenk
Читать онлайн.Название Eolanee
Год выпуска 0
isbn 9783847688563
Автор произведения Michael H. Schenk
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Der Kriegsherr der Blauhand verharrte und hob eine Hand, zeigte zwei Finger. Er spürte, wie einer der Farsawerfer seine Schulter berührte und sie mit zwei Fingern drückte. Der Mann hatte verstanden, dass Han zwei Wächter entdeckt hatte. Han wies in die Richtungen und konnte sicher sein, dass seine Werfer kein Risiko eingehen würden. Mindestens zwei Wurzeln würden auf jeden der Menschen geschleudert werden. Erneut verspürte er einen leichten Druck. Die Männer hatten ihre Ziele aufgefasst. Han hob die Hand und gab das Zeichen.
Man hörte das leise das Surren der fliegenden Farsas. Irgendwo aus dem Halbdunkel erklang ein leises Ächzen, mehr war nicht zu vernehmen, als die beiden Hirten starben. Han-Keltor hatte keine weitere Wache entdeckt, aber er war vorsichtig. Vielleicht gab es eine Dritte, die sich auf die anderen verließ und zu einem Nickerchen hingelegt hatte. Jetzt, um die Zeit, wenn die Nacht dem Tag wich, waren Menschen besonders anfällig für Schlaf.
„Keine Hunde“, flüsterte einer der Krieger.
Han nickte beifällig. Der Wind hatte gedreht, er konnte ihn im Nacken spüren. Er trug den Geruch der Berengar zum Dorf hinüber und wenn es dort Hunde gab, so hätten diese angeschlagen. Er machte Zeichen mit der Hand und die gut geschulten Krieger verteilten sich entlang des Grabens. Sie achteten darauf, nicht zu sehr in die Nähe der Schafe zu gelangen. Scheinbar hielt sich das Dorf keine Gänse. Das war gut. Gänse waren noch wachsamer als Hunde.
Der Morgennebel hüllte die Männer bis zu den Knien ein, als sie den Graben verließen und lautlos auf die Ostseite des mentevischen Dorfes zu schlichen. Die Farsawerfer waren bereit ihre Wurzeln zu werfen. Alles blieb ruhig. Han wusste, dass sich auch die beiden anderen Gruppen auf die Siedlung zu bewegten. Der Tod näherte sich von drei Seiten und Han bedeutete einigen Männern, zum anderen Ortsende zu schleichen, damit jedes Entkommen unmöglich wurde.
Er zuckte zusammen, als ein Hahn krähte.
Der Morgen überzog die Dächer und Ostseiten der Gebäude jetzt mit rötlichem Schein. Als würden die Häuser in Blut getaucht und dies würde nun auch bald geschehen. Erneut schrie der Hahn, doch ansonsten blieb es noch still. Han erkannte die huschenden Gestalten der Krieger, die sich zu den Türen und Fenstern begaben.
Diesen Ort hatte Han-Keltor mit Sorgfalt ausgewählt. Der Schock für die Mentever würde gewaltig sein, wenn ein scheinbar sicheres Dorf überfallen und massakriert wurde. Nie zuvor waren die Berengar so tief in das Hinterland der Menschen vorgestoßen.
Er vergewisserte sich, dass die Gruppen in Position waren, dann stieß er einen lauten Pfiff aus.
Nahezu gleichzeitig warfen sich die Krieger gegen Türen oder sprangen einfach durch die Fensteröffnungen. Kaum einer der Bewohner hatte die schweren Sturmläden vor den Fenstern geschlossen und es fiel den Berengar leicht, in die Gebäude einzudringen.
Einige Bewohner waren bereits erwacht.
Überwiegend Frauen, die für ihre Männer das Frühstück vorbereiteten. Farsawurzeln stachen in die Leiber und es war nicht wichtig, ob die Getroffenen sofort starben. Es reichte, wenn sie wehrlos wurden. Wichtiger war es, sofort zu jenen Menschen vorzustoßen, die sich vielleicht bewaffnen und wehren konnten. Später, wenn alles menschliche Leben ausgelöscht war, konnte man die kostbaren Wurzeln aus den Leichen ziehen und wieder in die Nährköcher stecken. Bis dahin würden die Pflanzen ohnehin gesättigt sein.
Es geschah so schnell, dass die meisten der Menschen in ihren Betten starben. Die Krieger folgten Han-Keltors Befehl und töteten ohne Unterschied. Schreie gellten durch die Häuser, das verzweifelte Wimmern von Kindern, nur um nach und nach zu verstummen und tödlichem Schweigen zu weichen.
Han-Keltor hatte sich nicht an dem Gemetzel beteiligt. Er empfand es als unter seiner Würde, wehrlose Menschen zu töten. Es war nicht so, dass er Mitleid empfunden hätte. Aber es war, wie einige der Männer gesagt hatten – es brachte keine Ehre.
„Vergewissert euch, dass sie alle tot sind!“, brüllte er. „Schlachtet auch die Tiere. Nichts soll am Leben bleiben. Und holt euch die Köpfe der Menschen. Vor allem die der Kinder.“
Er schritt die Straße des kleinen Dorfes entlang.
Nur einer Handvoll Menschen war es gelungen, die Häuser zu verlassen und eine Flucht zu versuchen. Krieger beugten sich über ihre leblosen Körper und machten sich daran, die Köpfe abzutrennen. Einige Männer rannten mit Säcken umher, um sie einzusammeln. Aus einem Stall war das Brüllen von Kühen zu hören. Ein Jammer, dass man sie nicht mitnehmen konnte. Han wollte sich nicht damit aufhalten, ein paar von ihnen zu schlachten und das wertvolle Fleisch mitzunehmen. Er war sich sicher, dass etliche seiner Männer dennoch ein paar saftige Stücke herausschneiden und auch ein paar Hühner einfangen würden.
Er nahm den Beutel mit dem blauen Farbpigment heraus. Zerstoßene Mineralien, die er nun mit etwas Flüssigkeit aus der Wasserflasche mischte. Lächelnd presste er seine Hand mehrmals auf die Wand eines Gebäudes und betrachtete zufrieden den blauen Abdruck. „Sie sollen wissen, wer ihnen das angetan hat.“
Lutrus trat neben ihn und lachte spöttisch. „Es wird den Zorn ihrer Krieger steigern und ebenso die Furcht ihrer Bauern.“
Vom Ende der Straße rannte ein Unterführer heran. „Der Boden schwingt. Es müssen sich Reiter nähern. Viele Reiter, sonst würde der Boden nicht so beben. Nur wenige Minuten, und sie werden da sein.“
„Verdammte Finsternis. Die Soldaten sind wohl zufällig in der Nähe gewesen und haben die Schreie gehört. Achtung, Krieger der Blauhand, die Ritter Mentevas nähern sich!“, rief Han-Keltor. „Beeilt euch, wir müssen verschwinden!“
Er stieß den Unterführer an. „Rasch, achte darauf, dass sich die Männer sammeln. Wir ziehen ab.“
„Schade“, seufzte der Mann. „Es wäre sicher ein guter Kampf gegen die Ritter.“
„Ein anderes Mal“, knurrte Han. „Und steckt die Häuser an. Sie sollen nichts Nützliches finden, außer toten Kadavern und schwelenden Ruinen. Nehmt an Farsa an euch, was ihr in der Eile greifen könnt, aber haltet euch nicht damit auf.“
Die Krieger vom Clan der Blauhand waren diszipliniert. Auch wenn einige dem Kampf mit den Rittern der Menschen entgegen fieberten, befolgten sie die Befehle rasch und zuverlässig. Während die ersten Männer schon auf das schützende Gebirge zuliefen, warfen andere brennende Fackeln in die Häuser. Die mit Stroh gedeckten Bauten fingen rasch Feuer.
Han war einer der letzten, die das Dorf verließen.
Der Morgennebel begann sich zu verflüchtigen, lag nur noch in den Niederungen des Grabens und einiger Mulden im Gelände. Inzwischen konnte man den Hufschlag der Pferde hören. Es musste eine starke Patrouille sein, die sich rasch näherte. Sie würde es leicht haben, den Spuren der Blauhand zu folgen. Die Säcke mit den abgetrennten Köpfen hinterließen eine deutliche Blutspur. Aber das Gewebe war sicher bald ausgeblutet und konnte den Verfolgern dann keinen Hinweis mehr geben. Die Ritter würden sich ohnehin nicht ins Gebirge wagen, wo sie auf den engen Pfaden auf ihre Pferde verzichten mussten.
Die Berengar erreichten den Hang, von dem aus sie das Dorf zuvor beobachtet hatten.
Die meisten Häuser brannten nun lichterloh und der Rauch zog über den Ort des Todes hinweg. Dank der erhöhten Position konnten Han-Keltor und die Krieger der Blauhand den fernen Ortsrand sehen. Dort war das Blitzen von Metall zu erkennen, als die Ritter Mentevas erschienen. Han nickte unbewusst. Es war gut gewesen, sich zurückzuziehen. Das dort unten war nicht nur eine Patrouille. Das war wenigstens eine volle Schwadron gepanzerter Reiter. Für Hans kleinen Kriegstrupp, wenigstens im offenen Land, ein zu großer Bissen.
Sie sahen zu, wie die Reiter ausschwärmten und einige von ihnen durch das Dorf ritten. Lutrus beobachtete die Männer ebenso aufmerksam, wie Han. „Mindestens eine Schwadron. Ob sie etwas von uns ahnten und nach uns gesucht haben?“
Han-Keltor schüttelte den Kopf. „Nein, ich denke, es ist Zufall, dass sich ein so großer Trupp in der Nähe befand. Sie waren wohl auf dem Weg um eine Garnison zu verstärken oder abzulösen.